Roland Dellegiacoma zu 2. Landschaftsschutzkommission, TZ, 21.09.12

„Nicht nachvollziehbar“
Roland Dellagiacoma, 35 Jahre lang Direktor der Abteilung Natur- und Landschaftsschutz, über den Rauswurf des Dachverbandes und des Bauernbundes aus der zweiten Landschaftsschutzkommission und das damit verschobene Gleichgewicht.

Tageszeitung: Herr Dellagiacoma, anscheinend will die Politik die Umweltschützer aus den wichtigsten Kommissionen raus haben?

Roland Dellagiacoma: Dieser plötzliche Umbau läuft unter dem Vorwand, dass mit der Raumordnung und dem Bereich Natur- und Landschaftsschutz jetzt zwei Abteilungen zusammengelegt wurden. Durch diese Zusammenlegung gibt es effektiv Doppelbesetzungen. Deshalb macht es durchaus Sinn, dass man sich auch die Zusammensetzung der Kommissionen anschaut. Aber man sollte das Gleichgewicht zwischen Schützern und so genannten Turbo-Entwicklern beibehalten.

Ist das mit dieser Reform nicht der Fall?

Nein, das ist eindeutig nicht der Fall. Ich möchte hier der Politik nichts unterstellen, aber ich schaue mir die Fakten an. Es gibt zwei Kommissionen, an die man jetzt Hand angelegt hat. Übrigens hat man das über Nacht gemacht, ohne die Betroffenen vorab anzuhören oder zu informieren. Das ist weder guter Stil, noch zielführend. Diese Personen sind Kenntnisträger und deshalb sollte man sie in solche Entscheidungen schon einbeziehen.

Umgebaut wurde die sogenannte 29er Kommission?

Diese Kommission beschäftigt  sich mit den Hofaussiedlungen vom Dorfbereich ins landwirtschaftliche Grün. Es geht also um agronomisch und landschaftlich wichtige Grundsatzfragen. Ich habe dieser Kommission seit ihrer Gründung bis zu meiner Pensionierung angehört. Die Kommission hat mit ihrer ursprünglichen Besetzung von vier Leuten immer wunderbar funktioniert. Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu Kampfabstimmungen gekommen ist.

Die Landesregierung hat jetzt den Bauernvertreter gestrichen?

Ja, man hat den externen Agronomen mit einem Vertreter der Abteilung Forstwirtschaft ersetzt. Bei aller Wertschätzung für die Kollegen von der Forst, aber diese Kommission hat mit dem Wald rein gar nichts zu tun. Das ist schlicht und einfach nicht nachvollziehbar.

Der Vertreter des Bauernbundes ist auch aus der 2. Landschaftsschutzkommission geflogen?

Hier muss ich ganz klar eine Lanze für den Bauernbund brechen, denn in dieser Kommission geht es um Landwirtschaft. Gerade im landwirtschaftlichen Grün wird am meisten gebaut.

In der neuen Kommission sitzt statt des Bauernbundes ein Vertreter der Abteilung Landwirtschaft. Kann der diese Interessen nicht vertreten?

Sicher, aber unter ganz anderen Vorzeichen. Bei diesem Vertreter handelt es sich um einen weiteren Landesbeamten. Vorher aber saß ein Agronom in der Kommission, der vom Bauernbund ernannt wurde. Also ein externer Sachverständiger. Hier sehe ich schon einen klaren Unterschied.

Besonderen Unmut hat vor allem die Entfernung des Vertreters des Dachverbandes aus der Landschaftsschutzkommission erregt?

Absolut zu recht. Auch hier hat es nie eine Frontenbildung zwischen Bauern und Naturschützern gegeben. Mit dieser Verkleinerung hat man in der Kommission jetzt das Gleichgewicht zum Nachteil des Naturschutzes verschoben. Sowohl der Bauernbund als auch der Dachverband haben beim Landschaftsschutz mitzureden. Beide hat man jetzt aber hinausgeworfen.

Offiziell sind die Verkleinerungen der Kommissionen eine Sparmaßnahme?

Dass man das so verkauft, ist einfach lächerlich. Erstens: Es gibt andere Bereiche, wo man viel mehr abspecken könnte. Zweitens müsste man sich etwas ganz anderes fragen. Die Landschaftsschutzkommission muss sich mit vielen Dingen beschäftigen, die völlig zweitrangig sind. Wenn ich also sparen will, dann brauche ich nur die Kommission von diesen ganzen Bagatell-Geschichten befreien.

Ist der eigentliche Grund für den Umbau die Tatsache, dass diese Fachkommissionen der Landesregierung zu unbotmäßig sind?

Ich möchte so antworten: Der Einfluss der Politik in die Entscheidungen der jeweiligen Kommissionen wird sicher nicht kleiner. Vor allem wenn man die externen Vertreter hinauskomplimentiert.

Wie oft kommt es vor, dass die Kommission Nein und die Landesregierung dann Ja sagt?

Das hängt ab. Die 29er Kommission ist die einzige Kommission, wo die Politik außen vor ist. Dort gibt es keine Rekursinstanz bei der Landesregierung. Ich denke, das ist auch gut so. Bei der zweiten Landschaftsschutzkommission gibt es den Rekurs bei der Landesregierung. Dort wird dann sehr viel durchgewunken. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Kommissionsvorsitzenden.

Im Fall von Hofaussiedlungen die Stimme des Bürgermeisters?

Auch das ist nicht gut. Ich bin der Meinung die Zeiten, wo jemand plötzlich doppeltes Gewicht hat, sollten vorbei sein. Es soll eine einfache Mehrheit geben, damit etwas genehmigt wird. Gibt es diese Mehrheit nicht, dann ist das Projekt abgelehnt.

Ist für Sie die Zusammenlegung der Abteilungen Raumordnung und Natur- und Landschaftsschutz nachvollziehbar?

Ich habe diese Zusammenlegung eigentlich immer begrüßt. Nur warte ich seit einiger Zeit auf weitere Zusammenlegungen in der Architektur der Landesverwaltung. Aus den 40 bestehenden Abteilungen kann man mit demselben Maßstab locker 20 machen. Das wäre dann glaubwürdig. Sonst vermittelt diese Zusammenlegung ein bisschen den Eindruck, man wolle wirklich den Landschaftsschutz schwächen.

Interview: Christoph Franceschini

 

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