Handys… ,,Verwunderliches Urteil“

(Tageszeitung, 20./21. 10. 2012)
Andreas von Lutterotti, der Präsident der Ärtztekammer, über Handystrahlung, eine eindeutige Studie und Tumorrisiken.

Tageszeitung: Herr von Lutterotti, sind alle Strahlen der Mobiltelefone gefährlich und gesundheitsschädlich?

Andreas von Lutterottti: Es gibt eine große Studie, die in Dänemark von Experten durchgeführt und im British Medical Journal veröffentlicht wurde. Im Zeitraum zwischen 1982 bis 1995 wurden dabei 385.000 Menschen beobachtet und es wurde überprüft, ob die Tumorrate bei denjenigen, die Mobiltelefone benutzten, höher sei, als bei denen, die sie nicht benutzten. Es ist eine messbare Strahlung, die nachweisbar schädigend wirkt. Aber der eindeutige Zusammenhang zwischen Handys und Hirntumorenrisiken ist noch nicht geliefert. Dabei wurde herausgefunden, dass kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen besteht.

Also ist das Telefonieren mit dem Handy nicht schädlich?

Das kann man so wirklich nicht sagen. Es gibt tatsächlich eine messbare Strahlung, die nachweisbar schädigend wirkt. Aber der eindeutige Zusammenhang zwischen Handys und Hirntumorrisiken ist bis jetzt noch nicht geliefert. Man muss auch noch neuere Studien abwarten.

Dennoch wird oft vor der Schädlichkeit der Handys gewarnt.

Vor allem die Allgemeinmedizin warnt die Menschen vor den Folgen – ganz besonders die jungen Menschen, die oft stundenlang mit dem Gerät telefonieren. Man muss sich wirklich bewusst sein, dass es schon schädliche Strahlen sind. Deshalb wird auch ein so großes Augenmerk auf die Diskussion um die Handymasten gelegt. Es wird sehr genau kontrolliert, dass der Standort der Masten stimmt, denn sie dürfen nicht zu nahe an den bewohnten Gebieten errichtet werden, da sie schädliche Strahlen aussenden.

Wie können Sie sich das Urteil von Herrn Marcolini nun erklären?

Es gibt immer wieder Rechtsurteile, die uns verwundern. Ein Expertengremium der Weltgesundheitsorganisation war Ende Mai zu dem Entschluss gekommen, dass Mobilfunkstrahlung als möglicherweise krebserregend einzustufen sei. Aber eben nur möglicherweise. Der Beweis ist noch nicht geliefert. Deshalb ist dieses Urteil für mich nicht wirklich nachvollziehbar – aber sie werden schon ihre Gründe haben.

Glauben Sie, dass sich jetzt viele dieses Urteil zum Vorbild nehmen?

Das muss man jetzt erst sehen. Zum Glück haben wir hier unsere arbeitsmedizinischen Untersuchungen. Jede Firma muss ihre Angestellten regelmäßig durchchecken lassen. Wenn dabei festgestellt wird, dass sie viel mit dem Handy telefonieren, wird ihnen der Arbeitsmediziner sicher sagen, sie brauchen ein Headset und sollen das Telefon nicht ständig ans Ohr halten. Wenn der Arzt das vorschreibt, muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass es dann auch durchgeführt wird.
Interview: Karin Köhl

Tipps, wie man mit dem Handy umgehen soll:

Kinder unter zwölf Jahren sollten das Mobiltelefon nicht benutzen.
Immer das Headset, also Kopfhörer und Mikrophon benutzen.
Einen Meter Abstand halten zu der Person, die gerade mit dem Handy telefoniert.
Das Mobiltelefon nicht am Körper Tragen.
Im Freien oder an Orten mit gutem Empfang telefonieren.
Für längere Gespräche ein Fixtelefon verwenden.

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Eine Antwort auf Handys… ,,Verwunderliches Urteil“

  1. forumonline sagt:

    Bin leider selbst Raucher, möchte aber trotzdem daran erinnern, dass „fehlende definitive Beweise“ es geschafft haben, die offensichtliche Schädlichkeit des Rauchens tödliche Jahrzehnte lang nicht offiziell zugeben zu müssen.
    Geld und Winkeladvokaten regieren halt die Welt und Ehrlichkeit, Rücksicht usw. waren (vielleicht) einmal!
    Walter Harpf