Arnold Tribus: Sauhaufen

Leitartikel Neue Südtiroler Tageszeitung, 23.10.2012 – In der Partei geht es  wieder einmal drunter und drüber. Man tut zwar so, als wäre alles im rechten Lot, freilich gibt es Eskapaden des einen oder anderen Mandatars, aber das sind ja immer indviduelle Meinungen, die mit der Partei nichts zu tun haben, die Partei ist anständig, einig im Edelweiß, denn die Partei ist ja der sanfte Landesrat Theiner, der sie alle in der Hand hat, der fähig ist richtungsübergreifend alle zu vertreten, die Wirtschaft genauso wie den proletarischen Flügel, dem er ursprünglich oder heute noch zugehört, wer weiß. Tatsache ist,dass er von allen anerkannt und akzeptiert wird. Das kann man auch daraus ersehen, dass seine Stellvertreter nichts zu tun haben. Thommy Widmann, der letzthin ja aufgefallen ist, weil er seinem alten Freund Durnwalder in den Rücken fiel, weil der ihm seine Haushaltskapitel kürzte, musste eigentlich nie laut werden, weil Theiner die Interessen der Wirtschaft vernachlässigte.

Eitel Wonne herrscht aber nicht, es rumort allenthalben und man hat nicht den Eindruck, dass die Partei eine starke Führung hat, dass sie weiß, wo es lang geht. Im Gegenteil. Die SEL -Affäre und nun auch die Affäre Durnwalder, wenn das überhaupt eine Affäre ist, haben die Partei arg gebeutelt, nun irren viele Mandatare wie aufgescheuchte Hühner durch die Gegend und versuchen sich als Saubermänner, oder sie geben sich als Protagonisten einer neuen Ära aus, die ausbrechen wird, wenn der Alte endlich geht. Anstatt sich ernsthaft mit der SEL und der Energiepolitik des Landes auseinanderzusetzen, wirft man Prinzipien über Bord, die das Wesen der Energiepolitik des Landes ausgemacht haben. Ja glauben diese Parteirevolutionäre wirklich, dass Prodi dem Land die Energiekompetenz übertragen hat, damit sich ein paar Private bereichern können? Nein, ich glaube, dass Sinn und Zweck dieser Operation darin bestand, dem Lande Ressourcen zur Finanzierung der Autonomie zu überlassen. Aber der Hass gegen die SEL ist also groß, dass man auf Einnahmen verzichten soll und sie den Privaten überlässt. Ich bin da sozialistisch und der Meinung, dass der Strom uns allen gehört, genauso wie ich dagegen bin, dass das Trinkwasser privatisiert wird. Was tut die Partei zur Zeit? Sie gefällt sich, den Landeshauptmann zu demontieren. Sie macht ihn für alle Übel und Schandtaten verantwortlich. Er ist der Sündenbock, alle anderen sind machtlose Schäflein, die ja alle so gescheit und tüchtig wären, gäbe es ihn nicht, den Luis. Die Partei ist von einem Durnwalder -Komplex erfasst worden. An jedem Stammtisch der Partei, bei jeder Parteiversammlung wird über ihn geredet, es gibt dann die Oberklugen, die sich als Orakel empfinden und Szenarien entwerfen, eines kurioser als das andere. In der Partei verhasst, steht das Volk zu ihm, es goutiert die Demontage überhaupt nicht, genauso wie es die Attacken der Justiz nicht versteht, die wiederum gewisse Parteihengste freuen, weil sie glauben, dass sich damit die Rücktrittdiskussion beschleunigen lässt, die von der Zeitung ,,Dolomiten“ und ,, ff“ lanciert wurde.

Die Partei wäre also gut beraten, sich mit wichtigen Themen auseinanderzusetzen, die Demontage des Landeshauptmann der Opposition zu überlassen, die das ja gut macht. Ein Jahr vor der Wahl ist es nicht sehr gescheit, sich als streitender Haufen zu präsentieren. Sie soll die Nachfolgefrage endlich klären und die Grabenkämpfe einstellen. Rainer Seberich, ein verdienter Schulmann, hat mich auf eine nette Tagebucheintragung von Claus Gatterer (Gatterer, Tagebücher, 1974 – 1984, Raetia) aufmerksam gemacht die sich Obmann Theiner beherzigen sollte: Versuch zu einem Südtiroler Witz: Trifft Magnago den Gargitter. Sagt der Magnago: ,, Wie schaut’s in deiner Kirche aus?“ ,, Ein Sauhaufen. Und wie schaut’s in deiner Partei aus?“ ,, Ein Sauhaufen. Was tust Du dagegen?“ ,, Ich arbeite , ich kläre auf, ich bring die Leute zum Denken. Und du? ,, Ich bete“. (Eintrag vom 1. Jänner 1982)

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