Arnold Tribus: Testwahl

Leitartikel Neue Südtiroler Tageszeitung, 20.11.2012 – In Rasen Antholz, einem stattlichen 2800-Seelen-Gemeinde des Pustertales, haben am Sonntag Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen stattgefunden. Die Auflösung des Gemeinderates war wegen des Todes des allgemein beliebten Bürgermeisters Herbert Berger notwendig geworden. Nun befindet sich die Südtiroler Volkspartei, die im Land seit 1948 mit der absoluten Mehrheit regiert und auch in fast allen Gemeinden des Landes das Sagen hat, in großen Turbulenzen. Schuld am Destaster, das an der Glaubwürdigkeit der Partei kratzt, ist diese öde SEL-Geschichte, in die Michl Laimer verwickelt ist, der ehemalige und langjährige Energie- und Umweltlandesrat und Maximilian Rainer, der umtriebige Direktor der SEL, über den immer neue Erkenntnisse ans Tageslicht gelangen. Das politische Klima ist nicht das beste, die Meinungsumfragen, die die Agentur Gruber vorgelegt hatte, haben für die SVP bei eventuellen Landtagswahlen 40 Prozent diagnostiziert, eine unveröffentlichte Umfrage des Hauses Athesia prognostizierte für die SVP mickrige 25 Prozent, während die Freiheitlichen auf stolze 27 Prozent kämen.

Das ist der Kontext, in dem sich die Partei im Augenblick bewegt, dazu kommen öffentlich ausgetragene Zwistigkeiten der Mandatare, das Misstrauen gegen den Landeshauptmann, offen ausgesprochen oder hinter vorgehaltener Hand. Die Partei versucht nun verzweifelt die verlorene Ehre zu retten und den guten Ruf zurückzugewinnen. Parteiobmann Theiner klingt oft recht verzweifelt und sein Sekretär, der junge Herr Achammer, verteidigt vehement die vielen Funktionäre, die um Gottes Lohn für die Sache kämpfen, während die anderen einstecken und kassieren.

Die Gemeinderatswahlen in Rasen Antholz fielen also bestimmt auf keinen günstigen Zeitpunkt, wohl auch deshalb haben die weitblickenden Kämpfer gegen das verhasste System Südtirol, das uns in die Sklaverei versetzte und nun endlich geknackt werden wird, damit wir endlich einem neuen Morgenrot entgegenblicken können, in der Wahl von Rasen Antholz eine Testwahl vorausgesagt. In Rasen Antholz werde die Abrechnung beginnen, in Rasen Antholz werde man sehen, wie das System abbröckelt um dann einzustürzen, wie ein Kartenhaus. Rasen Antholz werde der Anfang des Endes sein, sagten die Wirtshaustisch-Politologen.

Es kam anders, und siehe, von Testwahl will nun niemand mehr gesprochen haben. Nein, nein, es sei doch klar, dass man eine Landtagswahl nicht mit einer Gemeindewahl vergleichen könne. Freilich, hätte die SVP eine Schlappe eingesteckt, wäre es klar eine Testwahl gewesen, Rasen Antholz hätte im Falle einer Niederlage der SVP die Schatten vorausgeworfen. Man hätte in den nächsten Monaten nur vom Rasen Antholz Effekt geredet, man hätte schon Koalitionsverhandlungen geführt, was man ja auch schon tat, als die Gruber-Umfrage bekannt wurde. Aber die Botschaft aus Rasen Antholz ist eine andere, sie wird den verzagten Obmann Theiner beruhigen und einige gute Nächte bescheren. Die SVP hat stolze 67,12 Prozent erhalten, konnte einen Sitz dazugewinnen, und hat mit zehn Räten eine fette Mehrheit. Auch die Freiheitlichen haben prozentmäßig mit 14,44 gut abgeschnitten, mit zwei Räten ist ihre Präsenz schwach, dafür zieht der ehemaligen SVP-ler Franz Rieder mit drei Vertretern in den Gemeinderat ein. Ein Ergebnis, wie aus den guten Zeiten der SVP, der SEL-Skandal hat die Bevölkerung von Rasen Antholz offensichtlich nicht davon abgehalten der SVP ihr Vertrauen auszusprechen, die Negativschlagzeilen der Landes-SVP haben sich nicht negativ auf das Dorf ausgewirkt, man wählte dort Leute, zu denen man Vertrauen hat, denen man glaubt und traut. Ein Signal ist das allemal für die Parteien. Wer gute, saubere Leute ins Rennen schickt kann Wahlen gewinnen, das Volk war auch nicht politikmüde, immerhin gingen 78,7 Prozent zu den Urnen. Und die Freiheitlichen haben gesehen, das sie noch keine g’mahnte Wiesen haben.

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Eine Antwort auf Arnold Tribus: Testwahl

  1. Christian sagt:

    Für mich war das nie keine Testwahl. Für Publizisten vielleicht? Die brauchen etwas zum Schreiben – Publizieren.