Fritz Gurgiser/TFA: Der Brenner als Umwelttransitkaiser

Liebe Damen und Herren,

heute vor 15 Jahren (am 11./12. Juni 1998) sind wir von Freitag 11:00 Uhr bis Samstag 15:00 Uhr in Schönberg AUF der Autobahn gestanden. Die EU-Kommission wollte damals die bestehenden Sonn- und Feiertagsfahrverbot auf nur mehr ganz wenige Stunden am Sonntag reduzieren und hat daran sehr hart gearbeitet. In Folge wurden mehr als 80.000 Unterschriften gegen diesen Unfug gesammelt, genützt hat es nichts und deshalb haben wir uns dann zu dieser berechtigten Notwehrmaßnahme im Rahmen unserer Bürgerversammlung entschieden.

Was ist herausgekommen?

1) Eine Klage einer deutschen Fuhrunternehmerin gegen die Republik Österreich wegen Verletzung der Grundfreiheit des Warenverkehrs,

2) Schlussanträge des Generalanwaltes des EuGH, Francis G. Jacobs, der dies unter anderem mit dem Verweis auf die Alpenkonvention abgelehnt hat (11.07.2002),

3) Ein Urteil des EuGH fünf Jahre später, in welchem die Klage endgültig abgelehnt und im Gegenzug das „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“ höher bewertet wurde (12.06.2003),

4) Im Jahr 2005 hat die EU-Kommission dieses Vorhaben dann endgültig aus ihrem Programm gestrichen.

 

Ich schreibe das als Erinnerung, denn gestern wurde bekannt, dass nun sogar der Europäische Rat das Durchführungsprotokoll Verkehr der Alpenkonvention ratifiziert hat und daraus ein klarer Schluss gezogen werden kann (nachdem der EuGH dem Schutz der Alpen schon am 11. Juli 2002 eine sehr große Bedeutung zugemessen hat):

 

Gottes mühlen mahlen langsam, die der EU noch langsamerwenn es um die Gesundheit und den Schutz sensibler alpiner Regionen geht. Dennoch haben wir durch langfristiges Beharren nun wieder ein Instrument mehr in der Hand, um den Druck auf der Brennerstrecke Rosenheim – Verona zu erhöhen. Und die Befürworter des „freien Warenverkehrs durch die sensibelste alpine Region des gesamten Binnenmarktes mit dem größten ausgewiesenen Luftsanierungsgebiet“ eine Ausrede weniger.

 

Wenn sich nun rund um den Brenner eine „Tiroler Milchregion“ bilden kann, wird es noch viel wichtiger sein, endlich die „Tiroler Gesundheitsregion“ rund um den Brennerpass zu bilden. Der erste Schritt müssen gemeinsame verkehrs- und finanzpolitische Maßnahmen sein, um rund 500.000 Transit-Lkw über den Brenner wegzubringen, die nur deshalb um die Schweiz herumkurven, weil dort seit 1934 (!) ein generelles Lkw-Fahrverbot und ein Lkw-Mauttarif von rund 70 Cent/km gelten. Was bei uns vom Brenner bis Verona fehlt, entnehmen Sie bitte der Beilage „Der Brenner als Umwegtransitkaiser“.

 

Auszug aus den Schlussanträgen vom 11.07.2002 in der Sache „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit versus Grundfreiheit des Warenverkehrs“ (EuGH C-112/00), Punkt 3:

 

3.

Die widerstreitenden Belange des Verkehrs und des Umweltschutzes in der Region wurden in der von der Gemeinschaft 1996 genehmigten Alpenkonvention anerkannt(3). In der Präambel dieses Übereinkommens wird die Bedeutung der Alpen als Lebens- und Wirtschaftsraum für die einheimische Bevölkerung und als Träger bedeutender Verkehrswege für andere Regionen hervorgehoben, die Notwendigkeit der Behebung ökologischer Schäden mit hohem Aufwand, beträchtlichen Kosten und langfristigem Einsatz anerkannt und das Ziel vorgegeben, wirtschaftliche Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang zu bringen. In Artikel 2 Absatz 1verpflichten sich die Vertragsparteien zu einer ganzheitlichen Politik des Schutzes und der Erhaltung unter Beachtung des Vorsorge-, Kooperations- und Verursacherprinzips. Nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe j haben sie zur Erreichung dieses Zieles insbesondere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, und zwar auf dem Gebiet des Verkehrs

 

mit dem Ziel, Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen und alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß zu senken, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist, unter anderem durch eine verstärkte Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen und marktkonformer Anreize, ohne Diskriminierung aus Gründen der Nationalität(4).

LG

Fritz Gurgiser, Obmann

Transitforum Austria-Tirol

Der Brenner als Umwegtransitkaiser Sept 2012 (PDF 465 KB)

 

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Eine Antwort auf Fritz Gurgiser/TFA: Der Brenner als Umwelttransitkaiser

  1. forumonline sagt:

    mail von Flor
    Lieber Walter, die schlüssige Aufzählung der geschlagenen Schlachten lässt mich beeindruckt erschaudern. Nicht über den Erfolg, aber über die Widerstandskraft der Leute wie gurgiser und du. Die Geduld der Reformer. Anders kann man es nicht heißen. Chapeau! Einen schönen Gruß aus Rom, Flor

    Von meinem iPhone gesendet