ARNOLD TRIBUS: Die Pflicht, Frauen zu wählen

TZ, 06.07.2013

Es wird wieder einmal über Quoten geredet und das ist schon mal positiv. Die neueVariante ist aber eine äußerst kuriose, denn es geht nun darum, dass es bei einer Wahl gesetzlich zur Pflicht gemacht werden soll, dass man zumindest eine Frau wählen muss.Richtig gehört: Wenn Sie bei der nächsten Landtagswahl den Jungstar Arno Kompatscherwählen wollen, müssen sie gleichzeitig auch eine SVP-Frau wählen, auch wenn sie dieüberhaupt nicht leiden können.Frauenwahl soll zur Pflicht gemacht werden. Die spinnen wohl, die sich das ausgedacht haben, denk ich. Eine italienische Zeitung führt da eine Kampagne zum Thema und gebärdet sich wohl als moralische Instanz in Sachen Frauenrechte. Ich lese, dass sich auch SVP-Frauen lobend zum Vorschlag äußern und Frau Artioli vom Team A hat auch einen entsprechenden Entwurf in der Region eingereicht.

Bisher war die Quotendebatte auf die Besetzung von politischen  Posten beschränkt, in den Parteien spielte sie ebenfalls eine Rolle bei der Erstellung der Listen, die laut Gesetz nun auch die Frauenkomponente zu berücksichtigen haben. In der SVP sind zum Thema ja harte Kämpfe ausgefochten worden, ich erinnere mich wage, dass damals, bei der Erstellung der Listen für das Parlament, wo ja alle amtierenden Männer bestätigt wurden, wohl auch, weil man Alternativen erst gar nicht aufkommen ließ, Drindrin Unterberger, damals noch Südtiroler Suffragette Nr. 1,  das Schiedsgericht der Partei angerufen und gar mit Klage gedroht hatte. Es gab damals einen weiblichen Kampf um Parlamentssitze, und das war schon mal gut. Macht ist zwar Männersache, das wissen wir, dass Macht geschlechtslos ist, erfahren wir täglich. Wenn es um die Beibehaltung der Macht geht, hören politische Moral und Anstand auf, da werden sogar Glaubensgrundsätze über Bord geworfen, Überzeugungen, die man in der Öffentlichkeit vehement vertritt, wie die Gleichberechtigung der Frauen, die angemessene Vertretung der Frauen in der Politik und in allen Gremien, die Richtigkeit und Wichtigkeit der Quoten, die als sexuelle Variante unseres ethnischen Proporzes gerade in Südtirol auf eine so überzeugte und breite Zustimmung stoßen. Alle sind natürlich für die Quote, wäre noch schöner. Kann man gegen die Quote sein, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, frauenfeindlich, maskulistisch und phallokratisch zu sein? Ohne Quote gäbe es weinig Frauen in der Politik, das ist klar. Im Grunde ist der stille Kampf der Männer gegen die Quote vor allem Selbstschutz, Kampf ums Überleben, Lebensangst, existentielle Not.

Erwarten, dass sie sich selbst abschaffen, sich aus Machtpositionen hinauskomplimentieren, in denen sich alle so wohl fühlen, weil sie gut verdienen?  Die Männer an der Macht verteidigen also nur ihre Posten und Pfründe, wissend, dass ihre Zeit bald aufhört, dass immer mehr Frauen nachdrängen, dass die Zukunft den Frauen gehört, weil mehr Frauen studieren, weil sie besser abschließen, weil sie gescheiter und fleißiger sind, wer weiß. Die Verweiblichung der Gesellschaft ist nicht aufzuhalten, die Schule ist zum Beispiel zu einer rein weiblichen Domäne geworden, männliche Lehrer sind Ausnahmen. Ob da eine männliche Quote vonnöten wäre?

Nichts gegen die Quote also, aber man darf den Bogen nicht überspannen und in mein Wahlrecht und in meine freie Wahl eingreifen. „Die Wahl ist persönlich und gleich, frei und geheim“, steht im Artikel 48 der Verfassung. Wie kann ich dann einen Wähler zwingen, auch eine Frau zu wählen, wenn er das nicht will? Und wenn er nicht eine Frau wählt, ist sein Stimmzettel ungültig? Sind  wird ganz verrückt geworden? Es wird doch eines jeden Wählers Sache sein, ob er eine Frau oder einen Mann wählt, nur Frauen oder nur Männer oder gemischt. Das ist Wahlfreiheit.

Übrigens: Wenn alle Frauen Frauen wählten, wären sie die Mehrzahl. Warum tun sie das nicht?

 

 

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