HPV/Dachverband: Antersasc – Brief an Elmar Pichler Rolle, August 2013

An Herrn Landesrat Elmar Pichler Rolle
An die Teilnehmer des Lokalaugenscheines

Betrifft: Geplante Straßenerschließung Antersasc-Alm

Sehr geehrter Herr Landesrat, geschätzte Damen und Herren, zurückkommend auf den gemeinsamen Lokalaugenschein möchten wir uns für die zum Großteil freundschaftlichen und interessanten Gespräche bedanken, welche wohl zu einer ganzheitlichen Entscheidungsfindung beitragen sollten. Gleichzeitig möchten wir die Gelegenheit nutzen, Gesagtes zusammenzufassen und zu ergänzen.

Bereits früher hatten wir das Forst-Infoblatt 2/2011 wegen des einseitigen und tendenziösen Berichtes kritisiert, in dem die Naturschutzämter heftig angegriffen wurden. Auch Reinhold Messner kommt darin ausgiebig zu Wort, um unwidersprochen alle Kritiker als weltfremd abzustempeln. Zu diesem Thema hatte Albert Willeit ein intensives Gespräch mit ihm, wo Messner äußerte, dass er diesen Weg in zwei Tagen als einfachen Traktorweg bauen würde und zwar auf der Trasse des alten Fuhrweges, aber nicht auf dem heutigen Wanderweg. Auch müssten seines Erachtens die Almhütten so erhalten bleiben und dürften nur saniert werden. Ob seine Worte auch diesbezüglich Wertschätzung finden?

Im Infoblatt steht weiters, dass die Alm immer schon als gemischte Alm genutzt wurde und zwar für Rinder und Schafe. Im Jahre 1969 wurden allerdings nur 2 Milchkühe, 4 Kalbinnen, 5Kälber und 150 Schafe aufgetrieben. Seit dem Jahre 1993 wird die Alm nur mehr mit 150 -200 Schafen bestoßen. Univ. Prof. Ramanzin kommt nach Analyse der Almsituation auch zum Schluss, dass sich die Alm nur für die Schafweide eignet (Begründung: Futterangebot, Wassermangel, Erosion, Geländebeschaffenheit). Nur im günstigsten Bereich könnten dazu höchstens 5GVE (Kühe) weiden. Dies wird von der Forstbehörde zwar bestritten, sie kommt in ihrer optimistischen Berechnung jedoch auch nur auf 15 GVE (zuzüglich der Schafe). Insofern ist die landwirtschaftliche Nutzung der Alm durch „Großvieh“ sehr beschränkt und wohl von untergeordneter Wichtigkeit.

Die ablehnenden Argumente des vom Land beauftragten Gutachters betreffen ästhetische, landschaftliche und ökologische Überlegungen. Insbesondere wird darin hervorgehoben, dass es sich um ein unberührtes Gebiet handelt, das im Naturpark Puez-Geisler liegt, als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen wurde und Teil des UNESCO-Weltnaturerbes der Dolomiten ist. Aufgrund der besonderen landschaftlichen Situation ist das öffentliche Interesse am Erhalt des Gebietes in seiner Unberührtheit höher zu bewerten, als das Interesse an der Erschließung dieser Alm. Der Gutachter führt an, dass derzeit eine sehr extensive Almwirtschaft betrieben wird, das Gebiet sei zudem wenig anthropisiert und die daraus resultierenden landschaftlichen Charakteristiken sollen auch in Zukunft erhalten bleiben. Für diese Art der Almbewirtschaftung ist eine Straße nicht unbedingt notwendig.

Mehrere Anwesende meinten, dass es zur Sanierung der Gebäude nicht unbedingt einen Weg braucht, auch wenn es damit zweifellos einfacher und langfristig kostengünstiger wäre. Ein Problem ist aber, dass der Tierarzt bis zur Alm fahren muss, weil er nicht zu Fuß gehen würde. So gesehen darf einem Tier im weitläufigen Gelände der Alm nichts passieren, da würde auch eine Straße nichts nützen.

Auch die Forstbehörde räumt ein, dass der Wassermangel im Bereich der Almgebäude ein Problem darstellt und für eine intensivere Nutzung erst eine Lösung gesucht werden müsste.

Das Problem des Gülleantransportes stellt sich bei dieser Alm zwar nicht, weil die neue Zufahrt viel zu steil ist (bis zu 27 %). Dies führte bereits jetzt zu Erosionen und notwendigen Instandhaltungsarbeiten.

Die Kosten für den Wegebau werden von der Forstbehörde mit 60.000 € angegeben, davon zahlt das Land 75%. Für fast 1 km neuer Wegtrasse scheint dieser Betrag aber völlig unzureichend zu sein.

Eine kleine gastwirtschaftliche Nutzung auf der Alm mit vor allem dort produziertenProdukten (Milch, Butter, Käse) wäre sicher zu begrüßen.

Ein nicht nachvollziehbares Problem stellt die Gleichbehandlung erschlossener und nichterschlossener Almen dar. Nicht mit Straßen erschlossenen Almen sollen endlich finanziell stärker gefördert werden, wie der Dachverband schon länger fordert. Bei diesem Treffen (und auch früher) wurde gesagt, dass man ohne Zufahrtsstraße keinen Senner mehr findet, weil man dem Senner (und dem Tierarzt) nicht zumuten kann, 20 Minuten zu Fuß zu gehen. Deshalb schlagen wir vor, den bestehenden Wanderweg soweit zu verbessern und zu verbreitern, dass man diese Strecke mit einem Motorrad befahren kann. Dadurch wäre ein großes Problem gelöst und es kann so auch das Wichtigste transportiert werden. Sogar für Forstinspektor Regele wäre dies eine mögliche Lösung, wäre da nicht die notwendige Gebäudesanierung. Doch diese könnte anders gelöst werden.

Nachdem uns vielfach vorgeworfen wird, dass wir nur kritisieren und nichts Konkretes beitragen wollen, schlagen wir Folgendes vor: Sollte unser Kompromiss aufgenommen werden, bieten wir dem Besitzer die kostenlose Planung zur sanften Sanierung der Almgebäude durch das Büro willeitarchitektur an.

Zum Schluss rufen wir nochmals auf, die letzten unerschlossenen Almen zu erhalten und diese als großen Mehrwert für die Zukunft zu betrachten. Sehr geehrter Herr Landesrat, wir hoffen nun, dass man, und Sie im Speziellen, die Argumente Ihrer Landschaftsschutzbehörden, und der Naturschutzverbände ernst nimmt und die politische Entscheidung danach ausrichtet. Allerdings sieht es nach Ihrer ersten medialen Stellungnahme nicht danach aus. Darüber sind wir sehr verwundert.

Mit freundlichen Grüßen
Albert Willeit,  i.V. Heimatpflegeverband Südtirol
Klauspeter Dissingeri.V. Dachverband für Natur- und Umweltschutz

Bozen, 07.08.2013

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6 Antworten auf HPV/Dachverband: Antersasc – Brief an Elmar Pichler Rolle, August 2013

  1. Bern sagt:

    Danke Flor, dass du hier endlich mal die Fakten geschrieben hast. Die selbsternannten Umweltschützer sind schlimmer als die von ihnen so oft gescholtene SVP: sie arbeiten mit Gefälligkeitsgutachten, von denen sie dann sogar Sätze aus dem Zusammenhang gerissen in ihrem Sinne interpretieren. Und sie lügen, dass sich die Balken biegen.
    Was ist Heimatpflege? Eine Alm, die früher für Rinder und Schafe da war und jetzt für Schafe da ist, wieder zu einer tollen Rinderalm zu machen? Oder diese zu einer toten Alm zu machen? Ich glaube die Antwort ist eindeutig! Herr Willeit, sie sollten der erste sein, der sich für einen Traktorweg auf diese Alm einsetzen soll. Sie machen genau das Gegenteil von dem, was ein Heimatpfleger tun soll. Wenn sie einen Rekurs gegen den Weg einlegen, werde ich öffentlich ihren Rücktritt vom Heimatpflegeverband fordern.
    Zum Dachverband für Natur- und Umweltschutz:
    Herr Dissinger, ich hoffe sie konnten in den Weihnachttagen ein wenig nachdenken und kommen endlich zum Schluss, dass eine schöne Alm das beste im Sinne von Natur- und Umweltschutz darstellt was uns in Südtirol passieren kann. Wenn nicht, dann folgendes: nennen sie ihren Dachverband bitte um in: Tod den Almen und es lebe die Wildnis.
    Zum User „forumonline“: wieder wird gelogen! Bei einem Zufahrtsweg zu Antersasc würde nichts zubetoniert, sondern nur ein Forstweg angelegt.

    • forumonline sagt:

      ach da findet sich sicher allerhand mitzubetonieren beim Forstweganlegen! Spätestens beim Errichten einer zeitgemäßen neuen Almhütte!

  2. forumonline sagt:

    Andere Regionen würden sich glücklich schätzen ein Weltnaturerbe zu haben und es erhalten zu dürfen. Nicht so in Südtirol! Dort wird alles dem Zerstörungswahn unterworfen und dies auch noch mit öffentlichen Steuergeldern bezuschusst!
    Antersasc ist im allgemeinen öffentlichen Interesse zu erhalten!
    Ein Weltnaturerbe ist eine besondere Auszeichnung mit dem verpflichtenden Auftrag, die einmalige Schönheit einer
    großartigen Natur – und Kulturlandschaft unversehrt den nächsten Generationen weiterzugeben.
    Privatinteresse darf nicht vor dem öffentlichen Interessen stehen! Die Gefährdung durch die Übererschließung mit all den negativen Begleiterscheinungen kann zur Aberkennung des Weltnaturerbes führen.
    LH Durnwalder trägt die vordergründige Verantwortung!
    Doch er kümmert sich schon lange nicht mehr um das überlieferte Erbe!

    michl burger

  3. flor sagt:

    Zur Erschließung der Antersasc-Alm kann man stehen wie man will (dafür oder dagegen), aber bitte Herr Willeit, es ist höchst an der Zeit über Antersasc die ganze Wahrheit zu sagen! Wenn man schon „tendenziöse“ Berichterstattungen kritisiert, sollte man nicht auf dieselbe Art und Weise antworten.

    Antersasc ist eine Privatalm mit 176 Ha, davon 161 Ha effektive Weidefläche, auf welcher ca. 50 GVE für 120 Tage weiden können (Almkartei der Forstbehörde). Weiters wurde früher ein 1,5 – 2,0 Ha großer Almanger gemäht. Der baufällige Almstall weist heute noch ca. 60 Anbindevorrichtungen für Großvieh auf.
    Das Wasser ist auf den Weideflächen ausreichend. Es stimmt, dass für die Almgebäude die Wasserversorgung zur Zeit ungenügend ist, aber es bestünde die Möglichkeit dieses Problem zu lösen – es gibt mehrere ausreichende Quellen unter dem Puez-Massiv.
    Die Alm ist eindeutig eine gemischte Alm (Rinder- und Schafalm). Dies belegen mehrere historische Aufzeichnungen, u.a. auch die Diplomarbeit „Bevölkerung und Wirtschaft im Gadertal / Dolomiten“ von Bärbel Rother-Hohenstein, erschienen 1973 im Selbstverlag des Seminars für Wirtschaftsgeographie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main.
    Darin kann man unter dem Kapitel Almwirtschaft u.a. lesen, dass im Jahr 1873: 27 GVE (6 Milchkühe, 26 Galtvieh unter 2 Jahren, 30 Schafe und 4 Schweine) gealmt wurden, im Jahr 1960: vom 13. Juni bis 8. Oktober 26 GVE (12 Milchkühe, 11 Kalbinnen, 6 Kälber, 38 schafe, 1 Ziege, 3 Schweine), im Jahre 1969: 2 Milchkühe, 4 Kalbinnen, 5 Kälber, 150 Schafe, im Jahre 1980: 6 Milchkühe, 18 Kälber, 58 Schafe, im Jahre 1990: 3 Milchkühe, 17 Kalbinnen, 8 Kälber.
    Also von wegen nur Schafalm!
    Erst ab dem Jahre 1993 werden auf der Alm nur mehr 150 bis 200 Schafe geweidet.
    Was den von Herrn Willeit und vom Dachverband so gerne zitierten Almexperten betrifft, handelt es sich um den Paduaner (!) Univ. Prof. Ramanzin. Sein Gutachten
    spricht keineswegs nur von der alleinigen Eignung zur Schafalm; man sollte diesbezüglich alles was in diesem Gutachten steht, zitieren und nicht nur „halbe“ Sätze eigenwillig interpretieren. Und wieso erwähnt man nicht andere Gutachten (z.B. jenes des Landwirtschaftsinspektorates Bruneck und des Amtes für Bergwirtschaft Bozen)? Diese kommen wohl zu anderen nicht „genehmen“ Ergebnissen!

    Herr Willeit spricht von einem „Kompromissvorschlag“ ohne konkrete Angaben über Verlauf und Breite des Almweges.
    Die Nachbarschaft Pescol (der bereits gebaute Forstweg und ein Teil des zu bauenden Almweges verlufen auf deren Gründe) hat bereits im August dieses Jahres über Pressemitteilung und mit Schreiben an dem LR Pichler Rolle, den betroffenen Landesämtern (Forst, Naturschutz, Naturpark), dem Dachverband für N. u. U. und dem Almbesitzer einen konkreten Vorschlag (Ausbau/Verbesserung/Sanierung des bestehenden Wanderweges auf eine Breite von 1,8 – 2,0 m zu einem Quad tauglichen Weg) unterbreitet, um endlich die strittige Antersasc-Frage einvernehmlich, friedlich und konkret zu lösen. Niemand der Betroffenen (auch nicht der Dachverband) hat sich laut Aussage des LR Pichler Rolle diesbezüglich geäußert; statt dessen polemisiert man in der Presse munter weiter.

    Lobenswert ist jedenfalls das kostenlose Hilfsangebot bei der Planung der Gebäudesanierung durch das Büro „willeitarchitektur“!

    Abschließend noch etwas: Man kann/soll ruhig über die Erschließung von Antersasc die Meinung äußern, auch protestieren. Aber nicht wie vor 3 Jahren in Campill. Damals sind gar einige „selbsternannte“ Umweltschützer mit ihren Luxuskarossen bis zum Anfang des Antersasc-Weges gefahren, um dann nach Campill und zur Antersasc-Alm zum Protestmarsch anzusetzen. Zum Glück gab es schon den Forstschranken, ansonsten…
    Zum Beweis können jederzeit die Kennnummern dieser Fahrzeuge geliefert werden – da würde die Öffentlichkeit staunen! Wie lautet doch das Sprichwort: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“

    Eine Frage an den Dachverband: Wieso protestiert man nicht genau so heftig gegen den „Autobahn ähnlichen“ Radweg im Oberpustertal, im Rautal/Gemeinde Enneberg oder gegen die ständigen Freizeitflüge am Piz Boè/im Sellastock oder in den Naturparks Puez-Geisler und Fanes-Sennes-Prags? Diese sind ja auch Schutzgebiete bzw. im Weltnaturerbe Dolomiten.

    Stattdessen pilgern „selbsternannte“ Umweltschützer im Sommer scharenweise nach Antersasc oder gehen im Winter dorthin zum Skitouren. Auerhahn, Schneehuhn und Murmeltier und andere streng geschützte Wildtiere freuen sich über diese Unruhebesuche!

    Schöne und tief winterliche Grüße aus Antersasc

    flor

  4. Bern sagt:

    Sehr geehrter Herrn Willeit,
    ich schätze Ihre Arbeit in vielen Bereichen, aber bei der Antersasc Alm gehen Sie zu deutlich zu weit. Langsam reicht es, hören Sie auf sich hier auf einzelne Bauern einzuschießen.

    Ich bin selbst Rinder-Almbauer, ich kenne die Antersasc-Alm, sie eignet sich sehr gut als Rinderalm. Mich würde es stark interessieren, wo sie Ihren sogenannten Experten ausgegraben haben, der der Antersasc Alm die Eignung für Rinderhaltung abspricht. Diesen können Sie getrost wieder eingraben.
    Lassen Sie die Alm-Bauern arbeiten, sie sind die wahren Umweltschützer und nicht die selbsternannten Umweltschützer oder Grünen.

    Mit besten Grüßen,

    Bernhard Hilber
    Gissbach 17
    39031 St. Georgen

    • forumonline sagt:

      Langsam reicht es!? Allerdings. Viel bleibt ja bald nicht mehr niederzubaggern und zu betonieren.
      Oder wird man bei der gewohnten Beliebigkeit der Argumente doch noch Wege finden, alle Bergipfel ebenfalls anzubinden und abzuflachen!? Z.B. aus Sicherheitsgründen!?