Tiefgarage Bruneck: Schlossbergkurve oder Schlosswiese? Pustertaler Zeitung 6/2011

Zwei Standorte für eine Lösung

Die Entscheidung über den Bau der Ausfahrt aus der Südumfahrung zur Reischacher Straße scheint entschieden zu sein: Bei seiner Ratssitzung am 28. Februar hat der Brunecker Gemeinderat mit einer Mehrheit von 20 Ja-Stimmen (bei neun Gegenstimmen) beschlossen, nur einen Ast der Ausfahrt zu bauen – und zwar den nach Bruneck. Der Ast nach Reischach soll zu einem späteren Zeitpunkt errichtet werden. Noch nichts entschieden ist in der Frage der Tiefgarage am Schlossberg.

Mit diesem Beschluss sind keineswegs alle glücklich; vor allem die Anrainer an der Reischacher Straße nicht, die vehement die Umsetzung der vor zwei Jahren vom Brunecker Gemeinderat beschlossenen Ausfahrt Richtung Reischach fordern. Denn sie befürchten, dass die Reischacher Straße nun von zusätzlichem Verkehr belastet wird. Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler argumentierte bei der Ratssitzung, dass die verfügbaren finanziellen Mittel derzeit nur den Bau eines Astes erlaubten (der 7,5 Millionen Euro kosten soll). Das nun beschlossene Projekt sieht vor, dass kurz nach der Ostausfahrt aus dem Tunnel der Südumfahrung ein unterirdischer Kreisverkehr und die Anbindung an die Reischacher Straße gebaut wird.

„Beste Lösung für Bruneck“

Während dieses Projekt nun abgesegnet scheint, ist bei einem zweiten Projekt noch vieles offen – und zwar bei der Tiefgarage am Schlossberg. Denn die Ausfahrt aus der Südumfahrung zur Reischacher Straße mit dem einen Ast nach Bruneck macht nach Ansicht der Verkehrsplaner, die von der Brunecker Gemeindeverwaltung konsultiert wurden, nur dann Sinn, wenn im Bereich des Schlossbergs eine Tiefgarage errichtet wird, die einen Großteil der ausfahrenden Autos aufnehmen kann. Doch über den Standort dieser Tiefgarage scheiden sich die Geister: Während der Architekt Werner Franz im Auftrag der Fraktionsverwaltung unter Walter Harpf ein Projekt vorgelegt hat, das eine Tiefgarage in der Schlosskurve vorsieht (die PZ hat exklusiv berichtet), sieht das Projekt der Architektin Agnes Pobitzer (in Zusammenarbeit mit dem Architekten Gerhard Mahlknecht) eine Tiefgarage auf der Schlossbergwiese vor, auf dem bislang vor allem von den Bogenschützen genutzten Areal. Es gab zudem vier weitere Projekte. Der Brunecker Gemeindeausschuss hat den Münchner Verkehrsplaner Thomas Winkler mit einer vergleichenden Bewertung dieser sechs Tiefgaragenprojekte beauftragt; sein Ergebnis: Die Projekte von Werner Franz und Agnes Pobitzer hat er mit nahezu gleicher Punktezahl zu Siegerprojekten erklärt. Um genau zu sein: Das Projekt von Werner Franz hat 88 von 100 möglichen Punkten erhalten, das von Agnes Pobitzer 86. Seitdem ist die Diskussion voll entbrannt. Während die Grüne Fraktion im Brunecker Gemeinderat und Walter Harpf eindeutig das Projekt in der Schlosskurve bevorzugen, scheint Bürgermeister Tschurtschenthaler noch nicht entschieden zu haben; er teilte der Verkehrskommission mit: „Ich erachte es als erforderlich, die beste Lösung für Bruneck zu finden. Außerdem habe ich ausdrücklich auch vom Gemeinderat den Auftrag erhalten, mit den Planern und Grundstückseigentümern in konkrete Verhandlungen zu treten.“

Unter Verschluss

Hanspeter Niederkofler von der Grünen Ratsfraktion ist alles andere als glücklich mit dem bisherigen Verlauf der Diskussion: „Bürgermeister Tschurtschenthaler hielt die Studie von Architekt Winkler monatelang unter Verschluss und teilte den Mitgliedern der Verkehrskommission lediglich mit, dass es zwei Siegerprojekte gebe. Wir sind davon überzeugt, dass das Resultat bei eingehender Diskussion aller Kriterien noch eindeutiger zugunsten des Standortes Schlosskurve ausfallen würde, da dieser die besten Voraussetzungen in Bezug auf strategische Lage, voraussehbare Akzeptanz, Entfernung vom Brunecker Stadtzentrum, Bewertung aus Sicht des Denkmal- und Ensembleschutzes, potenzielle Erweiterbarkeit, aber vor allem in Hinblick auf die Realisierung wesentlicher Teile des Gesamtverkehrskonzepts bietet“. Warum es noch weitere Diskussionen darüber geben soll, welche Tiefgarage nun gebaut wird, ist weder der Grünen Fraktion im Brunecker Gemeinderat noch Walter Harpf klar.

Zentraler

Dabei liegen die Vorteile der Tiefgarage in der Schlossbergkurve für die  Grünen auf der Hand. Hanspeter Niederkofler argumentiert: „Im 300-Meter-Radius der Schlosskurve liegen sowohl der Graben mit Rathaus und neuer Bibliothek als auch die Oberstadt. Der Standort bietet einen unmittelbaren Zugang sowohl zur unteren Stadtgasse (Ursulinen) als auch zum Seeböckhaus. Der Schlosshügel ist vom Projekt nicht betroffen. Der Standort Schlossbergwiese hingegen hat den einzigen Vorteil, etwas näher an der Oberstadt zu sein, liegt aber deutlich ungünstiger, was die Erreichbarkeit von Stadtgasse und Graben anbelangt. Das Gebiet um die Pfarrkirche, das dieser Standort besser erschließt, hat als Zielort der Mobilität von außerhalb Brunecks keine große Bedeutung. Aus urbanistischen Gründen ist es auch nicht sinnvoll, dort weitere den Verkehr anziehende Einrichtungen anzusiedeln, etwa die Musikschule zu erweitern oder das Eisstadion zu sanieren. Der Standort auf der Schlossbergwiese ist zudem landschaftlich problematischer, weil er direkt am Schlosshügel liegt und ein Gebiet tangiert, das deutlich sensibler ist als jenes an der Schlossbergkurve, durch das bereits die Reischacher
Straße verläuft.“

„Heiliger Hügel“

Unterdessen haben die Mitglieder der Grünen Fraktion im Brunecker Gemeinderat und Walter Harpf den Eindruck, dass die Stadtverwaltung das Projekt Schlossbergwiese favorisiere, „offensichtlich aus Gründen, die nichts mit den Bewertungskriterien zu tun haben“, wie Walter Harpf mutmaßt. Harpf gibt außerdem zu bedenken, dass die Schlosswiese aus ästhetischen Gründen erhalten bleiben sollte: „Wiese, Hügel und Schloss müssen als geschützte Einheit ‚heilig‘ bleiben. Die Schlosswiesengarage ist nur in offener Bauweise machbar. Das bedeutet, dass beim Bau derselben – inklusive Zufahrt von der Reischacher Straße – ein Gutteil des östlichen Schlossfelsens entfernt werden müsste. Dieser könnte nach Abschluss der Arbeiten nicht ersetzt werden, es sei denn durch Kunstbauten. Die Schlosskurvengarage würde hingegen unter der Reischacher-Schlosskurve bzw. unter dem dortigen Parkplatz gebaut. An der Oberfläche ist nur ein Kreisverkehr mit Ein-Ausfahrt vorgesehen. Die verbleibende Fläche würde ebenso begrünt wie die Fassade Richtung Stadtmauer und Ursulinen.“ Zudem befürchtet Harpf, dass die Schlossbergwiesengarage wegen der großen Distanz zu den wichtigsten Zielgebieten von den Autofahrern nicht akzeptiert werden könnte.

Fazit: Wie es aussieht, wird die Diskussion um den besten Standort der Tiefgarage für Bruneck noch lange währen.

• hpl

© ­PZ Nr. 6-556/11 Freitag, 25. März 2011

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