Raumordnung: Großer Spiel-Raum, TZ, 120411

Unordnung statt Ordnung: Die Kritik der Heimatpfleger am neuen Raumordnungsgesetz. Michl Laimer gerät unter Beschuss. Der Landesrat kontert und beschimpft die Heimatpfleger als Fortschrittsverweigerer.
von Hannes Senfter

„Alles ist unklar, verwässert und vor Gericht nicht anfechtbar.“ Die Kritik von Albert Willeit zielt auf das gegenwärtige Raumordnungsgesetz ab. In den vergangenen Jahren wurde es mit vielen Abänderungen und Beschlüssen der Landesregierung versehen und ergänzt. Da es heute beinahe unlesbar ist, will Urbanistiklandesrat Michl Laimer ein komplett neues Gesetz schreiben lassen. Dafür hat er in den vergangenen Monaten auch schon Vorschläge bei den verschiedenen Verbänden und Gemeindenvertretern gesammelt. Im Moment werden die Änderungsvorschläge eingearbeitet. Noch vor dem Sommer soll die Landesregierung darüber entscheiden.
Unzufrieden, enttäuscht und verärgert über den Reformvorschlag sind die Südtiroler Heimatpfleger. Bei ihrer Hauptversammlung haben sie am vergangenen Wochenende eine Resolution gegen das neue Raumordnungsgesetz verabschiedet. Das hat über die Versammlung in Brixen hinaus für viel Gesprächsstoff gesorgt. Dabei ist die Wiederwahl von Peter Ortner als oberster Heimatpfleger in der Hektik beinahe untergegangen.
Vorgebracht wurde das über zwei Seiten starke Dokument vom Pustertaler Bezirksausschuss. Der Gaiser Architekt Albert Willeit kämpft schon seit Jahren gegen die Tücken des Raumordnungsgesetzes. Er hat erlebt, wie es vor 14 Jahren die ersten Aufweichungen gegeben hat, als in den Gastbetrieben jeder nur mögliche Quadratmeter verbaut und zweckentfremdet wurde. „Da sind schnell viele Personalzimmer zu großzügigen Suiten umgebaut worden“, erzählt Willeit, „die Wirte mussten aber keine Strafe für das Bauvergehen zahlen, sondern das Gesetz wurde in der Folge angeglichen.“ Das ist nur ein Beispiel für die vielen Änderungen und Beschlüsse, die im Laufe der Zeit für die bauwillige Branche gemacht wurden. Und darum will Willeit, dass seine Resolution ein Zeichen setzt. „Es kann einfach nicht sein“, erklärt Willeit, „dass die Verbände das Gesetz mitschreiben. Es ist ja klar, was Tourismus und Gewerbetreibende wollen.“ Mit seinen Forderungen will sich Willeit aber nicht als Verhinderer oder Ewiggestriger abstempeln lassen. „Im Gegenteil“, sagt Willeit, „wir sind sehr progressiv. Wir wollen das erhalten, was das Kapital Südtirols ist.“
Willeit fordert für die Erarbeitung eines neuen Gesetzes unabhängige Fachleute. „Davon hat das Land genug, nur werden sie in vielen Fällen von der Politik gelenkt“, meint der Heimatpfleger aus Gais. Im Grund wäre er sehr dankbar, wenn mit der Resolution die Politik auch nur ein wenig zum Nachdenken gebracht werde.
Das hat Willeit wohl geschafft. Landesrat Michl Laimer ist verärgert. Er hat die Resolution gelesen und fühlt sich persönlich angegriffen. Da die Heimatpfleger ihm vorwerfen, für bestimmte Personen spezielle Regelungen ins bestehende Gesetz eingefügt zu haben, will er Beweise. „Ich verlange“, sagt Laimer erzürnt, „dass sie Ross und Reiter nennen. Sonst ist das eine billige Polemik.“
Der Landesrat kann die Haltung der Heimatpfleger nicht verstehen. Was Laimer auf seinem Schreibtisch noch nicht gefunden hat, sind Vorschläge von Ortner und Co. „Das neue Gesetz wird in Dialektik mit den Verbänden erarbeitet“, erklärt Laimer. Die Heimatpfleger hätten sich bis jetzt nur gegen die alternativen Energien ausgesprochen: Sonne, Wasser, Wind. Und das überrascht Laimer schon sehr. Was die Haltung der Heimatpfleger im Allgemeinen betrifft, hat sich der Landesrat mittlerweile eine klare Meinung gebildet: „Sie stehen für eine museale Politik. Sie wollen den totalen Stillstand und Entwicklung verhindern.“
Die Resolution wurde von über 200 Anwesenden mit nur einer Enthaltung genehmigt. Damit setzt der Heimatpflegeverband ein klares Zeichen. Die Politik scheint es wohl oder übel erkannt zu haben.
Raumordnung: Das neue Gesetz sorgt schon im Vorfeld für Polemiken.
Michl Laimer: „Ich will Beweise.“
Albert Willeit: „Unsere Resolution soll ein Zeichen gegen das neue Gesetz sein.“
Michl Laimer: „Die Heimatpfleger stehen für eine museale Politik. Sie wollen den totalen Stillstand und die Entwicklung verhindern.“

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