Windkraft: „Wir sind nicht erfreut!“ TZ, 080611

Der Anlass: Windkraftanlagen sollen in Südtirol nicht Fuß fassen. Das hat die Landesregierung noch am 21. Februar entschieden. Damals wurde nur eine mögliche Ausnahme, und zwar auf dem Brenner, in Betracht gezogen. Bei diesem Standpunkt blieb es aber nicht lange. In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich die Landesregierung eingehend mit der Errichtung von Windparks beschäftigt und Richtlinien ausgearbeitet. Am 16. Mai hat die Landesregierung dann Voraussetzungen für Windkraftanlagen festgelegt. Eine dieser Voraussetzungen war die Windgeschwindigkeit. Diese wurde an fünf Punkten, und zwar im oberen Vinschgau, auf dem Brenner, in Vals und an zwei Orten im oberen Pustertal, erreicht. Gestern hat die Landesregierung weitere Richtlinien beschlossen. Laut diesen muss an einem Standort im Jahresschnitt der Wind nicht nur mit fünf, sondern mit mindestens sechs Metern pro Sekunde wehen. Die Höhengrenze von 2.500 wurde auf 2.600 Meter Meereshöhe angehoben. Laut Landeshauptmann Luis Durnwalder kämen bei Anwendung der neuen Kriterien nun Standorte in den Gemeinden Brenner, Sarntal, Ritten, Pfitsch, Villanders und auf der Plose, auf dem Jaufenpass und auf dem Watles für die Errichtung von Windparks in Frage. Der Gemeinderat der Gemeinde Brenner hat bereits vor Monaten mehrheitlich das Einverständnis zu den geplanten Windparks auf dem Sattelberg und am Sandjoch gegeben.

Eine Umfrage: Sollte das Thema auf den Tisch kommen, so glaube ich, wird im Gemeinderat eher eine negative Tendenz dazu herrschen.

Franz Locher, Bürgermeister vom Sarntal

Mit der Schaffung der Voraussetzungen durch die Landesregierung könnten die Gemeinden nun etwas unter Druck geraten. Derzeit gibt es in unserer Gemeinde noch keine Anfragen. Es gab aber einige grundsätzliche Anfragen von Privaten vor einigen Jahren. Vor zwei, drei Jahren hat die Umweltagentur im Süden der Gemeinde und auch in Sarnthein Messungen gemacht. Damals wurde festgestellt, dass unsere Gegend eher ungeeignet für Windräder ist, da der Wind sehr unkonstant ist. Es gibt extreme Windgeschwindigkeiten und dann wieder keinen Wind. Sicher gäbe es auf den Bergen oder auf einer Scharte Standorte, wo es eventuelle gute Windgeschwindigkeiten gäbe. Z. B. auf der Villanderer Alm, wo ein Teilstück noch zu Sarntal gehört, oder auf dem Penser Joch. Aber landschaftlich glaube ich, dass Windräder in den Sarntaler Alpen nicht die Lösung wären. Und ich glaube auch, dass die Bevölkerung ablehnend auf eventuelle Windräder reagieren würde.

Paul Lintner,Bürgermeister der Gemeinde Ritten

Bei uns gab es noch keine Anfragen. Ob in der Gemeinde Ritten Windräder rentabel sind, wird sicherlich noch zu prüfen sein. Ich weiß auch nicht, ob unsere Gemeinde dafür geeignet ist, da wir ja ein touristisches Gebiet sind. Mir fällt auch kein Standort ein, der solche Strukturen verträgt. Ich hätte nicht unbedingt Freude an solchen Strukturen. Vor allem in touristisch genutzten Gebieten sind Windräder ein heikles Thema.
Walter Baumgartner, Bürgermeister von Villanders
Es gibt derzeit kein Ansuchen in der Gemeinde Villanders. In den nächsten zwei Monaten wird für das Dorf und für die Alm ein Konzept entwickelt. In diesem Rahmen wird aber auch darüber viel diskutiert werden. Die Meinungen werden sehr weit auseinander gehen. Einerseits ist Windenergie interessant, da damit eine große altnative Energiequelle bestünde, denn Windenergie bringt ein Vielfaches von Photovoltaik. Auf der anderen Seite würde ein Windpark auf der Villanderer Alm, so wie sie vermarktet wird, im krassen Widerspruch dazu stehen. Ich persönlich bin nicht ein absoluter Gegner. Wenn man schon Energieautark sein möchte, dann muss man sich auch mit den negativen Aspekten auseinandersetzen. Bei Standorten wie bei den Platten oder bei Windlahn usw. könnte man Überlegungen anstellen. Diese Position ist kaum einsichtig und daher glaube ich, landschaftlich vertretbar. Hingegen auf dem Hauptkamm wären diese Räder gut sichtbar. Dort wäre es eine enorme Verschantelung der Landschaft.

Elda Letrari, Stadträtin von Brixen

Mir fehlt das Gesamtkonzept. Mir scheint, dass die Kriterien immer wieder abgeändert werden. Generell ist für mich die Windkraft schon in Ordnung. Sie gehört zu den erneuerbaren Energien. Aber ob der Standort auf der Plose ideal ist, ist fraglich. Ich möchte nicht, dass hinter allem nur kommerzielle Gedanken stecken. Denn in diesem Falle wäre mir die Landschaft zu schade. Auch bin ich der Meinung, dass Windenergie wenig bringt. Wir in Brixen setzen auf andere Energieträger.
Sebastian Helfer, Bürgermeister von Ratschings
Ich kann es mir auf unserem Gemeindegebiet nicht gut vorstellen, und ich weiß auch nicht, wie ernst das in nächster Zeit diskutiert wird. Ansuchen oder Gespräche in diese Richtung gab es bislang keine. Es gab mal einen Probelauf. Soweit mir die Richtlinien bezüglich Mindestwindstärke bekannt sind, muss aber der Wind nicht nur mit fünf, sondern mit mindestens sechs Metern pro Sekunde wehen. Diese Kriterien erfüllen wir nicht. Es hat bereits Messungen gegeben. Sollten diese Messungen korrekt gewesen sein, käme auch der Jaufenpass nicht in Frage. Und darüber bin ich als Bürgermeister nicht unglücklich. Sollte das Thema auf den Tisch kommen, so glaube ich, wird im Gemeinderat eher eine negative Tendenz dazu herrschen.

Johann Frei, Bürgermeister von Wiesen-Pfitsch

Wir haben darüber noch nie geredet. Ich habe heute (gestern, Anm. d. Red) früh zum ersten Mal gehört, das Pfitsch auch ins Auge gefasst worden sei und dass auch hier solche Windräder geplant werden könnten. Aber bislang hat sich noch niemand an uns als Gemeinde gewandt. Auch wüsste ich nicht, wo die eventuellen Standorte wären. Ich weiß nur, dass bei Schmuders Richtung Hühnerspiel vor fünf bis sechs Jahren Windmessungen gemacht worden sind. Kleinere Anlagen privater Natur gab es mal früher bei der Grubbergalm für den privaten Gebrauch. Welche Meinung die Gemeindeverwaltung einnehmen würde, weiß ich nicht, weil wir uns darüber noch nicht unterhalten haben. Aber besonders erfreut werden wir natürlich nicht sein, weil wir einiges schon hinter uns haben.
Die Landesregierung hat Kriterien für die Errichtung von Windkraftanlagen festgelegt. Demnach kämen nun Standorte in den Gemeinden Brenner, Sarntal, Ritten, Pfitsch, Villanders und auf Plose, auf dem Jaufenpass und auf dem Watles in Frage. Die Bürgermeister auf die “ Zwangsbeglückung“ nicht erfreut.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.