Reaktion auf die Aussagen der Sextner Dolomiten – AG in der Presse

Reaktion auf die Aussagen der Sextner Dolomiten – AG in der Presse

Die beiden deutschsprachigen Tageszeitungen Südtirols haben am 25.September 2010 in großer Aufmachung den Standpunkt der Skilobby bzw. der „Sextner Dolomiten AG“ zum Ausdruck gebracht und dabei sogar die Hilfestellung eines bekannten Rechtsanwaltes in Anspruch genommen. Um auf die vielen, meist recht diskutablen Argumente der Artikelschreiber einzugehen, bedürfe es wohl den Umfang eines Buches. Wir wollen daher nur so kurz wie möglich das Problem mit Hausverstand darlegen.

Als das Vorhaben der Skilobby zum Bau des so genannten Zusammenschlusses der Rotwandwiesen-Skianlage mit dem Helmgebiet bekannt wurde (in Wirklichkeit geht es ja um die Errichtung neuer Skianlagen), haben wir als Verein die beiden wohl am besten qualifizierten Forst- und Wildbachexperten beauftragt bzw. gebeten, ein diesbezügliches Gutachten über die Auswirkungen dieses Vorhabens der Skilobby zu erstellen. Dipl.Ing. der BOKU in Wien und Dr. der Forstwirtschaft der Uni in Florenz Ernst Watschinger war vierzig Jahre bei der Wildbachverbauung tätig und davor dreißig Jahre Leiter des Sonderbetriebes für Wildbach- und Lawinenverbauung in Bozen und nebenbei ein langjähriger(70 Jahre) Skifahrer und zig Jahre Mitglied der Skipistenkommission der Region Trentino- Südtirol. Er hat wohl alle Projekte der Wildbach- und Lawinenverbauung in Sexten initiiert und meist selbst bearbeitet und weiß deshalb über alle forstlich- hydrogeologischen- und wasserbautechnischen Problemen im Sextner Tal am besten Bescheid. So hat er die erste Lawinenverbauung nach den Schweizer Richtlinien im oberen Einzugsgebiet des Wadlbaches, wo noch 1961 eine Lawine losgebrochen ist und die Ortschaft selbst bedrohte, projektiert und zur Durchführung gebracht. Diese Lawinenverbauung war übrigens die Voraussetzung für die sonnenseitige Skiabfahrt zur Talstation von Sexten. Gleichzeitig mit der technischen Lawinenverbauung hat Ing. Watschinger sicherlich eine der frühesten Hochlagenaufforstungen in Südtirol mit Lärchen, Zirben, Fichten und Latschen auf dem Südhang des Helms in Angriff genommen,  mit welchen im obersten Einzugsgebiet der drei größten Wildbäche Sextens, des Wadlbaches, des Golserbaches und vor allem des Villgraterbaches  die rutsch- und lawinenanfälligen Hänge konsolidiert und die gefährlichen Oberflächenwasserabflüsse bei Hochwasser bestmöglich reduziert werden sollten. Man kann sich deshalb nur darüber wundern, dass der Landeshauptmann Durnwalder, der ja Jahre lang diese Hochlagenaufforstungen genehmigt hat, nun gefährliche, abflussfördernde Skipisten im Villgraterbach sogar trotz des negativen Bescheides des U.V.P.-Beirates und der mahnenden Stimmen von Technikern genehmigt hat.

Von den anderen großzügigen Regulierungsarbeiten des Fischleintalbaches, des Sextnerbaches durch die Ortschaften und der Ausbesserungsarbeiten der noch nach 1882 in Sexten von der Monarchie Österreich durchgeführten Schutzarbeiten will man gar nicht reden.

Dr. Obwegs hat seine Studienkollegen von Wien und Florenz und als Leiter des Forstbezirksamtes in Welsberg und Bruneck überall mit großer Fachkenntnis unterstützt.

Beide haben ein klares negatives Gutachten für den Bau der geplanten Skianlage unterhalb des Stiergartens und des Hahnspiels abgegeben. Daher haben die beiden Forstexperten in erster Linie auf die absolut gefährlich hydrologische Situation des Sextnerbachs hingewiesen und diese mit einer wissenschaftlichen hydrologischen Berechnung nachgewiesen. Dieses wohl wichtigste Argument ist scheinbar nicht einmal dem Landesausschuss aufgefallen und er ist auf dieses auch nicht entsprechend eingegangen. Äußerst bedenklich sind aber auch die Auswirkungen der sogenannten Schafalmskiabfahrt zum Villgraterbach nicht nur durch den zusätzlichen Oberflächenwasserabfluss der Skipiste, sondern auch wegen der vorgesehenen Erdbewegungen in einem wässrigen und rutschanfälligen Gelände. Auch der Bau der Talstationen für den Schafalm- und den Negerdorflift im schmalen Bachgelände des Villgraterbaches ist allein schon wegen der periodischen Helmlawine (1974!) problematisch. Zu dem ist zu befürchten, dass bei einem Hochwasser mit Geschiebe und vor allem mitgeführtem Wildholz eine für den Unterlauf des Wildbaches gefährliche Verklausung im relativ schmalen Bachbett des Villgraterbaches stattfinden könnte.

Auf die ökologischen Folgen der geplanten Skianlagen wurde bereits in vielen Schreiben und Berichten hingewiesen. Der Lebensraum des Birkhuhns, des Auerhahns und insbesondere des  in dieser Gegend noch vorkommende Haselhuhns wird schwerstens beeinträchtigt. Die diesbezüglichen von der Skilobby bzw. der interessierten „Sextner Dolomiten AG“ versprochenen wiedergutmachenden Maßnahmen durch Umsiedelung und Nahrungsbeschaffung sind nach Aussage von Rauhfußexperten geradezu lächerlich und zwecklos. Auch über die gerade in dieser Gegend zahlreich vorhandenen Hochmoore mit ihren teilweise sogar unter Schutz gestellten Pflanzen und Tieren wurde ebenfalls berichtet und auf die Gefahr der Austrocknung durch die Drainagen und anderen Arbeiten hingewiesen. Äußerst bedenklich und nicht wieder gut zu machen,  ist aber die Tatsache, dass dem in Sexten fast einzigen guten Wintereinstand für das Schalenwild,  aber auch für das Rauhfußwild,  nicht allein wegen der Skianlagen, also der Skipisten, Aufstiegsanlagen und Beschneiungsanlagen,  schwerster Schaden zugefügt wird, sondern vor allem durch den keineswegs verhinderbaren Tiefschneefahrersport im freien Gelände außerhalb der Skipisten. Das wird sicherlich der Todesstoß für den Wintereinstand dieser Wildtiere bedeuten.

Die bedenklichste, naturwidrigste und sicherlich auch schädlichste Arbeit des modernen Skipistenbaus ist und bleibt aber die großflächige und tiefgründige Zerstörung des Jahrhundert alten Waldbodens samt dem Wurzelgeflecht mit den vom Projekt vorgesehenen Erdbewegungen von gut 150.000m3. Damit wird das noch einigermaßen in forstlich hydrogeologischer Hinsicht (italienische Version!) befindliche hydrologische und biologische Gleichgewicht ganz empfindlich gestört.

Wie sich diese künstliche Skianlage in einem noch unberührten Hochwald in landschaftlicher und optischer Hinsicht auswirkt, kann sich wohl jeder naturliebende Bürger selbst vorstellen. Weil aber vor allem die touristischen Einrichtungen, wie die Großhoteliere, Tourismusverein, Skilehrer usw., die ja mehr oder weniger alle von der Schönheit der Natur in Sexten leben, von einer wirtschaftlichen Untergangsstimmung geschwätzt haben – sollten diese landschaftszerstörenden Skianlagen nicht zu Stande kommen – , muss einmal deutlich erwidert werden, dass in wirtschaftlicher Hinsicht diese projektierten Skianlagen durch das Ausschalten des wohl schönsten und auch winterlich stark frequentierten Wanderweges in Sexten von Moos bis zur Alpe Nemes sicherlich dem Tourismus mehr Schaden zugefügt als die neue Skianlage mit der Rodelbahn wirtschaftlich einbringen kann.

Abschließend darf noch unterstrichen werden, dass die ganze Vorgangsweise zum Zustandekommen des Projektes zum Bau der Skianlage absolut nicht korrekt und vor allem in nicht transparenter und demokratischer Weise abgewickelt wurde. Statt sich von unabhängigen touristischen Experten und vor allem einheimischen Forstexperten, die das Sextner Gebiet genauestens kennen und auf Grund ihrer Studien und Erfahrungen in technischer und forst-hydrogeologischer Hinsicht erfahren sind, beraten zu lassen, hat man sich einzig und allein auf die interessierte Skilobby und auf völlig unbegründete und keineswegs nachweisbare Aussagen und Behauptungen verlassen.

Für die Gruppe „Für ein lebenswertes Sexten“

Dr. Hans Peter Stauder

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