Hilferuf aus Gsies

Michael Burger, Gsies

Geschätzte Heimatpfleger/innen,
Liebe Naturfreunde,
die Motorsägen haben Hochkonjuktur. Die letzten Wälder in der Dorfebene werden gerodet. Die Bauernlobby setzt die Maßstäbe und fordert die endgültige Abholzung der letzten Bäume. Der einst prächtige Mischwald der sich vom Bachmairhof in St.Magdalena/Gsies, bis nach St.Martin in einen geschlossenen und intakten Waldrandgürtel präsentierte, wird nun gerodet.

St.Magdalena, links von der Pfarrkirche zieht sich das Bachmair-Waldile herunter

Die zuständige Forst-Exekutive meinte dazu: ,,Der Bachmairbauer braucht das Holz so dringend für den neuen Stadelbau und da ist es schon legitim, dass er sein Bauholz optimal und in voller Länge, direkt in unmittelbarer Nähe verwenden darf. Wär ja noch schöner, wenn er sein Bauholz in unwegsamen Gelände hacken müsste, wo wir doch so wenige W… haben…! Also optimales Bauholz, in kürzester Zeit und keine Angst vor Veränderungen, wird alles wieder renaturiert“.
Deshalb wird kurzer Prozess gemacht und mit Brachialgewalt alle Bäume ob ausgewachsen oder nicht, dem Erdboden gleich gesetzt. Der Kahlschlag versetzt dem Dorf einen gravierenden ,,Kinnhacken“mit dem sich die Bevölkerung erst allmählich auseinander setzen muss.Dies wohl unter dem Motto: Nach uns die Sintflut!
Selbstverständlich ist der Eingriff genehmigt; mittlerweile muss die Forst schon aus Systemgründen alles genehmigen.
Der Wald hatte hier eine besonders wichtige Schutzfunktion; beim letzten Hochwasser im Vorjahr hat sich das besonders gezeigt. Ohne den Wald wäre die Katastrophe wohl nicht so glimpflich ausgegangen. Der Wald war ein wesentlicher Identifikations- Merkmal, ein Anhaltspunkt, prägend für das gesamte Dorfbild.
Der Waldgürtel hatte also nicht nur eine wichtige Schutzfunktion, vor allem war er ein beliebter und verkehrssicherer Schulweg, der auch touristisch genutzt wurde, und nicht zuletzt, bot der Wald eine ideale Brennholz – Ablagerungsmöglichkeit für die Anrainer. Die Gsieser Wohnbauzonen sind dermaßen verplant, sodass es nicht einmal für eine eigene Holzhütte reicht.So werden nahgelegene Wälder zweckentfremdet.
Die älteren Menschen fühlen sich zunehmend unwohl, emotionale Kindheitserinnerungen werden durch den Kahlschlag abrupt zerstört.Die raschen und stets unvorhergesehenen Eingriffe sorgen bei der Bevölkerung für Unverständnis und Missmut.
Die Uniformierung der Landschaft schreitet zügellos voran, die Entfremdung unserer schönen Heimat zieht tiefe Furchen, mit denen wir uns nicht mehr identifizieren.Eine zu rasante Veränderung führt zu Identifikationsverlusten, die für Spannungen und Unwohlsein sorgen.
Kahlschlag ist die schlechteste Lösung, deshalb müssen Ausgleichsmaßnahmen eingefordert werden!
Ich appelliere an die Gemeindeverwalter die Fehlentwicklungen zu stoppen und sich für eine Neubepflanzung durch verschiedene Baumsorten, einzusetzen.
Der Wald als solcher muss mit neuen Synergieeffekten genutzt werden; die allgemeine Bedeutung einer Naherholungszone, die auch mit Bäumen, Sitzbänken,Spazierwegen und Ruhezonen ausgestattet sein kann, muss die Grundlage einer zukünftige Entwicklung sein.Der Wald in Dorfnähe muss als öffentlicher Raum wahrgenommen werden;als solcher muss er auch seinen Namen gerecht werden und dementsprechend gepflegt werden.
Noch in diesem Herbst erfolgt dann die nächste Rodung in Pichl wo ein künstlicher Erlebnispark mit Strömungstisch, ein Wasserlabiyrinth, ein Weidendorf und ….? geplant ist, aber das ist eine andere Geschichte.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Burger
011010

Pichl/Gsies Schneider-Waldile

Pichl/Gsies Schneider-Waldile

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