Treue Hände (mani pulite?): Berger im Fadenkreuz, TZ, 260711

TZ, Dienstag, 26. Juli 2011 – Nr. 145

Berger im Fadenkreuz

Die Staatsanwaltschaft Bozen ermittelt gegen Landeshauptmannstellvertreter Hans Berger wegen Amtsmissbrauchs. Im Mittelpunkt stehen ein Blockheizkraftwerk in Sand in Taufers und eine Veroneser Treuhandgesellschaft, über die der SVP-Politiker an dem Werk beteiligt sein soll.
von Christoph Franceschini

Hans Berger will nicht viel sagen. „Ich habe weder einen Ermittlungsbescheid erhalten, noch weiß ich etwas von gerichtlichen Untersuchungen“, sagt der Landeshauptmannstellvertreter. Der leitende Staatsanwalt Guido Rispoli sieht das anders. Er hat Hans Berger in das Ermittlungsregister eingetragen.
Ausgangspunkt der Ermittlungen ist Bergers Heimat Ahrntal. Am 7. September 2010 wurden Beamte der Finanzpolizei in Zivil im Rathaus in Sand in Taufers vorstellig. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bozen beschlagnahmten sie umfangreiches Aktenmaterial. Beschlüsse des Gemeindeausschusses, Baukonzessionen, Sitzungsprotokolle, Ausschreibungsunterlagen. Die Aufmerksamkeit der Beamten galt zwei großen Projekten: dem Hallenbad „Cascade“ sowie den zwölf bereits gebauten beziehungsweise in Bau befindlichen Blockheizkraftwerken (BHKW).
Im Zentrum der Ermittlungen steht dabei von Anfang an der SVP-Bürgermeister von Sand in Taufers, Helmuth Innerbichler. Der stellvertretende Staatsanwalt am Landesgericht, Igor Secco, trägt Ende 2010 den Namen Innerbichler in das Ermittlungsregister ein. Die Ermittlungshypothese: Amtsmissbrauch.
Der Hintergrund: In Sand in Taufers ist ein Energiedeal der besonderen Art über die Bühne gegangen: Die Wärmeproduktion wurde nämlich an Private abgetreten. Anstatt die Fernwärmegesellschaft „Taufer GmbH“, die zu 100 Prozent der Gemeinde Sand gehört, mit der Wärmeproduktion zu beauftragen, wurden in den vergangenen zwei Jahren in Rekordzeit zwölf Blockheizkraftwerke von Privaten genehmigt. Und nicht weniger als acht  BHKW sind im Keller des Firmensitzes der Innerbichler Helmuth GmbH untergebracht, ein neuntes BHKW steht auf einem Grundstück des Bürgermeisters. Er kassiert dafür natürlich eine Pacht.
Die Liste der frischgebackenen Energie-Unternehmer ist exklusiv: Neben dem Bürgermeister hat auch der Sandner Gemeindereferent und Präsident der Fernheizwerkgesellschaft, Meinhard Fuchsbrugger, im Keller von Innerbichlers Firma ein BHKW errichtet. Paradox: Als Private sind  Innerbichler und Fuchsbrugger Verkäufer der Wärme, als Amtspersonen sind sie Käufer. Zu den weiteren Investoren gehören der Brunecker Anwalt und SVP-Grande Dieter Schramm, der Bru necker Immobilienmakler Dietmar Niederkofler, der Schlanderser Immobilienmakler Berhnhard Wellenzohn oder der Gaiser Hotelier Franz Mairhofer.
Die Optik ist schief, zumal die Verteilerleitungen von der Allgemeinheit finanziert und instandgehalten werden, die Gewinne kassieren aber die privaten Unternehmer. Doch nicht nur das. Von Anfang an kursieren inständig Gerüchte, dass auch ein bekannter Landespolitiker an einem der BHKW beteiligt ist. Gemeint ist Hans Berger.
Es geht dabei um das Blockheizkraftwerk der Ciamp GmbH. Im Juni 2010 wird die Ciamp GmbH mit einem Gesellschaftskapital von 10.000 Euro gegründet. Der offizielle Sitz des Unternehmens befindet sich in einem Kondominium in Stern im Gadertal. Es ist eine Briefkastenadresse. Die Ciamp GmbH gehört offiziell einer professionellen Treuhandgesellschaften der Veroneser AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA.
Gleichzeitig wurde in dieser Gesellschaft aber ein lokaler Verwalter eingesetzt. Es ist der Gaiser Hotelier und Unternehmer Franz Mairhofer. Ein enger Freund von Hans Berger.
Im Frühjahr 2011 macht die Ermittlung der Staatsanwaltschaft dann einen Qualitätssprung. Der Freiheitliche Landtagsabgeordneten Thomas Egger macht bei Chefstaatsanwalt Guido Rispoli eine Eingabe, in der es um die Südtiroler Treuhandgesellschaften geht. Darin wird auch die Ciamp GmbH aufgeführt und der Verdacht, dass ein hoher Landespolitiker hinter der Treuhandgesellschaft stecke.
Anfang April 2011 schreibt die „Tageszeitung“ eine Artikelserie über die Treuhandgesellschaften in Südtirol. Dabei spricht der Autor dieser Zeilen auch Hans Berger direkt an, ob er hinter der Veroneser Treuhandgesellschaft stecke. Hans Berger antworte damals höflich mit einer Gegenfrage: „Warum sollte ich?“ Der Landeshauptmannstellvertreter bestätigt seine enge Bekanntschaft mit Franz Mairhofer:  „Es stimmt, er ist seit Jahrzehnten ein guter Freund von mir.“
Die Finanzwache hat inzwischen die Bücher der AF Fiduciaria SPA offenlegen lassen. Nach Informationen  der Staatsanwaltschaft soll Hans Berger der Treuhänder sein, dem die Ciamp GmbH gehöre. Deshalb auch sein Eintrag in das Ermittlungsregister. Gleichzeitig hat die Finanzwache alle Akten im Land angefordert, die es zur Ciamp GmbH gibt. Neben Hans Berger wird gegen weitere drei Personen ermittelt. Darunter gegen Bürgermeister Helmuth Innerbichler.
Hans Berger sieht das Ganze gelassen. „Ich bin zuversichtlich, dass sich das Ganze klären wird, denn ich habe mir wirklich nichts zu Schulden kommen lassen“, sagt der SVP-Landesrat.

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