Treue Hände (mani pulite?) System Rainer Gewinn, TZ, 260811

TZ, Freitag, 26. August 2011 – Nr. 168/19. Jg.

SEL-Direktor Maximilian Rainer war über eine Treuhandgesellschaft an einem privaten Kraftwerk beteiligt. Die Politik tut jetzt unwissend und überrascht. Dabei gibt es auf dem Südtiroler Energiesektor seit Jahren ein Geschäftsmodell,  das sich mit denselben Protagonisten anscheinend wiederholt.

von Christoph Franceschini

Michl Laimer ließ sich lange Zeit. Der Freiheitliche Landtagsabgeordnete Thomas Egger stellte am 8. September 2010 auf der aktuellen Fragestunde des Landtages eine konkrete Frage, die heute von besonderer Brisanz ist. Egger wollte wissen, ob Maximilian Rainer oder sein Bruder Alexander Rainer direkt oder indirekt an Wasserkonzessionen oder an Gesellschaften in der Stromproduk-tion beteiligt sind?
Im Landtag kam die Anfrage nicht zur Sprache und auch Michl Laimer machte keine Anstalten in der vorgeschriebenen Zeit zu antworten. Deshalb protestierte Thomas Egger am 2. November 2010 bei Landtagspräsident Dieter Steger. Wenig später trudelte dann doch noch Michl Laimers Antwort ein.
„Dr. Rainer hat auf Anfrage mitgeteilt, über keine Kraftwerksbeteiligungen zu verfügen“, schrieb Michl Laimer. Und weiter: „Ob der Bruder von Dr. Maximilian Rainer an einem E-Werk beteiligt ist, entzieht sich meiner Kenntnis“.
Michl Laimer wird sich heute, neun Monate später, über diese kurze Antwort ärgern. Denn spätestens nach den Enthüllungen des Wochenmagazins „FF“ und des „Corriere dell’Alto Adige“ ist klar, dass der Energielandesrat reingelegt wurde. Oder sich gerne reinlegen ließ. Denn das System der Beteiligung von Maximilian Rainer und seinem Bruder an Südtiroler Kraftwerken hat eine lange und facettenreiche Tradition. Wobei eines vorausgeschickt werden muss: Illegal oder strafrechtlich relevant dürfte keine der Operationen sein, die der SEL-Direktor und sein Bruder abgewickelt haben. Doch politisch ist das Ganze ein SuperGau, dem sich auch der zuständige Landesrat Michl Laimer durch vorgeschütztes Unwissen kaum entziehen kann.

Verständlich wird das an der Person Maximilian Rainers und seiner Rolle im Südtiroler Energiesektor. Maximilian Rainer ist kein grauer Bürokrat, er ist kein Befehlsempfänger und kein Mitläufer. Der heute 50-jährige Wipptaler Doktor der Bodenkultur mit einer Spezialisierung im Fach Wasserkraft ist ein Protagonist. Rainer setzt nicht nur die Energiepolitik des Landes um, er macht sie auch zum größten Teil. Weit mehr als SEL-Präsident Klaus Stocker und auch mehr als der zuständige Landesrat Michl Laimer.
Mit Michl Laimer verbindet Rainer eine enge persönliche Beziehung. War Rainer doch fast ein Jahrzehnt lang Ressortdirektor des Landesrates. Es war auch Laimer, der Rainer dann zum SEL-Chef machte. Maximilian Rainer hat in Laimer bis heute seinen absoluten, politischen Rückhalt.
Maximilian Rainer selbst ist ein Workaholic, der in seiner Arbeit aufgeht. Er hat nicht nur das technische Wissen sondern auch die Fähigkeiten im Management, die es zur Führung eines Multis braucht, wie es die SEL-Holding inzwischen ist. Er gilt als harter und zäher Verhandler, der bei allen großen Energiedeals der letzten Jahre eine entscheidende Hauptrolle gespielt hat, ohne seine Verdienste dabei groß heraushängen zu lassen.
Verkürzt kann man Maximilian Rainer als sehr geschäftstüchtig bezeichnen. Doch er ist das nicht nur in seiner Rolle als SEL-Direktor sondern durchaus auch in privater und eigener Sache. Denn das ist die andere Konstante im Berufsleben des Maximilian Rainer. Er hat das berufliche Engagement und seine privatwirtschaftliche Tätigkeit von Anfang an parallel entfaltet. Das Konzept eines möglichen Interessenkonflikts scheint es im Weltbild des Wipptaler Managers dabei kaum zu geben.
Das mag auch daran liegen, dass Maximilian Rainer mit Michl Laimer einen politischen Dienstherrn hatte und hat, der an diesem Geschäftsmodell anfänglich sogar offiziell selbst partizipiert hat.

Am 23. November 2000 wurde in einer bekannten Bozner Notarkanzlei die „Mega Srl“ gegründet. Die Gesellschaft mit einem Gesellschaftszweck im Energiebereich hat ein Kapital von 12.000 Euro. Der offizielle Sitz der „Mega Srl“ befindet sich in Mailand, wo auch einer der Gesellschafter lebt. Giuseppe Angiolini ist einer der bekanntesten Berater auf dem Energiesektor und er wird als SEL-Berater Jahre später auch eine wichtige Rolle im Deal um die großen Südtiroler Kraftwerke spielen.
Angiolini hält 20 Prozent an der „Mega Srl“. Die anderen 80 Prozent halten zwei prominente Südtiroler. 40 Prozent Maximilian Rainer und 40 Prozent Michl Laimer. Laimer ist damals bereits Energielandesrat und Rainer zu diesem Zeitpunkt sein Ressortdirektor und SEL-Direktor in der Personalunion. Am 19. Februar 2002 stellt die Gesellschaft einen Antrag auf Liquidierung und am 1. Dezember 2003 auf Streichung aus dem Handelsregister. Am 5. März 2004 wird die „Mega Srl“ offiziell gestrichen.
Spricht man Michl Laimer auf diese Vorgeschichte an, wird er schon mal ungehalten. „Das ist eine alte Geschichte, das Unternehmen sollte außerhalb Südtirol tätig werden und wurde nach kurzer Zeit, bevor es seine Tätigkeit aufgenommen hat, wieder aufgelöst“, sagt der SVP-Politiker. Der Versuch eines gemeinsamen privatwirtschaftlichen Engagements dürfte aber das Verhältnis zwischen Michl Laimer und Maximilian Rainer auch in Hinblick auf die Vorgänge in den Jahren danach verständlicher machen.

Am 3. März 2001 wird in Bozen in der Weitraubengasse 50 die „Müller Energie GmbH“ gegründet. Gründer und Gesellschafter sind die zwei Wirtschaftsberater Paul Schweitzer und Günther Molling. Ein Jahr später, am 26. März 2002, verkaufen die beiden Gesellschafter ihre Anteile an den damaligen Pfitscher SVP-Vizebürgermeister Peter Delueg (40 Prozent), an Josef Mair (20 Prozent) und an Laimers Ressortdirektor und SEL-Direktor Maximilian Rainer (40 Prozent).
Am 1. Juni 2002 wechselte Maximilian Rainer vom Laimer-Ressort hauptberuflich in die „SEL Ag“ als Direktor. Ähnlich wie bei der „Mega Srl“ dürfte das private Engagement jetzt Rainer zu brisant geworden sein. So ist es erklärbar, dass Maximilian Rainer am 25. November 2002 seine Anteile an seinen Bruder Alexander Rainer abgibt. Nachdem die Gemeinde Pfitsch mit 15 Prozent in diese Gesellschaft einsteigt, hält Alexander Rainer heute 34 Prozent an dem Unternehmen.
Am 14. Juli 2004 erhält die „Müller Energie GmbH“ vom Land die Konzession für die Wasserableitung aus dem Großbergbach. Zwei Jahre später geht das Kraftwerk dort in Betrieb. Laut „FF“ hat die „Müller Energie GmbH“ allein in den vergangenen vier Jahren zwei Millionen Euro Gewinn gemacht.

Im Oktober 2009 enthüllte die „Tageszeitung“ (TZ 206/09) die Hintergründe eines weiteren Stromdeals. Es geht um ein Kleinkraftwerk in Franzensfeste. Und auch hier spielt Maximilian Rainer eine Rolle.
Das Kraftwerk in Mittewald gehörte ursprünglich der Familie von Pretz. Anfang der Neunzigerjahre erwarb die österreich-italienische Firma „Parcheggi Italia SPA“ das veraltete und sanierungsbedürftige Werk. 1999 suchte der Besitzer um eine Erneuerung und Erweiterung des gesamten Werkes an. Das Projekt wurde von der Amtsdirektorenkonferenz des Landes aber abgelehnt.
2005 will der Besitzer das Kraftwerk verkaufen. Er schreibt dazu die „SEL AG“ an. Diese meldet auch Interesse an. Es ist SEL-Direktor Maximilian Rainer, der persönlich die Kaufverhandlungen führt. Die SEL lässt über ein Gutachten das Werk auch schätzen. Doch als es zum Vertragsabschluss kommen soll, winkt Rainer plötzlich ab. „Der Verwaltungsrat der SEL AG war der Meinung, dass das Werk zu teuer sei“, begründet Maximilian Rainer gegenüber der „Tageszeitung“ den Meinungsumschwung.
Maximilian Rainer aber zaubert umgehend einen neuen Käufer aus dem Hut. Es ist die „Stein an Stein Natur- und Systemverlegungen GmbH“ mit Sitz am Opernring 9 in Wien. Es handelt sich dabei um eine Firma, die auf die Verlegung von Pflastersteinen und Platten spezialisiert ist. Die Wiener Pflas-terfirma gehört zu 100 Prozent der Diplomingenieurin Petra Windt. Der Zufall will es, dass Windt, die auch Geschäftsführerin des Unternehmens ist, eine alte Bekannte von SEL-Direktor Maximilian Rainer ist. Beide haben zusammen an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien in den Achtzigerjahren Kulturtechnik und Wasserwirtschaft studiert. „Es stimmt, wir kennen uns vom Studium her“, bestätigte Maximilian Rainer vor knapp zwei Jahren. Vom Kraftwerkskauf seiner Studienkollegin in Südtirol hat Rainer – laut eigener Darstellung – aber vorab nichts gewusst.
Doch der Zufall ist noch gnädiger. Zum Kraftwerkskauf gründet Petra Wind die „Stein an Stein Italia GmbH“ in Bozen. Das Unternehmen hat seinen Sitz an einer bekannten Adresse: In der Weintraubengasse 50. Es ist das Wirtschaftsberater Büro „Prast, Crazzolara, Schweitzer“. Die renommierten Wirtschaftsberater sind offiziell auch Berater der „SEL AG“. Die beiden Partner Schweitzer und Molling waren es auch, die fünf Jahre zuvor die „Müller Energie GmbH“ gegründet und an Maximilian Rainer verkauft hatten.
Die Besitzer auf dem Papier, Petra Windt, behält das Kraftwerk in Mittewald nicht lange alleine. Denn ein halbes Jahr nach dem Kauf steigt ein neuer Partner ein. Am 10. Juli 2007 wird in Innsbruck die „EVB Energie Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH“ gegründet. Die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 35.000 Euro hat als Inhaber und Geschäftsführer den Lienzer Wirtschaftsberater Martin Kofler. Kofler war zwischen 1998 und 2004 nicht nur ÖVP-Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Heinfels, er ist in Lienz als Wirtschafts- und Steuerberater tätig und Partner in einer internationalen „Treuhand GmbH“.
Die „EVB Energie Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH“  mit Sitz in Koflers Büro erwirbt am 31. August 2007 30 Prozent der „Stein an Stein Italia Gmbh“. Damit gehört knapp ein Drittel des Mittewalder Kraftwerkes einem Wirtschaftstreuhänder in Osttirol. Oberstaatsanwalt Guido Rispoli will jetzt über ein Rechtshilfeansuchen ermitteln, wer der Treugeber in diesem Fall ist.

Seit gestern ist klar, dass die Familie Rainer zum selben Zeitpunkt in ein anderes Energieprojekt eingestiegen ist. Fündig wurde die Finanzwache am Lungadige Bartolomeo Rubele 16 in Verona. Dort, am Sitz der Treuhandgesellschaft „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“, wurden auf Antrag von Chefstaatsanwalt Guido Rispoli zwei Treugeber offengelegt.
Einer ist Hans Berger, dem über die „Ciamp GmbH“ ein Blockheizkraftwerk in Sand in Taufers gehört. Und der zweite ist Maximilian Rainer bzw. sein Bruder Alexander. Die – wie „FF“ und „Corriere“ gestern enthüllten – die Treugeber für die Beteiligung an der „Burgumer Energie GmbH“ sind.
Die „Burgumer Energie GmbH“ wird am 28. September 2005 gegründet. Es ist eine weitere Gesellschaft aus dem Pfitscher Tal, die dort ein Kraftwerk bauen will. Dabei geht es diesmal, wie es der Name bereits sagt, um den Burgumerbach.
Die „Burgumer Energie GmbH“ hat ein Gesellschaftskapital von 20.000 Euro und ist ursprünglich ein Familienunternehmen. Benno Hofer hält 42 Prozent, Hans Heinz Hofer 15 Prozent und Greti Hofer 43 Prozent. Greti Hofer ist zudem die Ehefrau von Josef Mair, der mit Maximilian Rainer Gesellschafter in der „Müller Energie Gmbh“ ist.
Im Oktober 2006 erhält die „Burgumer Energie GmbH“ von der Landesregierung eine Konzession. Im Juli 2007 stellt die Gemeinde Pfitsch die Baukonzession für das Kraftwerk aus. 2009 wird der Bau fertiggestellt. Offiziell beginnt das Unternehmen am 4. Oktober 2009 mit der Erzeugung von Energie. Mit dem Start dieser Tätigkeit beginnt auch die Kasse zu klingeln. Der Zufall will es, dass ein halbes Jahr zuvor sich auch die Besitzverhältnisse in der Gesellschaft ändern. Während Greti und Hans Heinz Hofer ihre Anteile halten, fährt Benno Hofer seine Anteile von 42 auf 15 Prozent zurück.
Die restlichen 27 Prozent kauft am 6. April 2009 die „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“ aus Verona. Treugeber ist zu diesem Zeitpunkt SEL-Direktor Maximilian Rainer. Rainer kauft die Beteiligung zum Nominalwert um 5.400 Euro. Allein 2008 und 2009 erwirtschaftete das Kraftwerk aber einen Gewinn von knapp 850.000 Euro.
Damit muss man sich die Frage stellen, warum Benno Hofer den Kraftwerksanteil dem SEL-Direktor beinahe geschenkt hat?
Maximilian Rainer gab auch hier seine Beteiligung an seinen Bruder weiter. Bereits am 4. Juni 2009 übernimmt die Treuhandanteile offiziell Alexander Rainer.

Vor diesem Hintergrund haben weder Maximilian Rainer, noch Landesrat Michl Laimer 15 Monate später im Landtag gelogen. Sie haben nur nicht die ganze Wahrheit gesagt.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten auf Treue Hände (mani pulite?) System Rainer Gewinn, TZ, 260811

  1. Fliri Christian sagt:

    Alle reden von Italienischer Mafia!!…..und was ist mit Südtiroler Mafia??…

  2. Kofler sagt:

    Rainer ist nicht „Doktor“ der Bodentechnik, er ist Mag. oder Dipl. Ing. der Bodentechnik.