Treue Hände (mani pulite?): Die Märchenstunde

TZ, 30. August 2011
Maximilian Rainer, sein  Anwalt und auch der Präsident der „SEL AG“ Klaus Stocker rechtfertigen die versteckte Beteiligung am Kraftwerk Burgum damit, dass es sich um ein „Kleinstkraftwerk“ handelt. Genau das aber stimmt nicht.
von Christoph Franceschini

Geschichten, die gut klingen, aber nicht unbedingt der Realität entspringen, nennt man im Volksmund allgemein Märchen. Eine Eigenschaft dieses Genres ist es auch, dass der Erfolg eines Märchens steigt, je öfter es erzählt wird.
Dieses Bild bietet sich derzeit, wenn es um die verdeckte Beteiligung geht, die SEL-Direktor Maximilian Rainer im Jahr 2009 zeitweilig an der „Burgumer Energie GmbH“ gehalten und sie dann seinem Bruder abgegeben hat.
SEL-Präsident Klaus Stocker erklärte nach den Enthüllungen zwar, von seinem Direktor und Angestellten nicht über die verdeckte Beteiligung in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dennoch verteidigt Stocker Rainers Vorgehen. In einer Presse-aussendung heißt es: „In Bezug auf die in den Medien geführte Kampagne gegen den Direktor der SEL AG, Maximilian Rainer, wird festgestellt, dass (…) die SEL seit ihrem Bestehen zu Kleinstkraftwerken, von denen es in Südtirol über 800 gibt, keinerlei geschäftliche Kontakte unterhält oder Beteiligungen innehat, so dass im Verhältnis zur SEL kein Interessenskonflikt besteht.“
Genau dieselbe Argumentationslinie findet sich dann auch in der dreiseitigen Stellungnahme, die Rainers Anwälte Gerhard Brandstätter und Andreas Widmann in den vergangenen Tagen den Medien zukommen ließen. In der Stellungnahme, in der sich Maximilian Rainer gegen die „unkorrekte und tendenziöse Darstellung von Vorgängen aus seiner geschäftlichen Privatsphäre verwahrt“, findet sich derselbe Satz wieder: „Die SEL unterhält zu Kleinstkraftwerken, von denen es in Südtirol über 800 gibt, keinerlei geschäftliche Kontakte und hält auch keine Beteiligungen, so dass im Verhältnis zur SEL kein Interessenskonflikt besteht.“
Auch Maximilian Rainer spricht im Interview mit der Tageszeitung (TZ 169/11) von einem „Kleinstkraftwerk“ und versucht das Ganze in einen bildlichen Vergleich zu kleiden: „Wenn ein Rennfahrer, der Formel 1 fährt, nebenbei privat ein Go-Kart-Rennen bestreitet. Ja ist das verboten? Das kann es doch nicht sein.“
Das Pech: Alle Genannten sind Fachleute auf dem Energiesektor und sie wissen deshalb nur zu gut, dass ihr Gerede vom angeblichen „Kleinstkraftwerk“ so nicht stimmt.
Das Landesamt für Stromversorgung hat im Sommer 2009 eine Broschüre mit dem Titel „Wasserkraftwerke“ herausgegeben. In dem Heft sind alle Konzessionen und Wasserkraftwerke in Südtirol detailliert mit allen Daten angeführt. Im Vorwort der Broschüre schreibt Energielandesrat Michl Laimer: „Die vorliegende Broschüre wird buchstäblich Licht ins Dunkel bringen“. Ein Satz, den man jetzt durchaus auf den Fall Maximilian Rainer ummünzen kann.
In der amtlichen Darstellung werden 784 Kleinkraftwerke in Südtirol angeführt. Es sind Kraftwerke mit einer Nennleistung unter 220 KW. Darunter gibt es wirklich Hunderte von Kleinstkraftwerken. Es sind jene, die eine Nennleistung unter 10 KW haben. Das Gegenstück dazu sind die 30 Großkraftwerke. Es sind die großen Wasserableitungen der SEL AG, der Etschwerke, der „Hydros AG“, der SEL-Edison oder der „SELHydropower“. Ihre Nennleis-tung geht weit über 3.000 KW.
Dazwischen aber gibt es eine weitere Kategorie. Jene der mittelgroßen Kraftwerke mit einer Nennleistung zwischen 220 und 3.000 KW. Genau 116 solcher mittelgroßen Kraftwerke gibt es in Südtirol. Darunter reiht das Amt für Stromversorgung auch jene zwei Kraftwerke in Pfitsch, an denen Maximilian Rainer beteiligt war und dann die Beteiligung an seinen Bruder Alexander Rainer abgetreten hat. Also die angeblichen „Kleinstkraftwerke“.
Das Kraftwerk der „Burgumer
Energie Gmbh“ hat eine amtliche Nennleistung von 442,83 KW und jenes der „Müller Energie GmbH“ von 648,92 KW. „Von Kleinkraftwerken kann hier keine Rede sein“, sagt dann auch ein unabhängiger Südtiroler Energiefachmann.
Wie klein die beiden Kraftwerke tatsächlich sind, zeigt auch eine einfache Ertragsrechnung. Der staatliche Stromverteiler GSE vergibt an Kraftwerken mit einer Nennleis-tung unter 1.000 KW eine Art Sondertarif. Er übernimmt den Strom für 15 Jahre zu einem Fixpreis, der höher liegt, als ein Kraftwerk samt Grünzertifikaten am freien Strommarkt erzielen kann. Mit Grünzertifikaten kommt ein Kraftwerksbetreiber auf 15,5 Cent pro Kilowattstunde. Mit diesem einheitlichen Tarif der GSE aber auf 22 Cent pro Kilowattstunde. Die beiden Kraftwerke der „Burgumer Energie Gmbh“ und der „Müller Energie GmbH“ produzieren im Jahr rund 7,5 Millionen Kilowattstunden. Das heißt, dass sie im Stromverkauf jährlich 1.650.000 Euro umsetzt.
503.250 Euro davon fließen jährlich in die Beteiligungen, die Maximi-lian Rainer gekauft und wenige Monate später an seinen Bruder weitergegeben hat.
Denn zu Märchen gehört auch, dass sie für die Beteiligten am Ende gut ausgehen.

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