TZ, Dienstag, 31. Jänner 2012
Dass gespart werden muss, das hören wir ja tagtäglich. Die Beamten der Blut-und-Tränen-Regierung des vorzüglichen Mario Monti streichen und kürzen, wo sie können, und so war es zu erwarten, dass auch die Zuwendungen für die Presse Opfer dieser Kürzungen werden würden. In der Tat hatte schon die Regierung Berlusconi den Rotstift angesetzt, Monti hat eigentlich nur bestätigt, dass die Beiträge für die Minderheitenzeitungen graduell gekürzt und dann 2014 ganz gestrichen werden. „Nun wird der Geldhahn zugedreht, für einige geht es ums Überleben“, schrieb die stolze Wochenzeitung nicht ohne Schadenfreude, denn die litt schon immer unter dem Neidkomplex, dass die „Tageszeitung“, die blöde, auch noch Geld vom Staat kriegt, während sie, die Hüter der Pressefreiheit, leer ausgingen. Ich weiß nicht, wie oft uns das vorgeworfen wurde, wie oft uns vorgerechnet wurde, wieviel wir erhalten (im Anti-„Tageszeitung“-Eifer wurden die „Dolomiten“ fast vergessen). „Ohne die Subventionen würde die gar nicht existieren“, wurde immer gegiftet und mit großer moralischer Entrüstung angeklagt. Freilich, der „ff“ ging es dabei nicht um die Abschaffung aller Zuwendungen, wie es sich für ein wirtschaftsliberales Blatt ziemte, nein. Sie wollten auch an den Futtertrog, der aber, was die Minderheitenpresse betrifft, nur den Tageszeitungen vorbehalten war. Nun ist aber Schluss mit lustig, 2014 kommt aus Rom nichts mehr, und die „ff“ hat uns auch schon vorgerechnet, dass wir ohne den staatlichen Beitrag von 866.572 Euro (2010) ein Minus von 714.481 Euro schreiben, also wohl zusperren müssen.
Geht die „Tageszeitung“ also ein? Freilich herrscht in der Redaktion berechtigte Sorge. Aber, sagte unser Herr Eigentümer, Christoph Lentsch: „Wir werden schon überleben. Wir werden uns als Redaktion dieser neuen Herausforderung zu stellen haben, wir werden uns ihr stellen, es ist ganz nebenbei nicht die erste, wir haben diese Zeitung jahrelang in einem Ausnahmezustand produziert, wir haben immer gespart, nach einem Prinzip der Selbstausbeutung, weil wir alle an dieses Unternehmen geglaubt haben und heute umso mehr daran glauben, weil wir die Früchte unserer Arbeit sehen. Es geht aufwärts, wir verkaufen nicht schlecht, die „Tageszeitung“ gehört heute dazu, niemand möchte sie missen, auch wer uns ausgelacht und verhöhnt hat, muss zur Kenntnis nehmen, dass wir es geschafft haben. Wir haben uns vom fast klandestinen Blättchen zur etwas anderen Tageszeitung gemausert, die aufdeckt, aufklärt, erzählt, unterhält, bildet. Nun wird eine neue Phase beginnen, und wir müssen uns bemühen, den fehlenden Beitrag mit der Erschließung neuer Leserschichten auszugleichen. Wir können nur überleben, wenn wir neue Leser gewinnen, neue Abonnenten, neue Werbekunden, um die wir uns verstärkt kümmern müssen. Das müssen wir erst lernen. Man darf nicht vergessen, dass wir bisher keinen Euro für Eigenwerbung ausgegeben haben, dass wir die Position, die wir auf dem Medienmarkt innehaben, die Sichtbarkeit der Zeitung allein durch unsere Art und Inhalte erworben haben. Wir müssen da von den „Dolomiten“ lernen, die sich sehr intensiv um ihre Kundschaft bemüht. Wir müssen die vielen Trittbrettleser dazu bringen, dass sie die Tageszeitung täglich kaufen, anstatt sie in der Bar zu lesen, wir müssen die Bindung an die Leser festigen, wir müssen so weit kommen, dass sich die Leser mit der „Tageszeitung“ so identifizieren, dass sie sie kaufen, dass sie sie haben wollen. Und dass Sie, geneigte Leser, das auch deshalb tun, weil Sie überzeugt sind, dass ohne Ihre Hilfe, ohne Ihre tägliche Unterstützung das Unternehmen „Tageszeitung“, das dem Land einen großen Demokratieschub beschert hat, einen Hauch Liberalität, eine Brise Frechheit, den Blick hinter die Kulissen wirklich nicht überleben kann.