Laimers Manifest: Langer Schatten

Tageszeitung, 28/29.04.2012
von Hannes Senfter

Wie wird sich Südtirol in den nächsten Jahren entwickeln? Landesrat Michl Laimer hat revolutionäre Vorstellungen. Er predigt ein Umdenken in allen Bereichen. Als ,,Manifest“ sollen diese Leitlinien im Herbst Gesetz werden. Seit wann er so denkt, weiß er nicht mehr genau. Seit einiger Zeit ist Landesrat Michl Laimer der Inbegriff der Südtiroler Nachhaltigkeit. Es gibt wahrscheinlich überhaupt keine Projekte mehr, die in seinem Ressort nichts mit dem geflügelten Wort zu tun haben. Vor Ende seiner Amtszeit will er noch den neuen Landesentwicklungs – und Raumordnungsplan LEROP beschließen. Er ist die Grundlage für die Entwicklung Südtirols in jeglicher Hinsicht. In Laimers neuer Sprache nennt es sich ,,Manifest für Südtirol“.

Am vergangenen Montag hätte das Dokument in der Landesregierung diskutiert werden sollen. Doch zum Schluss wurde alles noch einmal verschoben. Nicht aus inhaltlichen Gründen, versicherte Landesrat Laimer. Trotzdem fragen sich schon viele, was dieses ,,Manifest“ wohl sei. Laimer selbst beginnt zu strahlen, wenn er darüber reden kann. Dieses Dokument sieht er als eine Art Vermächtnis für die Zeit, wenn er nicht mehr Landesrat für Raumordnung und Umwelt sein wird. Das hat für ihn nichts mit den Ermittlungen rund um die Causa Laimer – Frasnelli zu tun. Er muss 2013 wegen Mandatsbeschränkung sein Amt als Landesrat so oder so abgeben. Und darum will er jetzt den Rahmen für die Südtiroler Entwicklung schaffen, die  ihm ein besonders wichtiges Anliegen ist.

Hört man ihn reden, so könnte er ein Umweltaktivist sein. Sprachlich benutzt er die Begriffe, die  von Alexander Langers Weltsicht stammen. Und er nimmt auch Bezug auf ihn. ,,Überall besinnt man sich wieder der Werte: langsamer, weniger, besser und schöner“, erzählt Laimer. Wahrscheinlich war das der Grund, dass sein ,,Manifest“ ganz anders aufgebaut ist, als es der LEROP von 1995 noch war. Laimer setzt nämlich bewusst wenige und andere Grundsätze als noch vor 17 Jahren: ,,Es geht mir um eine tiefere und ganzheitliche Sichtweise, da alles in einer Vernetzung zueinander steht. Wir müssen einfach weg von ‚ größer, schneller, weiter‘ .“

Sein neues Denkmodell heißt: Grenzen und Hindernisse müssen erkannt werden, die man nicht überbrücken kann. Laimer:,, Das Erkennen dieser Grenzen ist der wahre Ausdruck von Qualität.“ Was heißt das nun konkret? Er nimmt das Beispiel Gröden her. Im Tal sei die Grenze für weitere Baumaßnahmen erreicht. Alles, was jetzt noch dazukommt, verschlechtert die Qualität“, erklärt er. Mit seinem ,, Manifest“ sollen nun neue Grenzen gezogen werden. Ob das in der Bautätigkeit oder in der zukünftigen Verkehrsentwicklung ist. Laimer verlangt ein nachhaltiges Denken, um die Grenzen des Lebensraumes und der begrenzten Ressourcen Natur zu erkennen. Als neues Grundlagengesetz soll dieses ,,Manifest“ zukünftig die Orientierung für alle weiteren Entwicklungen in Südtirol sein.

Ob solche revolutionäre Gedanken nicht den wirtschaftlichen Bestrebungen im Weg stehen? Kann schon sein, meint Laimer. Was für Laimer zählt, ist der Rückhalt in der SVP. Und dort wurde das ,,Manifest“ einstimmig abgesegnet. Im Herbst folgt die Diskussion im Landtag. Dort soll es dann zum Gesetz gemacht werden.

Und was ist mit den bisherigen Entwicklungen in Südtirol? Das und auch die schwammigen Formulierungen kritisieren die beiden Grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss und Riccardo dello Sbarba. Sie halten die ganze Sache vielmehr für eine Abschiedsrede als für ein ,,Manifest“. Vor allem kritisieren sie den plötzlichen Sinneswandel von Laimer vom Betonierer zum Umweltaktivisten. ,,In  20 Jahren als Landesrat für Umwelt ist so viel gebaut, so viel Grün zerstört, sind so viele Straßen, Skipisten und Aufstiegsanlagen gebaut worden wie nie zuvor“, stellt Dello Sbarba fest, ,, darum ist das ,,Manifest“ ein nicht ernst zu nehmendes Ablenkungsmanöver, da er schon längst hätte zurüchtreten sollen“.

Auf die Frage, was Laimer zu seinem neuen Denken bewogen habe, erinnert er sich an einen Fernesehabend mit seinem Sohn. Sie hatten einen Bericht über die Abholzung des Regenwaldes gesehen. Warum das geschah, wollte der Kleine wissen. ,, Ich konnte ihm keine Antwort geben“, sagt Laimer, ,,Kinder haben noch eine ganz andere Sichtweise auf die Umwelt. Und genau diese Wahrnehmung haben wir Erwachsene verlernt.“

 

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Eine Antwort auf Laimers Manifest: Langer Schatten

  1. forum sagt:

    PM Grüne Landtagsfraktion, 24.04.2012

    Das vom LR Laimer vorgestellte „Manifest“ am Ende seiner Amtszeit ist mehr eine Abschiedserklärung als ein politisches Programm. Es ist eine schwache Nachahmung von Grünen Grunzätzen, wobei die Kopie wie immer viel schlechter als das Original ist.

    Dieses Dokument ist sehr vage und dient vor allem den Zweck, einen kritischen Rückblick auf die zwanzigjährigen Verwaltungstätigkeit von LR Laimer und seiner Landesregierung zu vermeiden.

    In diesen 20 Jahren, in denen Laimer die Ressorts Energie, Urbanistik und Umwelt geführt hat, ist so viel gebaut worden, ist so viel Grün zerstört worden, sind so viele Strassen asphaltiert worden, wie niemals zuvor. Es sind unzählige Aufstiegsanlagen und Skipisten neu errichtet und dabei großflächig Wälder abgeholzt worden. Im Tourismussektor gab es massenweise Kubaturgeschenke und Bettenaufstockungen, Gewerbe – und Handelszonen schießen wie Pilze aus dem Boden und werden so zu Spekulationsobjekten. Der Energieverbrauch ist von Jahr zu Jahr gestiegen – wie der Landesrat und seine Getreuen (allen voran Maximilian Rainer) den Bereich Energie verwaltet haben, wurde uns durch den SEL Skandal aufgezeigt.

    Die Aussagen Laimers über die Mitbestimmung sind unglaubwürdig, kommen sie doch wenige Tage nachdem er und seine Partei den 12.600 BürgerInnen, die den Gesetzentwurf der Initiative für mehr Demokratie unterstützt haben, die Tür vor der Nase zugeschlagen haben und nachdem im Landtag für ein Gesetzesentwurf gestimmt wurde, der die Direkte Demokratie im Lande verhindert.

    In diesem Sinne ist das Manifest von Laimer (das auch in der offiziellen Presseaussendung im Anschluss an die Sitzung der Landesregierung nicht zur Sprache kam) ein nicht ernst zu nehmendes Ablenkungsmanöver eines Menschen, der – auf Grund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – schon lange hätte zurücktreten sollen, und der in einem Monat nicht mehr in der Landesregierung sitzen wird.

    Riccardo Dello Sbarba
    Hans Heiss