Gsies und der Umsetzer: Der Ernstfall

Neue Südtiroler Tageszeitung, 10. Mai 2012
von Silke Hinterwaldner

Im Februar hatte sich in Gsies eine große Mehrheit gegen einen neuen Mobilfunkumsetzer ausgesprochen. Aber einem im Dorf ist das egal: Ihm ist das Geld mehr wert als die Anerkennung. Warum der Umsetzer trotzdem nicht errichtet werden soll.

Sie hat selbst dagegen gestimmt. Damals, vor drei Monaten, als die Gsieser ihre Meinung zu einem neuen Telefonumsetzer sagen durften. Genannte Dame will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, aber was sie zu sagen hat, dürfte viele im Tal aufatmen lassen.,, Ich lasse den Umsetzer bestimmt nicht aufstellen“, erklärte sie vehement.In Erklärungsnot gebracht hat sie ihr Bruder, der ein Haus neben der alten Hofstelle besitzt. Er wird von Gsies wegziehen und er braucht Geld. Kurzum: Der Bruder möchte den Umsetzer auf dem Hof aufstellen lassen, um jährlich eine Pacht von rund 10.000 Euro zu kassieren. Dass er damit sehr viele Gsieser gegen sich aufbringen würde, scheint ihm nicht viel auszumachen. Bereits vor einigen Wochen hat er den Bürgermeister der Gemeinde in einer E- Mail über seine Pläne informiert. ,,Wir gehen davon aus“, sagt Paul Schwingshackl gestern, ,, dass kein Umsetzer auf besagtem Hof errichtet wird. Es gibt in diesem Fall sehr viele Hürden“. Zum Glück. Denn alles andere wäre ein Affront jener großen Mehrheit in St.Magdalena und in St.Martin gegenüber, die im Februar gegen die Errichtung eines neuen Umsetzers gestimmt hatten.

Freilich war damals schon klar, dass jeder Haus – und Grundbesitzer mit der Telefongesellschaft in Verbindung treten kann. Die Gemeindeverwaltung kann das nicht verbieten. Aber Gsies hatte  gehofft, dass es so schnell nicht passieren würde. In der Zwischenzeit wollte man das Breitbandnetz soweit ausbauen, dass für einen guten Empfang von Handy im gesamten Gebiet gesorgt sei. Aber das dauert. Es kann immer wieder jemand sein Hausdach oder seinen Wald als Standort für einen Umsetzer anbieten. Die Mobilfunkgesellschaft würde es ihm mit einer satten Entlohnung danken. ,,Das Geld würden viele gut gebrauchen können“, sagt der Bürgermeister. Er kann nur an die Vernunft seiner Schäfchen appellieren, sie nicht verleiten zu lassen. Zum Wohle der Dorfgemeinschaften. Der Verstoß dieses Einen hat in Gsies gezeigt, wie verlockend der Duft des Geldes ist. Aber seine Schwester, die Jungbäuerin, will auch in Zukunft ruhigen Gewissens ins Dorf gehen können. Ohne von den Mitbürgern als Verräterin angesehen zu werden, weil auf ihrem Hof der ungeliebte Umsetzer steht. ,, Gerade eben“, sagt sie, ,, habe ich meinem Bruder klipp und klar gesagt, dass ein Umsetzer auf unserem Hof nicht in Frage kommt“.

Die Abstimmung: Am 26. Februar dieses Jahres haben die Gsieser ein klares Votum abgegeben: 63 Prozent der Einwohner wollen keinen neuen Umsetzer, auch wenn Handy oder Internet nicht immer ganz einwandfrei funktionieren. Dabei sind zwei Aspekte überraschend: Zum einen das große Interesse an diesem Thema; Gsies hatte kein Problem mit dem Beteiligungsquorum – obwohl die Wahllokale nur bis Sonntag um 14.00 Uhr geöffnet hielten. 61 Prozent der Wahlberechtigten in St. Magdalena und in St.Martin waren zur Abstimmung gegangen. Und zum anderen freihlich die große Angst vor der Strahlenbelastung: Die Angst um die Gesundheit ist stärker als das Verlangen nach technologischem Fortschritt.

 

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