PM Initiative für mehr Demokratie zu Referendum Politikergehälter, 11.06.2012

Referendum zu den Politikergehältern: Bürgerinnen und Bürger wollen direktdemokratisch etwas am politischen System verändern, das herrschende System wird sich dagegen wehren.

Wunderbar einerseits: die Unterschriften für die Anträge auf Referendum für die Politikergehälter sind mit ausreichendem Sicherheitsspielraum zusammengekommen, mehr als die Hälfte davon sind in Südtirol gesammelt worden, die Bürgerinnen und Bürger scheuen sich nicht mehr ihren politischen Willen öffentlich in einem Gemeindeamt zu bekunden – die Unterschriften sind in Südtirol vor allem dort abgegeben worden!

Andererseits Grund genug für den Volkszorn: Über die Zulässigkeit der Anträge wird von den Politikern entschieden, um deren Gehälter es in der Abstimmung geht. Sie sind es, und nicht das Volk mangels des Instrumentes der Volksinitiative, die eine Neuregelung festlegen werden, und mit dem 50%-Beteiligungsquorum droht einmal mehr alles vergeblich zu sein.
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Die Initiative für mehr Demokratie freut sich sehr mit dem Promotorenkomitee für die regionalen Referenden zu den Politikergehältern, dass die Unterschriftenzahl zur Einleitung der Volksabstimmung zustande gekommen ist. Geworden sind es nicht nur die erforderlichen 15.000, sondern für den Antrag auf gänzliche Abschaffung des Gesetzes, mit dem alle Bezüge der Landtags- und Regionalratsabgeordneten geregelt sind, 20.000 Unterschriften und für den Antrag auf Abschaffung des Tagesgeldes im Ausmaß von einem Drittel des Gehaltes 18.700.

Nicht nur diese Zahlen sind Ausdruck für einen gewaltigen Überdruss der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der politischen Vertretung, die sich nach Belieben der Gelder bedient, die von ihnen bereit gestellt werden. Auch der Ansturm auf die Gemeindeämter in den letzten Tagen, nachdem doch noch im letzten Moment die Information über die laufende Unterschriftensammlung durchgedrungen ist, auch die Vehemenz, mit der bei fehlenden Unterschriftenbögen auf das Recht der Unterschriftenabgabe gepocht worden ist und dann vor allem aber auch die teilweise rührenden Anstrengungen von Gemeindeangestellten, die Unterschriftenbögen rechtzeitig den Promotoren zukommen zu lassen, Bürgermeister, die sie höchstpersönlich überbracht haben, Bögen, die den Postbeamten unterwegs wieder abgenommen worden sind, um sie ganz sicher fristgerecht ans Ziel zu bringen. Nicht zu reden von den Promotoren, die nicht nur seit Monaten neben ihrer Erwerbsarbeit ein ganzes Netz von Freiwilligen koordiniert, die selber an Unterschriftenständen gesammelt und zuletzt Tag und Nacht gearbeitet haben, um die eingehenden Bögen zu kontrollieren und Vervollständigungen der bürokratischen Obliegenheiten zu veranlassen.

Und doch ist mit diesem unglaublichen Aufwand jetzt aber vorerst nur die Überprüfung der Zulässigkeit des Antrages erwirkt worden, die aufgrund der gesetzlichen Regelung absurderweise nicht durch eine überparteiliche Instanz, sondern durch Personen (die Mitglieder der Präsidiums des Regionalrates oder der Regionalrat) erfolgt, die kein Interesse daran haben, dass die Volksabstimmung stattfindet. Es wird daher noch massiver politischer Druck auf die Abgeordneten nötig sein, um das Ziel der Volksabstimmung zu erreichen, wozu sich das Jahr vor den Landtagswahlen ja bestens eignet. Eine weitere Hürde wird dann einmal mehr die Überwindung des Beteiligungsquorums von 50% der Stimmberechtigten sein. Ein weiteres Problem der extrem bürgerfeindlichen Regelung der Mitbestimmung auf regionaler Ebene ist die Einschränkung auf das Instrument des abschaffenden Referendums. Damit wird letztlich nur der Gesetzgeber angehalten, eine neue gesetzliche Regelung zu erlassen. Wie diese aussieht, bleibt diesem überlassen. Auch an diesem Beispiel wird somit wieder klar, dass wirksame und tatsächlich Mitbestimmung aus dem Instrument der bestätigenden Referendums besteht, mit dem Beschlüsse vor ihrem Inkrafttreten von den Bürgerinnen und Bürger abgewiesen werden können, und aus der Initiative, mit der Bürgerinnen und Bürger über Vorschläge, die aus dem Volk kommen, verbindlich entscheiden können. Dass diese Instrumente mit möglichst wenig bürokratischem Aufwand anzuwenden sein müssen, ist selbstverständlich. Das Landesgesetz zur Direkten Demokratie, das die SVP jetzt im Alleingang beschließen will, erfüllt keine dieser Bedingungen.

Noch etwas macht das Ergebnis der Unterschriftensammlung unwiderlegbar deutlich: Die Hürde, die die SVP für die Erwirkung einer Volksabstimmung mit 38.000 Unterschriften ansetzt, ist sowohl Zeichen ihrer völligen Unkenntnis in der Materie, als auch ihres Unwillens, Mitbestimmung wirklich möglich zu machen. Man kann sich zur Zeit kein stärkeres Reizthema vorstellen als die Politikergehälter: Dennoch sind in vier Monaten nicht mehr als 20.000 Unterschriften in der Region und davon gut die Hälfte in Südtirol gesammelt worden. Eine Hürde, die über 10.000 Unterschriften liegt, ist dann, wenn starke, partikulare Interessen des Establishment berührt werden und die Gefahr besteht, dass die Medien diese decken, nichts als deren präventiver Schutz.

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