Die Welt. Schweizer stemmen sich gegen die ,,Abzocke“. Gesetz gegen Gier in der Schweiz

Die Welt, 04.03.2013 – 68 Prozent der Eidgenossen stimmen für ein Referendum, das überzogene Managergehälter verhindertn soll

Begrüßungsgelder und Abfindungen in Millionenhöhe sind bald verboten. Aktionäre bekommen Mitspracherecht

Gesetz gegen Gier: Überzogene Millionenvergütungen für Spitzenmanager sollen in der Schweiz bald der Vergangenheit angehören. Dafür müssen Regierungen und Parlament nach dem Willen des Volkes nun eine gesetzliche Grundlage schaffen. Bei Zuwiderhandlungen drohen Unternehmensvorstände Haft – und Geldstrafen. Für die entsprechende Volksinitiative ,, gegen Abzockerei“ stimmten am Sonntag bei einem Referendum laut amtlichen Ergebnis deutliche 67,9 Prozent der Teilnehmer.
Die vor mehr als fünf Jahren von dem mittelständischen Unternehmer und parteilosen Abgeordneten Thomas Minder eingebrachte Initiative zielt darauf ab, Exzesse bei Bonus -Zahlungen, Abfindungen und Gehältern für Manager börsenorientierter Unternehmen durch die Stärkung der Aktionärsrechte zu unterbinden. Über die Höhe von Managervergütungen sollen die Aktionäre künftig jährlich entscheiden. Sondervergütungen wie Abgangsfindungen oder Begrüßungsgelder für Spitzenmanager in Millionenhöhe sollen gänzlich verboten werden. Verstöße gegen entsprechende gesetzliche Regelungen sollen mit bis zu drei Jahren Gefängnis und hohen Geldbußen bestraft werden können.
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse, der die Initiative mit einer millionenteuren Kampagne bekämpft hatte, bedauerte deren Annahme. Zugleich versicherte der Verband aber in einer Mitteilung, der Wille des Volkes werde ,,selbstverständlich“ respektiert.
,, Es geht jetzt darum, eine praxistaugliche Umsetzung sicherzustellen. Der Wirtschaftsdachverband wird sich konstruktiv in die Ausarbeitungsverordnung und in die konkrete gesetzliche Umsetzung einbringen“, sagte Economiesuisse – Direktor Pascal Gentinetta. Die langjährige ,,emotionale Debatte über Lohnexzesse vereinzelter Wirtschaftsführer“ habe eine sachliche Diaskussion über den Inhalt der Initiative behindert. Vertreter der Wirtschaft und der bürgerlichen Parteien hatten vor allem vor Nachteilen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von in der Schweiz ansässigen Konzerne gewarnt.
Bis die Minder -Initiative tatsächlich voll umgesetzt ist, dürften allerdings noch mindestens ein bis eineinhalb Jahre vergehen. Regierung und Parlament müssen nun ein entsprechendes Gesetz auf der Basis des Initiativtextes erarbeiten und verabschieden. Minder äußerte sich erfreut über die klare Zustimmung. ,,Ich bin froh, dass der lange Kampf vorbei ist“, sagte er. Das Referendum hat eines der höchsten Zustimmungsergebnisse der vergangenen Jahre erzielt. Nun beginne der Kampf um die Umsetzung. Man weiß ja, wie zerstritten das Parlament ist“, sagte Minder. Die eidgenössischen Abgeordneten hatten jahrelang um die Initiative und Gegenvorschläge gerungen, bevor das Volksbegehren endlich am Sonntag zur Abstimmung gelangte. Die politische Linke begrüßte das Resultat als Bestätigung eines Stimmungswandels in der Schweiz. Es sei ein ,,sehr positives Signasl“ für noch bevorstehende weitere Initiativen, die ebenfalls in Richtung mehr staatlicher Regulierung für die Wirtschaft zielen, erklärte der Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP), Jean Christophe Schwaab. Die SP und Gewerkschaften streben künftig auch Volksinitiativen an, die einen gesetzlichen Mindestlohn ebenso vorschreiben sollen wie eine Obergrenze für die Gehälter der Chefs von Unternehmen. Sie soll nach diesen Vorstellungen beim Zwölffachen des Gehalts eines einfachen Angestellten liegen.

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