„Stopp dem Flächenfraß”

Dolomiten, 06.05.2013 – Heimatpflegeverband: Gegen die Verbauung, für ein umweltfreundliches Raumordnungsgesetz und die Erhaltung prägender Ortsbilder

Klausen (hof). ,,Das geltende Raumordnungsgesetz ist ein Flickwerk aus vielen Detailregelungen und Ausnahmen“, kritisiert der Obmann des Heimatpflegeverbandes, Peter Ortner auf der Jahresvollversammlung. ,,Eine neue Ausrichtung ist dringend notwendig. Mit der Raumordnung hängen viele Probleme zusammen: Ausverkauf der Heimat, Verbauung des landwirtschaftlichen Grüns und Flächenfraß“.

Zur 63. Jahreshauptversammlung lud der Heimatpflegeverband am Samstag in die Liebfrauenkirche auf Säben. 

Neuer Gesetzentwurf ändert an Substanz nichts

Zu den zentralen Themen zählte dabei die Raumordnung (siehe dazu auch Kurzinterview). Der neue Gesetzentwurf der Landesregierung hat für Ortner keine Artikel, die die Anliegen der Heimatpfleger unterstützen könnten. ,, Darin enthalten ist nur eine Beschleunigung der Bürokratie, an der Substanz ändert sich nichts“, meint der Obmann. ,,Ein neues Denken ist erforderlich. Die Natur muss als Ganzes gesehen werden. Wir können nicht den Ast abschneiden, auf dem wir sitzen“. Die Raumordnung hänge auch mit dem Ausverkauf der Heimat zusammen. ..Wenn wir viel zu viel bauen, dann steht auch viel zu viel leer herum und dann gibt es viel zu viele Zweitwohnungen“. Da jetzt viele Konventionierungen nach und nach ausliefen, das heißt 20 Jahre verstrichen seien, bestehe die Gefahr, dass der Ausverkauf der Heimat noch verstärkt werde.
Die Heimatpfleger begrüßen es, dass sich auch der Bauernbund gegen eine übermäßige Verbauung des landwirtschaftlichen Grüns einsetze. Raffiniert werde mit den Regelwerken nach Schwachstellen und Schlupflöchern gesucht. ,,Leer stehende Wirtschaftsgebäude oder eine hobbymäßige Tierhaltung mit einigen Schafen, Hühnern und Pferden müssen als Argumente herhalten, um eine Villa im Grünen samt Ferienwohnungen zu rechtfertigen“, berichtet Ortner.

Hobby -Bauern profitieren von Hofaussiedelungen

Die vielen Hofaussiedelungen seien ein großes Problem. ,,Es gibt leider zu viele Hobby- Bauern, die davon profitieren“, sagt Ortner. ,,Mit Hofaussiedelungen ist sorgsam umzugehen. Meist werden alte Hofgebäude abgerissen, die das Ortsbild prägen. An deren Stelle entstehen Allerwelts-Neubauten in meist unangepasster Form und größerer Dimension wie Kondominien“. Die Entscheidungsträger in Land und Gemeinden sollten dem endlich Rechnung tragen. Zum Thema Raumordnung hat der Verband eine Resolution verabschiedet (siehe eigene Meldung).
Dringenden Handlungsbedarf sieht Ortner auch beim Ensembleschutz: Plätze, Gassen, Gebäude mit Gärten und Parkanlagen, besondere Orts – und Landschaftsbilder seien unter Schutz zu stellen. ,,Die meisten Gemeinden haben die Ensembleschutz- Verzeichnisse erstellt, es fehlt jedoch die Umsetzung“, bemängelt der Obmann.
In aller Mundes ist zurzeit die Krise. Ortner kann dieser auch etwas Positives abgewinnen: ,,Wo weniger Geld zur Verfügung steht, wird auch weniger zerstört – wie etwa alte Bauernhöfe – sie bleiben dann erhalten.“

„Heimatpflege muss allen ein Anliegen sein

Säben: Äbtissin ruft zu sorgsamen Umgang mit der Schöpfung auf
,,Heimatpflege ist uns ein Anliegen und muss eigentlich allen ein Anliegen sein“, betont Säbens Äbtissin Ancilla Hohenegger. Deshalb habe sie zugesagt, dass der Heimatpflegeverband seine 63. Jahreshauptversammlung in der Liebfrauenkirche auf Säben abhalten könne. Mit Natur und Schöpfung solle man versuchen umzugehen wie mit heiligem Altargerät, meinte die Äbtissin. Hohenegger ging in der Ansprache in der Kirche auf die Geschichte Säbens ein: ,,Wir stehen an einem Ort, von dem die Archäologen sagen, dass 4500 vor Christus Menschen sesshaft geworden sind, Lebensraum erobert, eine Bleibe geschaffen und Kultur gelebt haben“, Sr. Ancilla Hohenegger meinte, wer den Säbener Berg erwandert habe, könne ehrlichen Herzens sagen: ,, Die Urahnen und Generationen von Vorfahren waren Heimatschützer, Heimatgeber und Heimatpfleger“. Noch etwas Anderes sage dieser Ort – eine Botschaft die sehr entlaste: ,,Wir sind nicht die ersten, wir müssen Säben und die Welt nicht erfinden – und wir werden auch nicht die letzten sein. Wir sind eingebetet in die Generationen vor uns und die nachkommenden Generationen werden an dem weiterbauen, wofür wir uns gemüht haben“
Auf Säben war vor Jahren geplant, ein Evangelisierungszentrum von europäischer Wirkung entstehen zu lassen. Das Projekt wurde jedoch fallen gelassen. ,,Es war nicht unser Weg“, meinte die Äbtissin. Sr. Ancilla Hohenegger steht der Schwesterngemeinschaft auf Säben seit 1996 als elfte Äbtissin vor.

Vier Fragen an Heimatpflege -Obmann Peter Ortner

,,D“. Warum nimmt der Heimatpflegeverband das Raumordnungsgesetz ins Visier?

Peter Ortner: Das Raumordnungegesetz ist ein Dschungel an Detailbestimmungen. Diese Detailbestimmungen sind zum Teil sehr widersprüchlich. Es ist nicht transparent. Es ist unüberschaubar – zum Teil sogar auf Lobbies ausgerichtet. Mit so einem Instrument kann man nicht Raumplanung und Raumordnung betreiben. Wichtig wäre es, die Natur – und Kulturlandschaft zu erhalten und sanft zu erschließen. Mit der Raumordnung darf nicht nur Kubatur verbunden werden, wie es derzeit der Fall ist.

,,D“: Sondern?
Ortner: Da müssen auch andere Werte hinein wie Landwirtschaft, Landschaftsschutz, Ökologie und Heimat.

,, D“: Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Ortner: Wir verbauen viel zu viel Grund. Ich bezeichne dies als eine Art Flächenfraß. Vor allem die Verbauung im landwirtschaftlichen Grün ist derart massiv in den vergangenen Jahrzehnten vorangetrieben worden, dass wir fast kein Bauland mehr haben. Wenn wir so weitermachen, ist in einigen Jahrzehnten alles versiegelt.

,,D“: Was sollte Ihrer Meinung nach dagegen unternommen werden?

Ortner. Alte Bausubstanz sollte saniert werden und leere Räume sollten genutzt werden. Wir lassen viel zu viel Altbausubstanz verkommen und verkümmern. Am Schluss muss man sie dann abbrechen. Wir nützen zum Beispiel auch viel zu wenig die leer stehenden Gewerbehallen aus.
Interview: Stephan Pfeifhofer

Resolution ,, Ausverkauf der Heimat“

Einstimmig hat der Heimatpflegeverband auf Säben eine Resolution mit elf Punkten verabschiedet- hier die wichtigsten:

Beschränkung des Ausverkaufs der Heimat auf höchtens seschs Prozent der Wohneinheiten als touristische Wohnungen. Der Wohnraum ist prinzipiell der einheimischen Bevölkerung vorbehalten.

Die Konventionierungen von Wohnungen muss beibehalten bzw. verstärkt werden

Bettenstopp für das Gastgewerbe, ausgenommen in den strukturschwachen Gebieten.

Raumordnungsverträge – sofern notwendig – sollen von einem unabhängigen Gremium auf ihr ,,öffentliches Interesse“ begutachtet werden.

Keine neuen Zonen auf der grünen Wiese. Nach wie vor stünden viele ,,Tremonti -Hallen“ leer.

Der Ensembleschutz soll angemessen finanziert werden

Sanierungen sind beim Bauen zu bevorzugen.

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