Initiative für mehr Demokratie: Einmal zurückgewiesen, aber es steht immer noch 4:1 zu unseren Gunsten!

Der vom Autonomiestatut vorgesehene Weg für eine verfassungsrechtlichen Prüfung, wird mit der Abänderung des Landesgesetzes zur Direkten Demokratie vom Mai 2009 mißachtet.

Die Kommission für die Abwicklung von Volksabstimmungen hat unseren Antrag auf Volksabstimmung über die mindestnotwendige Reform des geltenden Gesetzes zur Direkten Demokratie für unzulässig erklärt.

Es ist die erste Mal, dass eine Kommission die Position vertritt, dass Grundgesetze, mit denen demokratische Verfahrensregeln festgelegt werden, nur von der politischen Vertretung erlassen werden dürfen. Vier Mal haben Kommissionen bisher, unabhängig voneinander, Anträge auf Volksabstimmung über eine solche Materie für zulässig erklärt, zwei Mal in der Region Valle d’Aosta und zwei Mal in Südtirol. Damit steht es bislang immer noch 4:1 zu unseren Gunsten.

Dass diese Kommission jetzt ein Urteil fällt, das sie verfassungsrechtlich begründet, kommt daher, dass das im Mai 2009 abgeänderte Landesgesetzes zur Direkten Demokratie von dieser Kommission verlangt, den Antrag auf Volksabstimmung auch auf seine Verfassungskonformität zu überprüfen. Damit wird der Kommission eine Zuständigkeit gegeben, die sie nicht erfüllen kann und sich auch nicht anmaßen darf, nämlich ein verfassungsrechtliches Urteil zu sprechen. Der Weg der verfassungsrechtlichen Überprüfung eines Landesgesetzes, das vom Landtag oder per Volksabstimmung beschlossen worden ist, ist vom Autonomiestatut klar vorgegeben: Wenn Zweifel über die Verfassungskonformität bestehen, dann kann die italienische Regierung innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung, dieses Gesetz an den Verfassungsgerichtshof verweisen, der allein darüber zu urteilen hat. Der Weg, der jetzt auf der Grundlage des Landesgesetzes beschritten worden ist, nämlich der der Abweisung eines Antrages aufgrund einer verfassungsrechtlichen Prüfung durch die Kommission, ist aus unserer Sicht verfassungswidrig.

Die Frage, ob die Regelung demokratischer Verfahren, also ob ein Wahlgesetz oder ein Gesetz zur Direkten Demokratie durch eine Volksinitiative mit gesetzeseinführender Volksabstimmung zustande kommen kann, ist vom Verfassungsgericht noch nie behandelt worden. Weder steht irgendwo, dass dies möglich ist, noch dass dies nicht möglich ist: Es ist eine Frage der Auslegung der Verfassung und wir wissen, dass sich auch die Auslegung der Verfassung ändert. Es kann deshalb auch keine Kommission mit Berufung auf irgendwelche zwanzig oder dreißig Jahre alte Verfassungsurteile ein Urteil fällen und dies umso weniger, als dass mit der Verfassungsreform von 2001 das Verhältnis von Initiativen der Institutionen und jener der Bürger gleichgestellt worden ist (siehe Art. 118 der Verfassung). Das sind ganz neue Ausgangsbedingungen zur Entscheidung dieser Frage, die nicht berücksichtigt worden sind.

Der Vorstand der Initiative für mehr Demokratie wird sich am kommenden Montag mit dem neuen Sachverhalt befassen und die Entscheidungen für die nötigen Schritte fällen.

03.09.2010
Stephan Lausch

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