Kleine Zeitung, 07.06.2013: Ärger über Aus für Korridorzüge – Bevölkerung ist empört über Streichung der Direktzüge Lienz-Innsbruck. Neuen Koalitionspartner ÖVP/Grünen verteidigen diesen Schritt.
Die Telefone laufen in der Redaktion der Kleinen Zeitung in Lienz heiß. Viele Osttiroler sind empört über die Streichung der Direktzüge zwischen Lienz, Innsbruck und retour. Ab dem Herbst 2013 werden diese geschichtsträchtigen Korridorzüge durch Busse ersetzt. Für Günter Mayr, Tirols Landesvorsitzendenden der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (FSG) ist die erste Maßnahme der neuen Landesregierung – ÖVP/Grünen – ein Schlag ins Gesicht für die mehr als 500 Wochenpendler. Die angebliche Zeitersparnis von 45 Minuten durch eine Busverbindung beziffert Osttirols FSG-Vorsitzender Stefan Mair als überzogen.
„Man spart sich mit dem Bus im Vergleich zum Zug 30 Minuten. Zudem werden Pendler künftig auch auf den Komfort im Zug verzichten müssen. Oder sie nehmen einen Umstieg in Franzensfeste und Zwischenstopps an Südtiroler Bahnhöfen in Kauf“, sagte Stefan Mayr.
Keine Bedenken haben Vertreter der neuen Koalitionsregierung über die Streichung der Direktzüge. Osttirols Abgeordneter Martin Mayerl (ÖVP): „Die Strecke Lienz-Innsbruck in Zukunft mit modernsten Bussen zu bedienen, hat mehrere Vorteile.“ So würde die Fahrzeit mit Bussen verkürzt, zudem gebe es in Kliniknähe eine Haltestelle. Landtagsabgeordneter Hermann Weratschnig von den Grünen spricht beim Ende des Korridorverkehrs von einer „Altlast aus Zeiten der ÖVP/SPÖ Regierung.“ Noch heuer soll es zu Verbesserungen auf der ÖFFI-Verbindung nach Osttirol kommen.
Kleine Zeitung 08.06.2013: Die Studenten steigen auf die Barrikaden – Aus für die Direktzugverbindung Lienz-Innsbruck schlägt hohe Wellen. Verband Sozialistischer Studenten in Innsbruck (VSStÖ) sieht darin eine „Katastrophe für die Betroffenen“.
D ie Einstellung der direkten Bahnverbindung von Lienz-Innsbruck ist nicht nur aus ökologischer Sicht eine Katastrophe, sondern bedeutet vor allem eine massive Preiserhöhung für die Betroffenen“, sagt Christina Müller, Vorsitzende vom Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) Innsbruck. Während in der bisherigen Bahnverbindung unter anderem ÖBB Vorteilscard und Österreichcard anerkannt werden, gilt in den Bussen des Verkehrsverbundes Tirol (VVT) nur der teure VVT-Tarif, in dem es für Studierende beispielsweise keine Ermäßigung gibt.
Eine Einzelfahrt kommt somit zukünftig auf 22,30 Euro gegenüber dem ÖBB-Vorteilstarif von 16,90 Euro. Müller: „Für Studierende, die zumindest alle 14 Tage ein Wochenende zu Hause verbringen möchten, bedeutet dies Mehrkosten von über 200 Euro pro Jahr, was für die Betroffenen eine massive Mehrbelastung darstellt.“ Besonders hart trifft die Einstellung Besitzer der Österreichcard (ÖBB-Jahresnetzkarte), die von vielen Pendlern auf dieser Strecke genutzt wird. Deren Jahreskarte wird mit Einstellung der Bahnverbindung auf dieser Strecke komplett wertlos.
„Weder das VVT Semesterticket noch eine reguläre Jahreskarte sind angesichts des enormen Preis- und Leistungsunterschiedes ein adäquater Ersatz, hier werden Studierende, die aufgrund ihres Wohnsitzes sowieso schon benachteiligt sind, erneut geschröpft“, sagte Müller weiter.
Der VSStÖ Innsbruck fordert daher von der neuen Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe endlich ein Konzept für studentische Mobilität in Tirol. Müller: „Unsere Forderung nach einem tirolweiten Semesterticket für 150 Euro bleibt weiter aufrecht und ist angesichts dieser Entwicklungen nötiger denn je.“
Mit aller Kraft
Die neue Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) meinte dazu: „Betreffend der Öffi-Anbindung für die Osttiroler Pendler habe ich leider in den ersten zehn Tagen meiner Amtszeit noch keine Berge versetzen können, was ich sehr bedauere.“ Gemeinsam mit den Kollegen Hermann Weratschnig und Thomas Haidenberger werde sich Felipe mit aller Kraft um eine verbesserte Anbindung bemühen. Felipe: „Dass die derzeitige Situation – auch bedingt durch die Sperre der Felbertauernstraße – eine dramatische für die Pendler sowie auch die Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe ist, ist mir bewusst. Deswegen unterstützen wir Grüne auch die Errichtung der notwendigen Ersatzstraße.“
Unterdessen hagelt es Kritik aus allen politischen Lagern für das Ende der Korridorzüge ab Herbst 2013. „Das kann wohl nicht das erste Meisterstück der schwarz-grünen Verkehrspolitik sein“, sagt Abgeordneter Josef Schett (Vorwärts Tirol). „Warum hat man der Bevölkerung die Wahrheit über diese Entscheidung nicht mitgeteilt, da ja die Fahrpläne für die kommende Winterperiode nicht erst in den letzten Tagen erstellt wurden“, fragt sich Schett. Er fordert Felipe auf, das Streichen der Bahnverbindung rückgängig zu machen.
——-
TT online, 08.06.2013 – Studenten mobilisieren gegen Zug-Aus, höhere Tarife drohen
Lienz, Innsbruck – Innerhalb kürzester Zeit hat die Facebook-Seite „Osttirol sagt Nein zur Abschaffung der Zugstrecke Lienz–Innsbruck“ Hunderte Anhänger gefunden. „Im Netz ist die Seite seit Donnerstagabend. In nicht einmal 24 Stunden hatten wir über 800 ,Likes‘“, berichtet Julian Zanon. Der Lienzer, der in Innsbruck studiert, erstellte die Seite gemeinsam mit seinem Gaimberger Kollegen Alexander Mairginter.
Wie berichtet, will der Verkehrsverbund Tirol (VVT) ja mit Mitte Dezember den so genannten „Korridorzug“, eine Direktverbindung zwischen Lienz und Innsbruck, durch einen Bus ersetzen. Das sorgt für harte Auseinandersetzungen zwischen der neuen schwarz-grünen Landesregierung und der Opposition. Die beiden Studenten wollen mit ihrem Aufruf nicht nur erreichen, dass die Verbindung aufrecht bleibt. „Viele Leute haben auch generell das Gefühl, dass Osttirol stiefmütterlich behandelt wird. Der Zug ist nur die Spitze des Eisbergs“, meint Zanon.
Der Verband sozialistischer Studenten protestiert ebenfalls gegen den Bus, der den Zug ersetzen soll. „Das macht die Tickets massiv teurer, weil im Bus die ÖBB-Ermäßigungen nicht gelten“, so Vorsitzende Christina Müller. Diese Sorge kann auch VVT-Sprecher Philipp Penetzdorfer nicht entkräften. „Über die Bustarife ist noch keine Entscheidung gefallen.“ (co, TT)
——-
TT online, 09.06.2013 : Hauser (FPÖ) beharrt auf Korridorzug nach Lienz
Innsbruck, Lienz – Die Einstellung der direkten Zugverbindung zwischen Lienz und Innsbruck schlägt nach wie vor Wellen. Für LA Gerald Hauser (FPÖ) aus St. Jakob i. D. etwa sprächen zu viele Argumente für den Korridorzug, als dass man diese Verbindung einfach durch einen Bus ersetzen sollte. „Der Zug ist für viele die einzige Verbindung mit der Landeshauptstadt, eine Institution und eine sichere Verbindung. Und er wird von der Bevölkerung, die den Zug schätzt, angenommen“, erklärt Hauser. Er fragt sich, warum der Bevölkerung nicht vor der Landtagswahl reiner Wein eingeschenkt wurde. Außerdem wundere ihn die Zustimmung der Grünen. (TT)
——-
SPÖ Tirol, 08.06.2013 – Demontage der Korridorzüge kommt Koalitionsbruch gleich – SPÖ-Abgeordnete Blanik sieht Verrat an der Osttiroler Bevölkerung
Verärgert und maßlos enttäuscht zeigt sich die Lienzer Bürgermeisterin und Landtagsabgeordnete Elisabeth Blanik (SPÖ) über den kürzlich bekanntgewordenen VVT Gesellschafterbeschluss, wonach der Korridorzug, also die Direktverbindung zwischen Lienz und Innsbruck, eingestellt werden soll.
„Fakt ist, dass im Schwarz-Grünen-Koalitionsabkommen unter dem Kapitel „Mobilität“ der Punkt ‚Verbesserung der Vertaktung der Verbindung Lienz-Innsbruck mit einer Direktverbindung‘ festgeschrieben wurde. Es steht für mich außer Zweifel, dass damit nur die Bahnverbindung Lienz-Innsbruck gemeint sein kann“, ärgert sich SP-Verkehrssprecherin Landtagsabgeordnete Blanik über die jüngsten Entwicklungen.
„Es ist eine Zumutung mit dem Bus von Lienz über den Brenner nach Innsbruck zu kommen“, weiß Blanik von den derzeit betroffenen Kunden, die in den letzten Monaten immer wieder den notwendigen Schienenersatzverkehr in Anspruch nehmen mussten. Sie garantiert, dass die Regierung mit massiven Widerständen aus dem gesamten Bezirk rechnen muss.
„Entweder haben sich die Grünen über den Tisch ziehen lassen; sollte dies nicht der Fall sein und die Grünen diesem Vorhaben im Zuge der Koalitionsverhandlungen ihre Zustimmung erteilt haben, so ist das ein klarer Verrat an der Osttiroler Bevölkerung und das Regierungsabkommen ist das Papier nicht wert auf dem es geschrieben wurde“, zeigt sich die SPÖ-Politikerin kämpferisch.
„Die Bahnverbindung Lienz-Innsbruck ist zwingend aufrechtzuerhalten“, hält Blanik abschließend und unmissverständlich fest.
Offener Brief von Sepp Brugger/Grüne an die Abgeordneten zum Tiroler Landtag
Dipl. Ing. Elisabeth Blanik, Josef Schett und Mag. Gerald Hauser
Hallo Elisabeth Blanik, Josef Schett und Gerald Hauser!
Ich begrüße euer Engagement für den „Korridorzug“. Diese Unterstützung hätte ich mir allerdings schon in den letzten 10 Jahren gewünscht. Dann hätten wir heute nicht dieses Dilemma. Oder geht es in Wahrheit bei eurer Kritik nur um parteipolitisches Kleingeld?
Im Herbst 2010 hat Elisabeth Blanik mit der SPÖ den Antrag der Grünen im Landtag auf eine Verbesserung der Zugverbindung zwischen Lienz und Innsbruck abgelehnt. Jetzt den Grünen die Verantwortung an der Streichung der direkten Zugverbindung umzuhängen, ist etwas zu einfach.
Den sog. „Korridorzug“ kenne ich aus eigener Erfahrung. Die unbeheizten Waggons gehören zwar der Vergangenheit an, aber Bahnfahrer wie ich leiden unter enormen Verspätungen der Direktverbindung. Alle Anzeichen deuten seit Jahren darauf hin, dass die ÖBB kein Interesse an der Aufrechterhaltung dieses Zuges hat. Die Vorentscheidung, den Direktzug zu streichen, ist offensichtlich nicht erst Anfang 2013, sondern schon viel früher gefallen.
Trotz mehrerer Beschlüsse des 3er Landtages Tirol-Südtirol-Trentino ist es in den letzten 10 Jahren zu keinem Ausbau der Zugverbindung Lienz – Innsbruck gekommen. Im Gegenteil, seit 1998 sind vier direkte Zugverbindungen auf zwei reduziert worden und die Fahrzeit hat sich von 3 h wieder auf 3.30 h erhöht Diesen Scherbenhaufen haben die Grünen und LHstv Ingrid Felipe als zuständige Landesrätin Ende Mai geerbt.
Nun gilt es mit dem Land Südtirol zu verhandeln um den geplanten Taktverkehr bis Winter 2014 zu realisieren. Dann sollte es endlich möglich sein mit 1 x umsteigen im 2-Stunden-Takt auch untertags mit dem Zug nach Innsbruck und zurück zu kommen – und es wird einheitliche Tickest und Fahrpläne geben. Ab Dezember ist der Bus eine notwendige Übergangslösung, hier gelten alle ÖBB Tarife (Vorteilscard und „Einfach raus –Ticket“) gelten werden. Auch das SeniorInnen – Ticket wird auf der Buslinie natürlich gültig sein, sodass es in der Übergangszeit bis zur Einführung des Stundentaktes Lienz-Franzensfeste wenigstens keine finanzielle Benachteiligung geben wird. Auch halte ich die geplanten Infrastrukturverbesserungen für wesentlich, um die Fahrzeit mittelfristig zu verkürzen.
Bereits 2005 habe ich mit Elisabeth Blanik und allen anderen Abgeordneten des Dreierlandtages den Ausbau des grenzüberschreitenden Verkehrs, die Harmonisierung der Fahrpläne und Tarife beschlossen. Ich freue mich, dass unter Grüner Regierungsbeteiligung diese Maßnahmen endlich umgesetzt werden. Die Osttiroler Grünen werden sich weiterhin für eine direkte Zugverbindung nach Innsbruck einsetzen! Es muss uns allen aber bewusst sein, dass dies nur in Kooperation mit Südtirol möglich sein wird.
Mit freundlichen Grüßen
Sepp Brugger