Fraktion vs Gemeinde: Brunecker Gelüste

Pustertaler Zeitung 10, 15.05.2015 – Zwischen der Fraktionsverwaltung von Bruneck und der Gemeindeverwaltung knistert es immer wieder mal im Gebälk. Das ist ein offenes Geheimnis. Die Gemeinde möchte auf dem Areal der Brunecker Tennishalle und des dahinterliegenden Sand-Fußballplatzes eine Wohnzone errichten und dadurch rund 2,5 Mio. Euro für das neue Eisstadion lukrieren. Allerdings gehören diese beiden Liegenschaften der Fraktion. Walther Harpf wehrt sich, Bürgermeister Roland Griessmair verweist auf ein städteplanerisches Konzept.

Walter Harpf ist seit nunmehr 15 Jahren Präsident der Brunecker Fraktionsverwaltung. So mancher möchte ihn von diesem Posten allerdings lieber heute als morgen entfernen. Doch der streitbare Präsident lässt sich nicht so leicht unterkriegen und leistet wie ein Stehaufmännchen beharrlich Widerstand – obwohl ihm von mehreren Seiten – auch aus den eigenen Reihen – nahegelegt wurde, etwas kürzer zu treten und sich mit seinen verbalen Ergüssen zurückzuhalten. Derzeit läuft es wieder rund. Der PZ wurde von verschiedener Seite zugetragen, dass es wieder einmal „intensive Gespräche“ gibt.

Der Grund dafür ist der geplante Neubau des Eisstadions in der Brunecker Schulzone. Dafür muss die Stadtgemeinde laut Vereinbarung mit dem Land mindestens 4,5 der geplanten 15 Mio. Euro selbst aufbringen. Diese Summe möchte die Gemeinde mit den 2,5 Mio. Euro, die sie sich aus dem Verkauf des alten Eisstadions erhofft, und mit zwei Mio. Euro aus Bargeldeinlagen, decken. Dafür wird Jahr für Jahr etwas auf die Seite gelegt, bis Mitte Mai sollen 1,8 Mio. Euro für das neue Eisstadion auf der hohen Kante liegen. „Bevor wir die Finanzierung nicht unter Dach und Fach haben, werden wir nicht bauen“, gibt der Bürgermeister die Leitlinien vor. „Wenn alles gut geht, soll 2016 mit den Arbeiten am neuen Eisstadion begonnen werden“, schätzt Griessmair.

In Zeiten wie diesen ist das aber kein leichtes Unterfangen. Zumal auch andere große Brocken auf die Stadtgemeinde warten und, wie der Bürgermeister betont, die Gebühren für die Bürger nicht erhöht und die Beiträge für die Vereine bei sinkenden Einnahmen gleich belassen wurden. „Wir sind also auf die Einnahmen aus dem Verkauf des alten Eisstadions schlichtweg angewiesen“, bestätigt Griessmair dann auch der PZ gegenüber. Das geht aber nur dann, wenn auf dem dortigen Gelände auch entsprechend viele Wohnungen errichtet werden. Doch für Wohnungen ist das Areal aufgrund der geringen Sonneneinstrahlung, der Feuchtigkeit und der Nähe zur Rienz nicht unbedingt der beste Standplatz. Außerdem liegt ein Kinderspielplatz samt Grillplatz gleich dahinter. Es stellt sich also die Frage, ob das Gelände nicht besser als Naherholungszone genutzt und mit dem Freigelände des Schwimmbades gekoppelt werden sollte. „Doch darüber sollen sich die Planer Gedanken machen und einen Vorschlag unterbreiten“, so Griessmair.

STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse in der gesamten Zone ergibt nämlich ein aufschlussreiches Bild: Zwischen Tennishalle und Eisstadion befinden sich ein Sand-Fußballplatz, verschiedene Parkflächen, das Freischwimmbad samt Freigelände und entsprechendem Gebäudekomplex, hinter dem Eisstadion liegt ein Kinderspielplatz samt Grillstelle. Wenn man sich die Eigentumsverhältnisse der Parzellen genauer anschaut, stellt sich heraus, dass diese zwischen Fraktion und Gemeinde aufgeteilt sind. „Ich habe daher vorgeschlagen, eine Art Flurbereinigung zu machen, ein städteplanerisches Gesamtkonzept ausarbeiten zu lassen und zu eruieren, was in der gesamten Zone langfristig überhaupt passieren soll“, so Griessmair. Darauf habe man sich auch mit der Fraktionsverwaltung geeinigt und sogar je einen Architekten (Franz und Gamper) namhaft gemacht, die sich laut PZ-Informationen auch schon an die Arbeit gemacht haben.
Der Hintergedanke liegt auf der Hand: Da man befürchtet, dass der Verkauf des alten Eisstadions auf dem heutigen Gelände kaum die 2,5 Mio. Euro abwerfen wird, überlegt man, die Wohnbauzone an das andere Ende der gesamten Naherholungszone zu verschieben. Dort würde die Wohnzone wohl auch besser passen und hätte bestimmt auch einen völlig anderen wirtschaftlichen Mehrwert. Doch der Pferdefuß folgt sogleich: Entsteht die Wohnbauzone dort, müsste neben der Tennishalle wohl auch der Fußballsandplatz weichen.

FRAKTION WILL MITREDEN
Walter Harpf meinte, von der PZ auf diese Gedankenspiele angesprochen, dass die Fraktionsverwaltung von Bruneck immer bereit gewesen sei, ihren Beitrag zu leisten, dass sie allerdings auch als „gleichrangiger Partner“ behandelt und eingebunden werden wolle. Wenn schon eine Mitfinanzierung nötig werde, dann solle diese verhältnismäßig sein. Einen flächenmäßig Eins-zu Eins-Tausch „Naherholungszone gegen Wohnbauzone“ lehnt der Fraktionschef ab. „Es geht nicht an, dass wir beispielsweise pro Quadratmeter 20 Euro erhalten, die Gemeinde den Quadratmeter dann aber um ein Vielfaches davon an eine Baufirma abgibt“, so Harpf. Und er setzt nach: „Es muss eine Win-Win-Situation für alle sein.“ Er macht außerdem darauf aufmerksam, dass die Fraktionsverwaltung in der Sportzone bereits kostenlos eine Grundparzelle für die neue Eishalle an die Gemeinde abgetreten hat.
Darüber hinaus ist noch ein weiterer Aspekt zu klären: Wenn nämlich die Tennishalle einer Wohnzone weichen soll, dann muss für die Halle auch ein entsprechender Ersatz her. Darüber sind sich auch alle Beteiligten im Klaren. Aber das kostet wiederum eine Menge Geld. „Wir können aber nicht die Tennishalle nahezu gratis hergeben und dann auch noch eine neue Tennisanlage bauen“, meint Harpf. Darüber hinaus hat der Brunecker Tennisclub, der die Tennishalle schon seit Langem führt, bis 2021 einen gültigen Vertrag mit der Fraktion. Der Tennisclub hat sowohl die Fraktion als auch die Gemeinde bereits wissen lassen, dass man nur dann bereit sei, von besagtem Vertrag zurückzutreten, wenn ein entsprechender Ersatz zur Verfügung steht. Diese Forderung wurde auch schon schriftlich deponiert.

WIE GEHT’S NUN WEITER?
Derzeit wird hinter den Kulissen jedenfalls eifrig diskutiert. Der Bürgermeister will vor allem ein spruchreifes städteplanerisches Konzept in den Händen halten. „Dann werden wir uns alle gemeinsam an einen Tisch setzen und uns über die besten Möglichkeiten in Ruhe unterhalten“, beschwichtigt er. Erst dann sollen Entscheidungen getroffen werden. Harpf fordert aber mehr: Nach der Erarbeitung des Konzeptes soll dieses -so die Forderung des gesamten Fraktionsausschusses – der gesamten Bevölkerung vorgestellt und zur Abstimmung gebracht werden. Griessmair dementiert jedenfalls, dass die Fraktion übergangen werden solle, wie manche befürchten. „Das liegt nicht in unserem Interesse“, versichert er.
Fraktionspräsident Walter Harpf selbst will eigenen Aussagen zufolge aber nicht als jener Fraktionspräsident in die Geschichte eingehen, der „alle wertvollen Liegenschaften der Fraktionsverwaltung leichtfertig verscherbelt hat“, wie er meinte. Im Übrigen würden Naherholungszonen immer wichtiger und es müsse auch nicht jeder Quadratmeter Fläche in Bruneck verbaut werden. „Im Fraktionsausschuss gibt es derzeit keine Mehrheit dafür, dass auch der Sand-Fußballplatz zur Disposition gestellt wird“, baut Harpf schon mal vor. Und weiter: „Für dessen Nutzung nach dem Bau des neuen Eisstadions haben wir eigene Vorstellungen.“ Es müsse bei den aktuellen Verhandlungen jedenfalls für alle Seiten und vor allem für die Bevölkerung etwas Positives herauskommen. „Ich nehme mir die Freiheit, diesen Ehrgeiz zu haben“, zeigt sich Harpf kampfeslustig. Diese Freiheit nimmt aber auch Griessmair für sich in Anspruch. Sagt er auch offen. Mal schauen wie es weitergeht.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel, Bruneck veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.