Flughafen Bozen: Walter Angonese, Albert Willeit: Bekenntnisse zum Nein

liebe bekannte und freunde !

ich schätze das flugzeug und fliege so ca. 25 bis 30ig mal im jahre durch die gegend ! man könnte also  sagen, dass ich kein gegner des fliegens sein kann. noch bin ich kein verkappter grüner oder ökologischer fundamentalist. dennoch bin ich gegen den bozner flughafen. mir geht es nicht um die eine oder andere million euro mehr, die die verlängerung der start- und landebahn verursachen würde, dieses geld hat südtirol sicher. mir geht es hier auch nicht darum, dass ich überertscher (kalterer) bin und durch den flugverkehr in meiner lebensqualität als indivdum beeinträchtigt wäre. mir geht es schon um einen etwas ganzheitlich gedachten ansatz und der wäre:1. was will südtirol und die südtiroler ? wir sind als alpendestination, als ort wo alpines lebensgefühl auf mediterrane lebensqualität stösst sehr gut aufgestellt. auf meinen reisen quer durch europa bekomme ich dies stetig bestätigt. die magie der vielfalt, mit der die smg bis vor kurzen unser land beworben hat, ist defacto existierend ! winter- und sommerdestination, ruhe und vielfältige möglichkeiten des „chillens“ als urlauber sind weit über die grenzen hinaus bekannt, auch im nördlichen, angelsächsichen und skandinavischen bereich (zielgruppen, die man gerne forcieren würde) und zur landschaft und den meist auf den letzten stand des tourismus gebrachten infrastrukturen unterscheiden wir uns vom nordtiroler mitbewerber in vielerlei hinsicht: ausgeprägtere landschaftliche vielfalt, bessere klimatische bedingungen und daraus resulitierend ein aufs ganze jahr und aufs ganze land gesehen besseres auslastungpotential. jedes jahr werden wir mit daten des astat konfrontiert und jedes jahr verkünden unsere lokalverantwortlichen und unsere landespolitiker wieviel wir heuer wieder zugelegt haben. was wollen wir also? mehr vom eh schon vollen? immer mehr an aufrüstung? oder doch besser konsolidierung und qualitätssicherung des bewährten. wenn wir durch ein noch effizienteres standortmarketing im stande sind unsere besonderheiten zu transportieren, dann hängen wir nicht vom gutdünchen der low cost gesellschaften ab, die mit charterflügen uns immer mehr an leuten zu immer günstigeren rahmenbedingungen bringen wollen. wir sollten es weiterhin schaffen beim internationalen gast begehrlichkeiten zu wecken, so wie es etwa die toskana schon seit mehreren jahrzehnten im stande ist. wir haben ein ähnliches potential und die ausschöpfung dieser recource hängt sicherlich nicht vom ausgebauten flughagen in bozen ab. sie hängt von uns einzelnen ab, die an unser land glauben und dies im rahmen ihrer möglichenkeiten auch nach aussen bekunden und als botschafter bewerben.

2. ich habe zwischen 2007 und 2009 und bis zur einstellung der flüg, in zeiten wo es neben dem romflug auch noch andere destinationen gab (wien, milano malpensa oder etwa olbia etc) insbesonders milano malpensa intesiv genutzt. es war fein, um 06.30 abflug, um 07.10 landung in malpensa um 08:30 war ich an meiner uni im tessin. toll ! heute brauche ich ich vier stunden mit dem zug und lese, schlafe und arbeite. nur waren wir in diesen fliegern meist sehr wenige! milano malpensa wäre aber ein flughafen mit besten internationalen und intercontinentalen anbindungen. einige male waren wir zu fünft, ab und zu zu10, was eher selten war in einer dash mit über 30 plätzen. die internationale wirtschaftskrise hatte die südtiroler wirtschaft noch nicht so wirklich getroffen und trotzdem habe ich selten bekannte interationale wirtschaftsakteure sichten können. ich kann mir auch nicht vorstellen, dass alle – beim angebot über malpensa – immer roma fiumicino als brücke zur welt genutzt haben, wo es doch bekannt ist, dass milano malpensa effizienter ist und flüge in malpensa weniger oft gecancelled werden als in fiumicino. während einer projektstudie in rom, die mich ein ganzes jahr mit rom verbunden hat (2010/11) habe ich natürlich auch mehrere male den romflug genutzt. besser ausgelastet als malpensa, immer ein paar wichtige politikergranden (auf unser kleines land bezogen) und beamte mit an bord. aber wirklich eine volle dash mit 35 plätzen ca. ist mir nicht begegnet. schlussendlich habe ich dann auch den eurostar für mich entdecken dürfen, der in etwas mehr als vier stunden von bozen direkt in termini war, ohne den zug von fiumicino ins zentrum von rom nehmen zu müssen (es haben leider keine blauen staatskarrossen auf mich gewartet, wie für unsere vielfliegenden landespolitkergrössen. insgesamt, schneller, von der reisequalität und vom arbeitspotential zumindest für mich viel effizienter.

3. für die ca. 25 . 30 flüge im jahr (in welchen natürlich auch andere flüge eingeschlossen sind, so salzburg-zürich, münchen malpensa etc) verwende ich – bis dato ohne grössere beeinträchtigungen innsbruck oder verona. wenn ich nach norden muss, dann ist das drehkreuz wien oder frankfurt ein thema, welches sehr gut an innsburck angebunden ist, wenn ich nach london oder weiter muss, dann gibt es direktflüge und ich bin in vier stunden von tür zu tür, ansonsten und in den süden, auf die inseln des mittelmeers oder nach und über paris oder auch münchen ist verona ideal. gleichfalls dreieinhalb bis vier stunden im weitesten fall von tür zu tür. wenn sich südtirol und unsere so effiziente landesregierung gemeinsam mit dem trentino, dem veneto (übrigens ist südtirol auch am flughafen valerio catullo in verona beteiligt) mal im befreundeten rom über eine bahnanbindung an verona villafranca bemühen könnte, was eine anreise im öffentlichen verkehrsmitteln sehr attraktiv machen würde (wie es zukunftig auch der bbt für ibk und münchen machen wird), dann wäre noch etwas mehr reiseeffizienz (die von unseren wirtschaftstreibenden (übrigens fühle ich mich auch als solcher) eingefordert wird. wenn ich also höre, dass wir durch den nicht-flughafenausbau unsere wirtschaftliche und wirtschaftspolitische attraktivität verlieren würden, dann muss ich nur schmunzeln.

4. es hätte ja nicht besser für einen flughafenskeptiker laufen können: die umweltverträglichkeitsprüfung ist negativ ausgefallen, ein ausgewiesener flugexperte wie niki lauda äussert grosse bedenken über die wirtschaftlichkeitstauglichkeit und von befreundeten berufspiloten (solche die mit airbus und boeing fliegen) hört man, dass der anflug auf bozen mit grösseren maschinen nicht einfach sei und dass vom schwierigkeitsgrad bozen auf grund der thermik durchaus mit schwierigen inselflughäfen des mittelmeers vergleichbar sei, wesentlich schwieriger etwa als das föhngeplagte innsbruck, welches durch die perfekte ost west exposition doch eine wesentlich längere anflugbahn hat und eben den ost- oder den westanflug, je nach wind erlaubt.

5. man sollte deshalb unbedingt zum referendum ! das hingehen ist eine bürgerpflicht und ein zeichen von demokratie, ausser man will auch weiterhin von sprücheklopfenden landespolitikeryoungster, christlichen brüdern etc. bevormundet und teilweise als blöd verkauft werden !

in diesem sinne und als bescheidenen beitrag eines mitdenkenden mitbürgers danke ich euch für eure aufmerksamkeit (wer das lesen bis hierher geschafft hat) !

lieben gruss aus dem zug…

eurer walter angonese

ps: ich glaube südtirol und seine südtiroler tun gut das ganze sehr gut zu überdenken. bevor sie zum referendum schreiten. hingehen muss man allemal.

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Lieber Walter,

ich habe mir längstens schon gewünscht, dass mir jemand mal erklärt, wie der Flughafen Bozen (nicht) funktioniert und auf was es dabei eigentlich ankommt. Du hast das nun sehr anschaulich dargestellt und dabei die Zusammenhänge und Probleme umfassend aufgezeigt. Dies alles von einem Vielflieger wie dir zu hören, der die Realität somit bestens kennt, ist recht erstaunlich und deshalb umso bemerkenswerter. Sie bestärken mich weiter in meiner Haltung gegen den Ausbau des Flughafens und ich kann deinen Argumenten hinsichtlich der Sinnlosigkeit des Vorhabens voll und ganz beipflichten, wenn auch bei mir die Ausgangslage etwas anders ist. Seit den achtziger Jahren habe ich mich nämlich aktiv in die Umwelt- und Naturschutzproblematik eingebracht und damals schon hatte ich aufgrund des Beginns der globalen Klimaprobleme (Ozonloch, Waldsterben, etc.) beschlossen, nie zu fliegen. Aufgrund meiner (fundamentalistischen ?:) Überzeugung werde ich es wohl weiterhin so halten.

Jedenfalls hast du völlig recht, wenn du fragst, was wir im Lande eigentlich noch alles wollen. Müssen Straßen, Pisten, Seilbahnen, Parkplätze, Hotels,…wegen einiger kurzer Spitzenzeiten weiter ausgebaut werden? Um dann die Betten die restliche Zeit unter Preis zu verschleudern und dafür sollen die bisher unerwünschten Tages- oder Wochenendtouristen angeworben und eingeflogen werden?

Wir sollten uns doch wirklich auf unsere Stärken von Landschaft, Klima und Menschen (?) konzentrieren und diese vermitteln: „Magie der Vielfalt“, ein wahrlich aussagekräftiger Slogan, der das Land Südtirol wunderbar beschreibt und Gefühle und Emotionen weckt.

Lieber Walter, Deine Kritik und Anregungen wären im Grunde schon ein Konzept für Südtirol und sind eigentlich nur umzusetzen. Punkt. Basta.

Nachdem die Umfrage aber nicht den Wünschen der Flughafenbetreiber entspricht, wird jetzt von den Machern versucht, die bisherige und auch derzeit bestehende breite Ablehnung des Flughafens auf das Informationsmanko der Bürger zu reduzieren. Deshalb wird uns die nächsten zwei Monate wohl eine massive Werbeflut überschwemmen, damit das gewünschte Ziel doch noch erreicht wird.

Soweit sollten wir es nicht kommen lassen!

Deshalb: zur Volksbefragung hingehen und mit-be-stimmen!

 

Beste Grüße

Albert Willeit, Gais

 

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