Garage Schlosswiese: aus aktuellem Anlass nochmals ausführlich

Die Ankündigung des Bürgermeisters, die Gemeinde wolle den Grund der Schlosswiese kaufen und dort auf eigene Faust eine Tiefgarage mit 300 Plätzen bauen, Kostenpunkt 8-10 Millionen, stößt bei uns gelinde gesagt auf Unverständnis.

Im Mai 2012 traf der Gemeinderat nach langer Diskussion eine Grundsatzentscheidung zugunsten einer Tiefgarage in der Schlosswiese, zu verwirklichen mittels Raumordnungsvertrag mit den Grundbesitzern. Dieser Vertrag sollte es ermöglichen, dass die Gemeinde mindestens 200 Parkplätze erhält, ohne dafür Geld in die Hand nehmen zu müssen. Das entscheidende Argument für den Standort Schlosswiese war, dass dort ein solches Angebot vorliege und die Garage für die Gemeinde „kostenlos“ sei, während in der Schlosskurve die Gemeinde selbst bauen müsste und das sei nicht vorstellbar, dafür sei kein Geld da. Für die Garage im Bereich Schloss wurde von vornherein die fixe Vorgabe gemacht, dass sie mittels Raumordnungsvertrag zu finanzieren sei und damit wurde der Standort Schlosskurve a priori ausgeschlossen.

Wir haben den angekündigten Urbanistik-Deal von Anfang an in Frage gestellt, da es uns schleierhaft war, welcher Art und Dimension die Gegenleistungen der Gemeinde sein sollten, um das Ganze zu finanzieren und die Stellplätze „gratis“ zu erhalten. Der Schleier hat sich nie gelüftet, es folgten Jahre der „Verhandlungen“ und der Ankündigungen, dass man bald so weit sei. Kurz von den Gemeinderatswahlen 2014 wurde noch schnell eine nebulöse Absichtserklärung vorgelegt, der neue Bürgermeister übernahm dann und es blieb weiter bei Ankündigungen.

Knapp fünf Jahre nach dem Beschluss des Gemeinderats wurde endlich zugegeben, dass der Deal nicht zustande kommt. Er war von Anfang an nicht realistisch. An sich wäre ein solches Projekt spätestens nach zwei Jahren ergebnislosen Verhandelns abzubrechen und an den Gemeinderat zurück zu verweisen. Das geschah aber auch nach fünf Jahren nicht. Stattdessen soll die Gemeinde jetzt tun, was vor der Entscheidung immer kategorisch ausgeschlossen wurde: selbst und auf eigene Kosten bauen.

Das deckt der Beschluss von 2012 aber auf keinen Fall. Er bezog sich auf ein Gesamtkonzept, Standort und Art der Finanzierung, und der Standort wurde vor allem wegen des versprochenen Urbanistikdeals gewählt. Mit dem Deal fällt also auch die Standortentscheidung, die Diskussion ist neu zu führen. Das ist nicht geschehen, die Verkehrskommission ist in den letzten Jahren keine Minute mit dem Thema Schlossgarage befasst worden und auch im Gemeinderat geschah nichts außer vagen Ankündigungen. Das ist eine Missachtung des Gemeinderats: Wenn ein Beschluss nicht durchführbar ist, ist er neu zu diskutieren. Als Gemeinderat fühlt man sich da jahrelang an der Nase herumgeführt.

Zur Frage „Schossgarage“ an sich. Hier werden seit vielen Jahren zwei unterschiedliche Themen durcheinander gebracht. Das erste Thema ist der zentrale Auffangparkplatz für die Zufahrt von Süden, wie er in jedem unserer zahlreichen Verkehrskonzepte vorgesehen ist. Für diese Funktion ist die Schlosswiese nicht geeignet, weil sie hinter dem Schloss liegt in einer Entfernung, die sie fürs Stadtzentrum unattraktiv macht. Sie liegt vom Rathausplatz gleich weit weg wie der Bahnhof. Die Schlosskurve bietet sich für diese Funktion hingegen geradezu an und war nicht zufällig schon im Tiefenthaler-Winkler-Konzept von 1993 eingezeichnet. Mit vergleichsweise geringem Aufwand lässt sich hier ein Parkplatz mit attraktivem Zugang Richtung Stadtgasse, Graben und Oberstadt verwirklichen. Das Argument, dass nicht weit davon die neue Garage beim Techpark vorgesehen ist, ist kein Argument: Techpark und Rathausgarage dienen für die Zufahrt von Norden und Westen, der Schlossparkplatz für die Zufahrt von Süden. Was stimmt, ist, dass mit der neuen Zufahrt zum Stegener Marktplatz die Reischacher Straße als Zufahrt zur Stadt von Westen her an Bedeutung verliert. Von Westen kommend ist die „Ausfahrt Mitte“ so und anders nicht besonders interessant. Aber der Verkehr, der vom Oberpustertal und von Reischach kommt, braucht eine zentrale Parkmöglichkeit, bevor er die Reischacher Kreuzung erreicht. Man muss hier nicht mehr an eine Garage mit 400-500 Plätzen in der Schlosskurve denken, es geht sicherlich bescheidener und damit auch einfacher und kostengünstiger – auf jeden Fall günstiger als in der Schlosswiese, jetzt, da die Option „gratis“ vom Tisch ist. Zudem ist der Grund an der Schlosskurve öffentliches Eigentum.

Es geht letztlich darum, den Verkehr an der Reischacher Kreuzung zu reduzieren. Bislang überwiegt dort der Entlastungseffekt der Reischacher Ausfahrt. Die Fahrgewohnheiten passen sich allerdings sehr langsam an und der Verkehr, der von der Reischacher Straße ins Stadtzentrum drängt, kann noch zunehmen. Wer bis jetzt die Rechnung bezahlt hat, sind Fußgänger und Radfahrer, die mit der Entfernung eines wichtigen Übergangs und verlängerten Wartezeiten bestraft wurden. Ampeln scheinen letzthin in erster Linie als Fußgänger-Behinderungsanlagen zu dienen. Aber sofern es sich um „intelligente“ Ampeln handelt, wird man sie hoffentlich auch dazu bringen können, mit der Zeit der Fußgänger etwas weniger großzügig umzugehen.

Das zweite Thema, das man besser von Anfang an getrennt davon behandelt hätte, ist ein Parkplatz für das Gebiet Pfarrkirche-Ragenhaus-Oberstadt. Das ist ein sehr altes Thema, im Sinne einer Befreiung von Oberstadt und Rienz vom fahrenden und ruhenden Verkehr ist so ein Parkplatz natürlich wünschenswert. Eine einfache und unproblematische Lösung gibt es dafür allerdings nicht. Und die Schlosswiesengarage steht in keinem Verhältnis zu dieser Funktion. Mit einem Riesenaufwand in einem so problematischen Gebiet eine Tiefgarage mit 300 Plätzen tief in die Schlosswiese zu graben samt sehr aufwändiger Zufahrt, mit Kosten, die in Richtung eines zweistelligen Millionenbetrags gehen – das ist schlicht nicht vernünftig. Abgesehen von der Frage, wo die Gemeinde plötzlich die ganzen Millionen hernehmen soll. Hier werden vielleicht 100 Parkplätze gebraucht, 150, um großzügig zu sein – da ist die Schlosswiese wirklich keine Option. Es gibt einige Möglichkeiten, diese Parkplätze in der Nähe des Ragenhauses unterzubringen. Unproblematisch ist, wie gesagt, keine davon, aber zu diskutieren wären sie. Aber eine Diskussion hat es in dieser Frage in den letzten 10 Jahren nicht gegeben. Man glaubte wohl, mit der Schlosswiese zwei Fliegen mit einer Klappe zu erwischen. Aber die Schlosswiese teilt das Schicksal vieler unglücklicher Kombi-Lösungen: sie ist für beide Aufgaben schlecht geeignet. Man könnte fast den Eindruck haben, es ginge darum, mit dem größtmöglichen Aufwand den kleinstmöglichen Effekt zu erzielen.

Die Oberstadt und ihre „Belebung“ hat immer wieder als Argument für die Schlosswiese herhalten müssen. Fragt sich nur, was das eigentlich sein soll mit der „Belebung“. Die Oberstadt ist eine der schönsten Ecken Brunecks. Sie hat ein besonderes Flair. Das liegt aber, wenn man ein wenig nachdenkt, gerade auch daran, dass sie zwar noch zentral, aber auch ein bisschen abgelegen ist. Man muss hingehen. Seit sie verkehrsberuhigt ist, hat sie sich auch durchaus entwickelt. Die Tatsache, dass hier die Frequenzen und damit auch die Mieten niedriger sind, ermöglicht es, hier Tätigkeiten zu halten, die im Zentrum des Zentrums nicht bestehen könnten. Die Streitergasse in Bozen ist in dieser Hinsicht ein recht ähnlicher Fall. Dort haben sich Aktivitäten angesiedelt, für die die Lauben zu teuer sind, es ist dort ruhiger, aber es ist dennoch und gerade deswegen ein sehr wertvoller Teil der Bozner Altstadt. Ähnliches gilt für die Oberstadt. Sie ist es wert, dass man hingeht. Eine zweite Unterstadt daraus machen zu wollen samt großen Ketten, würde ihren Charakter ruinieren. Abgesehen davon, dass das schwerlich funktionieren würde. Der Parkplatzbedarf im Bereich Oberstadt ist begrenzt. Und hätte man nicht entschieden, das Ragenhaus mit einer Einrichtung zu überfrachten, die für diesen Standort schlicht und einfach zu groß ist, wäre die Situation noch wesentlich einfacher. Aber auch beim Ragenhaus sind Zweifel angebracht, ob da eine Schlosswiesengarage recht viel bringt. Vom Auto bis zum Eingang des Ragenhauses sind es auch schon knapp 200 Meter, die Kuntnerbrücke liegt näher. Hinters Schloss und ein paar Stöcke unter die Erde fahren, um schnell sein Kind in die Musikschule zu bringen – fraglich, ob das funktioniert.

Kurz gesagt, das Projekt „Schlosswiese“ hat uns nie überzeugen können. Wir wundern uns über den Starrsinn, mit dem dieses Projekt trotz seiner mehr als offensichtlichen Schwächen seit vielen Jahren verfolgt wird .

28.03.2017
Hanspeter Niederkofler
Grüne Ratsfraktion

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