Quergedacht: Urlaub in Griechenland

Katholisches Sonntagsblatt 31/2012

Urlaub in Griechenland hatte heuer etwas Verwegenes und Missionarisches zugleich – das Betreten eines Sündenpfuhls der EU und eines finanztechnischen Notstandsgebietes: Würde es, waren die Fragen bei der frühen Buchung, den Euro noch geben? Würde irgendetwas funktionieren? Würden die Straßen voller Wut sein, die Geschäfte voller Betrüger? Urlaube sind keine Sozialstudien, aber wer offenen Herzens reist, sieht und hört. Wir sahen: Menschen, die vor allem herzlich waren, die ein Trikgeld annahmen, aber mit festem Händedruck, um dann in der Küche schnell noch ein Gegengeschenk zu holen, eingeweckte Trauben oder Tomaten, einen Saft oder Eis für den Reisekühlschrank. Wir sahen Fischer, die für wenig Fang hart arbeiten, aber lachten und zufrieden waren. Als einer uns aus einer Notlage half und wir ihm Geld anboten, winkte er wortlos ab und ging weiter. Wir sahen keinen Stress, kein Hetzen, kein Gieren – wir sahen so vieles nicht, was unseren Alltag ausmacht und unser Wirtschaftssystem hochtourig laufen lässt. Haben vielleicht nicht nur die Griechen von uns, sondern wir auch von den Griechen zu lernen? Oder anders gefragt: Was ist ein glückliches Leben, entscheidet es sich an den Finanzmärkten oder im kleinen eigenen Alltag?
Hans Karl Peterlini

Dieser Beitrag wurde unter Artikel abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.