Das Toponomastikgesetz

stol, 14. September 2012 – APA/AFPLokal

Toponomastik-Gesetz genehmigt

Historische Abstimmung im Südtiroler Landtag: Nach Jahrzehnten, in denen die Ortsnamenfrage in Südtirol ungelöst war, gibt es seit Freitag ein Landesgesetz, das die Toponomastik neu regelt. 18 Abgeordnete der SVP und zwei des PD haben für den Gesetzentwurf der Regierungskoalition im Landtag gestimmt. Die Opposition war mit zwölf Gegenstimmen beinahe geschlossen dagegen; zwei Landtagsabgeordnete haben sich bei der Abstimmung um Mitternacht der Stimme enthalten. In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden die deutschsprachigen Ortsnamen durch das faschistische Regime von Benito Mussolini abgeschafft und durch italienische, die von Ettore Tolomei stammen, ersetzt. Mit dem Autonomiestatut von 1972 war das Recht zugestanden worden, dass die deutschen Ortsnamen wieder eingeführt werden. Dabei wurde auch die Pflicht zur Zweinamigkeit verankert.Sechs ArtikelNach vielen Debatten rund um das Thema Ortsnamengebung wurde es im Landtag am späten Freitagnachmittag ernst: Die Landtagsabgeordneten stimmten über einen SVP-Gesetzentwurf ab. Bis zum späten Abend wurden die sechs Artikel genehmigt.

Artikel 1 sieht ein Verzeichnis der Ortsnamen vor, das alle vor Ort gebräuchlichen Ortsbenennungen umfasst, sowie die antiken oder nicht mehr verwendeten Namen. Es zählt der Gebrauch auf Bezirksebene. Jeder Ortsname wird in der deutschen, italienischen, und ladinischen Fassung eingetragen, sofern in jeder dieser auf Bezirksebene gebräuchlich ist. Der Vorschlag zur Eintragung in das Verzeichnis wird an den Rat der Bezirksgemeinschaft gerichtet, wobei den in der jeweiligen Sprache geläufigen Benennungen und der ursprünglichen Fassung der historischen Namen Rechnung zu tragen ist, heißt es in Artikel 1. Definiert soll die Gebräuchlichkeit dann von einer paritätisch besetzten Kommission werden, in der je zwei Vertreter jeder Sprachgruppe sitzen. Auf diesen Kompromiss hatten sich die SVP und der PD am Freitag geeinigt. Der entsprechende Artikel 3 im Gesetzentwurf ist vom Landtag genehmigt worden.

Artikel 2 definiert die Landeskartographie. In die topographischen Karten werden die gebräuchlichen Namen eingetragen, gereiht nach der Größe der Sprachgruppen im jeweiligen Ort.

Artikel 3 regelt Zusammensetzung und Arbeit des Landesbeirats für Kartographie. Auch zu diesem Artikel gab es, neben zahlreichen Anträgen der Opposition, einen Ersetzungsantrag von Elmar Pichler Rolle und Roberto Bizzo, der genehmigt wurde. Demnach soll der Beirat aus Fachleuten bestehen, die zur Hälfte vom Landtag und zur Hälfte von der Landesregierung namhaft gemacht werden, jeweils auf Vorschlag der jeweiligen Sprachgruppe. Der Beirat wird paritätisch besetzt, zwei Mitglieder pro Sprachgruppe, und entscheidet mit absoluter Mehrheit der Anwesenden.

Die restlichen Artikel

Artikel 4 legt die Richtlinien für die Hodonomastik fest. Demnach werden Straßen und Plätze in zwei bzw. drei Sprachen benannt, außer bei Eigennamen, Ortsnamen, für die es keine andere Schreibweise gibt, und Ausdrücke, für die es kein Korrelat in anderen Sprachen gibt. Das örtliche Namensgut sei dabei zu bevorzugen.

Artikel 5 enthält die Finanzbestimmung. Die Ausgaben für das laufende Jahr werden auf maximal 30.000 Euro geschätzt.

Artikel 6 hebt das Landesgesetz Nr. 26 vom 12. Juli 1975 auf. Keine Volksabstimmung.

Vor der abschließenden Abstimmung wurde über den Antrag von Andreas Pöder (BürgerUnion) entschieden, über das Gesetz eine Volksbefragung abzuhalten. Der Landtag lehnte den Antrag mit 12 Ja-Stimmen und 22 Nein-Stimmen ab.
stol

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