Neue Südtiroler Tageszeitung, 09.12.2012 – Dass Schützen und Heimatpfleger mit Plakaten gegen den Ausverkauf der Heimat kämpfen, gefällt Nico Ponziano gar nicht. Der Immobilienmakler über die Gefahren für den Tourismus.
Und über den Schutz für die Heimat.
Tageszeitung: Haben es die Immobilienmakler im Hochpustertal besonders schwer, seit die Aktionen gegen den Ausverkauf der Heimat angelaufen sind, Herr Ponziano?
Nico Ponziano: Das würde ich so nicht sagen. Denn: Sobald es ums Geld geht, lassen die meisten Leute sich kaum ein Geschäft durch die Lappen gehen. Es ist leider so, dass praktisch niemand an Einheimische verkauft, wenn er von anderswo bessere Angebote bekommt. Jeder will den maximalen Preis herausholen.
Zeitigt der Zweitwohnungstourismus Ihrer Meinung nach gar keine negativen Folgen?
Das Problem mit dem Ausverkauf der Heimat muss man unter einem urbanistischen, einem politischen und einem persönlichen Aspekt sehen. Indem man alles miteinander vermischt, kreiert man Unmut zwischen den drei Sprachgruppen. Wie die Südtiroler gern an den Gardasee oder nach Jesolo fahren, kommen die Italiener gern in die Berge. Überall, wo es Tourismus gibt, entsteht Zweitwohnungstourismus. Dass man dagegen hier so aggressiv vorgeht und die Kunden beschuldigt, ist gar nicht gut.
Warum haben Sie mit den Plakataktionen von Schützen und Heimatpflegern ein Problem?
Das artet aus. Solche Aktionen stören das friedliche Zusammenleben zwischen Einheimischen und Touristen. Bei mir fragen oft Kunden nach, was diese Plakate zu bedeuten hätten. Diese Plakate gehören verboten. Es kann nicht sein, dass man auf diese Art und Weise einen Protest durchzieht.
Schaden diese Aktionen dem Tourismus im Hochpustertal?
Das ist klar. Es ist ein Teufelskreislauf: Solange es allen gut geht, gibt es keine Probleme. Mit der Krise beginnen diese Aktionen. Aber was ist Ausverkauf der Heimat? Bei einem Hausbau sind bis zu 40 Unternehmen beteiligt, vom Tischler bis zum Architekt. Alle naschen am Kuchen mit. Verkaufen all diese Menschen ihre Heimat? Wenn dem so wäre, würden nicht mehr 5.000 Schützen aufmarschieren, sondern höchstens 300. Es ist doch lächerlich, nur den Kunden und den Makler die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das muss auch gesagt werden.
Was wünscht der Tourist?
Die Touristen müssen sich hier wohlfühlen. Polemiken um den Wohnungsmarkt machen nur schlechte Stimmung. Wenn man etwas bewirken will, muss man es mit einer Gesetzesänderung versuchen.
Welche Art von Gesetzesänderung wäre sinnvoll?
Die Heimatschützer wünschen sich dieselbe Acht-Prozent-Hürde, wie sie in Nordtirol angewandt wird. Aber das funktioniert nicht. Es gibt zu viele Schlupflöcher, das zeigt sich besonders eindrücklich in Kitzbühel. Unsere Gesetzgebung mit dem konventionierten Wohnbau halte ich für sehr viel sinnvoller.
Würden Sie in Südtirol alles beim Alten belassen?
Der Löwenanteil gehört den Einheimischen. In den allermeisten Gemeinden ist der Anteil der Zweitwohnungen entsprechend niedrig. In Gemeinden wie Toblach oder Innichen werden freilich rund 30 Prozent der Kubatur an Nicht-Einheimische verkauft. Trotzdem: Der bestehende Schutz reicht vollkommen aus. Mehr geht nicht.
Ist der Zweitwohnungstourismus in Ihren Augen überhaupt ein großes Problem?
In der Toskana, wo 100 Prozent der Kubatur verkauft werden, ist dies ein enormes Problem. Aber nicht bei uns. Das viel größere Problem ist, dass die Lebenserhaltungskosten unheimlich gestiegen sind. Ein Reihenhaus kostet heute rund 400.000 Euro. So viel Geld haben die jungen Südtiroler nicht. Und sie suchen nach Schuldigen.
Interview: Silke Hinterwaldner
Der Anlass
Nico Ponziano arbeitet seit vielen Jahren als Immobilienmakler vor allem im Hochpustertal, derzeit im Unternehmen Aurimmobil. Ponziano ist Mitglied der deutschen und der italienischen Maklervereinigung. Was ihn ärgert, sind die Aktionen gegen den so genannten „Ausverkauf der Heimat“. Im Frühjahr hatten sich Heimatpfleger, Schützen und Gewerkschafter zusammengetan, um eine großräumig angelegte Plakataktion zu organisieren. An den Eingängen jener Dörfer, in denen besonders viele Zweitwohnungen verkauft werden, wurden große Transparente aufgehängt, die auf die Probleme mit dem Zweitwohnungstourismus hinweisen.
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