Die Toblacher Volksbefragung könnte ein Lehrbeispiel für gute Bürgerbeteiligung sein. Aber im Dorf selbst hat das Ergebnis tiefe Gräben aufgeschüttet.
von Silke Hinterwaldner
Toblach hat eigentlich alles geklärt. Die Volksbefragung vom 18. November hat ein mehr als deutliches Ergebnis gebracht. 72 Prozent der Wähler wollen keine Tunnels, sondern zwei Kreisverkehre, um die Kreuzung an der Hauptstraße zu entwirren. Und das bei einer sagenhaften Wahlbeteiligung von 68 Prozent!
Damit haben die Toblacher alles gesagt. Möchte man meinen. In der Realität aber scheinen sich viele im Dorf mit dem Ergebnis dieser Befragung ganz und gar nicht abfinden zu wollen. Eine Erklärung dafür ist schnell gefunden: Viele Exponenten – Vizebürgermeister, Gemeindereferenten, Wirtschaftsbosse und Hoteliers – haben in den Tagen vor der Abstimmung ganz offen Wahlkampf für die Tunnellösung gemacht. Zuletzt war auch ein Flugblatt in Umlauf, das die Vorteile der Tunnels hervorhob und alle anderen Lösungen als sinnlos darstellte. Aber so einflussreich sie auf Gemeindeebene auch sein mögen, diese Abstimmung haben die Toblacher Strategen verloren. Manche nehmen das Votum zähneknirschend zur Kenntnis und appellieren an die Vernunft. Andere wollen aber anscheinend nicht klein beigeben. Immer tiefere Gräben tun sich in Toblach auf.
Das Ergebnis der Volksbefragung ist aber wohl auch eine Folge der Politik mehrerer Jahre. Schon mit der Wahl von Guido Bocher zum Bürgermeister haben die Toblacher gezeigt, dass sie sich nicht an der Nase herumführen lassen wollen. Dieses Gefühl des Nicht-Verstanden-Werdens hat sich unter anderem in der leidigen Geschichte rund um den Bau des Langlaufstadions manifestiert. Damals war über den Köpfen vieler Bürger hinweg etwas entschieden worden, das sie so nicht haben wollten. Jetzt mögen sie keine protzigen Großprojekte mehr.
Bürgermeister Bocher scheint in dieser Situation den richtigen Ton zu treffen. Er hält sich mit politischen Meinungen zurück, aber er hört zu. Hat die Volkspartei die Lage verkannt? „Nein“, sagt Ralf Pellegrini, „wir haben die Volksbefragung mitgetragen und sind stets, so gut es geht, demokratisch verfahren.“ Es gebe verschiedene Meinungen, aber die Mehrheit der Bürger hat entschieden. „Jetzt“, sagt Pellegrini, „ist es in Toblach wichtig, dass wir zusammenhalten. Eine Gemeinde in der Peripherie hat ohnehin schon genug andere Probleme.“
Und trotzdem: Erst haben die Toblacher gegen den Willen der SVP-Lokalpolitiker Guido Bocher zum Bürgermeister gemacht und jetzt haben noch einmal doppelt so viele Toblacher für jene Verkehrslösung gestimmt, die höchstens von den Bauern offen mitgetragen wurde.
Christian Furtschegger freut sich. Der Gemeindepolitiker der Liste „Zukunft Toblach“ sagt: „In der Demokratie zeigen die Bürger ihre Kraft!“ Es gehe längst nicht mehr darum, ob in Toblach zwei Tunnels oder zwei Kreisverkehre gebaut würden. Es gehe vor allem darum zu zeigen, wie Bürgerbeteiligung tatsächlich funktionieren kann. Toblach ist zum Lehrbeispiel geworden. Jetzt gilt es nur noch, den Willen der Bürger zu akzeptieren und ihn auch umzusetzen.