Ried: Der dritte Weg?

Untenstehender Artikel von Hans Peter Lercher erschien in ursprünglicher Fassung in der Pustertaler Zeitung vom 23.04.2010. Ich habe ihn durch minimale Änderungen aktualisiert und ergänzt.

Wer diesen Vorschlag teilt muss bei der Volksbefragung natürlich mit NEIN stimmen! (Walter Harpf)

Kompromissvorschlag zum Ried-Projekt

Der dritte Weg?

Die Diskussion um die geplante Ried-Piste am Nordosthang des Kronplatzes nach Percha ist anlässlich der bevorstehen Volksbefragung neu entflammt. Weil die Befürworter und Gegner nach wie vor keine gemeinsame Lösung finden, schlägt nun der Brunecker Fraktionspräsident, Walter Harpf, einen Kompromiss vor.

Und zwar will Walter Harpf nicht in seiner Eigenschaft als Verwalter oder Politiker reden, sondern als mitdenkender Bürger: „Ich melde mich als Brunecker Kaufmann, Umweltschützer, Kronplatzaktionär und Skifahrer zu Wort. Und zwar verstehe ich meine Stellungnahme als unpolitisch. Sie ist weder mit irgendwelchen politischen Fraktionen noch mit der Anti-Ried-Aktionsgruppe abgesprochen.“ Seinem Kompromissvorschlag schickt Harpf einige Feststellungen voraus: „Der Kronplatz ist mit allem, was damit zusammenhängt unser Wirtschaftsfaktor Nummer 1 und soll das auch bleiben. Den Pionieren gilt mein Dank ebenso wie der seitherigen vorbildlichen Führung durch die Kronplatz-Seilbahn AG, die zum Großteil aus Bruneckern besteht. Diese arbeiten im Interesse vieler Brunecker, was man inzwischen allerdings vergessen zu haben scheint. Wenn sich in dieser Angelegenheit schon sonst niemand für die Brunecker Interessen einsetzt, muss es halt ich tun. Wir sind dabei, uns in Percha die eigene Konkurrenz zu bauen und zu züchten!“ Und doch ist für Harpf der Wunsch der Kronplatz-Seilbahn AG nach einer weiteren leichten Piste zumindest „nachvollziehbar“. “ Seit der Errichtung der ersten Seilbahn in Reischach gab es bedeutende Veränderungen in touristischen Ansprüchen, in Umwelt-, Klima- und Verkehrsfragen und nicht zuletzt im politischen Umgang miteinander“.

Bruneck, nicht Percha!

Was schlägt Harpf nun als Kompromisslösung vor? „Als Mitglied der Plattform Pro Pustertal stehe ich einerseits jeder Aufwertung der Bahn begeistert gegenüber. Aber alle Anbindungsprojekte der Seilbahnen an den Zug müssen vom Brunecker Mobilitätszentrum ausgehen, das wohl nicht umsonst diesen Namen trägt. Ein sinnvoller und durchaus machbarer Ansatz scheint mir die Idee einer Schwebebahn, wie sie Hans Costabiei vorschlägt.“ (Vgl. PZ Nr. 7 vom 9. April 2010). Wobei Harpf Costabieis Vorschlag als “Denkanstoß“ verstehen möchte, der – was die Realisier- und Finanzierbarkeit angeht – von kompetenter Stelle geprüft werden müsste. Sollte die Kronplatz-Seilbahn AG auf den unteren Pistenabschnitt und damit auf die Skibrücke über die Rienzschlucht verzichten, wäre damit jedenfalls, so mutmaßt Harpf, das Costabiei-Projekt zumindest auf Reischacher Fraktionsgebiet finanzierbar. Diese Investition müsste auch den privaten Aktionären vermittelbar sein, da die Kronplatz-AG in Verkehrsfragen eine Bringschuld gegenüber allen Bruneckern hat. Seit Jahrzehnten hat man beispielsweise die Entlastung der Stadt durch den Bau einer Reischacher Ausfahrt hintertrieben und tut das immer noch. Neben dem Verkehrsaspekt wäre laut Harpf „die Erhaltung des bisher naturbelassenen und deshalb auch tuoristisch sehr wertvollen Gebiets zwischen Reischach/Dorf und Ried/Oberhauser ein ertrebenswerter Nebeneffekt“ seines Kompromisses. Und: „Von den Skitouristen wird die Bahn-Anbindung in Percha/Ried nie akzeptiert werden. Spätestens nach der ersten enttäuschenden Probesaison ist mit dem Ausbau der direkten Straßenanbindung von Reischach nach Percha zu rechnen, was wiederum nur ein erster Schritt zur Verbauung des ganzen Gebietes wäre. Und zusätzliche Pisten würden folgen…“ Harpf gibt zu bedenken, dass durch diese Verlagerung die Einkaufsstadt Bruneck schnell ins Abseits geraten könnte, ebenso das Hoteldorf Reischach. Eine Verbindung vom Brunecker Mobilitätszentrum nach Reischach wäre hingegen eine innovative Touristenattraktion und würde neben der Anbindung des Kronplatzes eine Reihe von Synergieeffekten wie die Anbindung der Stadtgasse, der Schlossberg-Tiefgarage mit Anbindung an die Oberstadt, des Messner-Museums, der Kühberglpromenade mit Waldfriedhof, der Sportzone Reischach und Reischach/Dorf mit sich bringen. Zur Not ließe sich diese Anbindung auch mit Shuttlebussen einrichten. Der von der Kronplatz- Ag ins Feld geführte bzw. befürchtete „Umsteigewiderstand“ käme entlang der komplizierten Bahn-Anfahrt nach Percha jedenfalls woanders, aber doch genauso zum tragen, wie bei der Kronplatz-Anbindung via Mobilitätszentrum. Wenn man schon mit immaginären Zug-Verkehrsströmen argumentieren möchte, soll man uns belegen, dass die Gesamtzahl der Zugnützer, also auch jene aus dem Unterpustertal oder aus dem Ahrntal über Percha/Ried schneller und konfortabler auf den Kronplatz-Gipfel kämen als über eine Anbindung via Brunecker Mobilitätszentrum!

Kürzere Piste

Das heißt für Walter Harpf aber nicht, dass auf die Ried-Piste gänzlich verzichtet werden müsste, sondern die geplante Piste sollte nicht ganz nach Percha hinabgezogen werden. Dazu Harpf: „so wäre die Piste zwar kürzer als geplant, aber immer noch vier bis fünf Kilometer lang. Diese Piste könnte mit einem Sessellift erschlossen werden, wie so viele andere Pisten auch. Das wäre vor allem im Sinne der Familienfreundlichkeit, denn das Umsteigen vom Zug auf den Lift, wie das beim Bahnhof Ried geplant ist, ist – abgesehen vom sehr steilen letzten Stück der geplanten Ried-Piste – schlicht familienfeindlich. Die Schneesicherheit könnte auf einer verkürzten Piste auch wesentlich leichter garantiert werden. Der Klimawandel wird die durchschnittliche Schneefallgrenze ohne Zweifel weiter nach oben verschieben, weshalb der Energieaufwand zur Beschneiung in ungeahnte Höhen schießen wird. Im unteren, sonnenexponierten Abschnitt der Ried-Piste wird die Beschneiung viel aufwändiger werden als z.B. auf der schattigeren Sylvester- oder der Herneggpiste.“ Zudem sollte diese kürzere Piste keine weitere Skiautobahn, sondern durch möglichst moderate Eingriffe den landschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden!

„Groß angelegte Spekulation“

Und schließlich hält Harpf seinen Vorschlag für relativ „verträglich“. Er könnte vielleicht auch von den bisherigen Ried- Gegnern akzeptiert werden, die auf eine Entscheidung durch die Volksbefragung im Sinne der Direkten Demokratie drängen. Harpf ist der Auffassung: „Mein Kompromiss könnte die dritte Option nach der Volksbefragung am 07. November sein“. Und auch die Grundbesitzer, die alles tun werden, um den Bau des geplanten Ried-Gesamtprojektes zu verhindern, könnten laut Harpf einlenken: „Der Widerstand gegen das Ried-Projekt wird hauptsächlich von den Wald- und Grundbesitzern im unteren Teil getragen. Im oberen Teil hat die Kronplatz-AG angeblich das Einverständnis der Eigentümer“. Von den bisherigen Plänen des Projekts Ried hält Harpf auch deshalb wenig, weil sich im Dunstkreis des Projekts bereits „starker Geruch nach groß angelegter Spekulation“ breit gemacht hat: „Schon vor geraumer Zeit haben Mitbürger, die für ihre Tüchtigkeit und ihre Weitsicht, aber vor allem für ihr Insiderwissen bekannt sind, im unmittelbaren Einzugsbereich der geplanten Talstation in Percha ausgedehnte Grundflächen erworben. Vom Versprechen, dass in Percha im Umkreis des Umsteigebahnhofs kein Großparkplatz und kein Einkaufszentrum usw. gebaut werden sollen, ist deshalb überhaupt nichts zu halten. Insgesamt wurde im Zuge der ersten Diskussionen von Seiten der Befürworter ausschließlich mit Halbwahrheiten hantiert.“ Und warum hat Harpf seinen Kompromissvorschlag gerade jetzt lanciert? „Diese Idee trage ich schon länger in mir herum, aber vielleicht gibt es jetzt eine gesteigerte Aufnahmebereitschaft für alternative Projekte.“

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