Bürgerliste Sexten: Interview Hans Peter Stauder. „Ich mag nicht mehr“

Er ist wohl der berühmteste Bürgerlistler Südtirols. Jetzt wirft Hans Peter Stauder das Handtuch, die Bürgerliste Sexten will sich nicht bei den Gemeindewahlen präsentieren. Über den Skipistenstreit, Enttäuschung und über Zukunftsängste.

Tageszeitung: Herr Stauder, ist es wirklich wahr, dass Sie aus der Gemeindepolitik aussteigen wollen?

Hans Peter Stauder: So ist es. Die Bürgerliste Sexten gibt es nun seit 1990, ich war damals bereits Mitglied der Baukommission. In den Gemeinderat gewählt wurde als unser erster Vertreter Hansjörg Rogger. Ich selbst bin nun seit 20 Jahren Gemeinderat. Das ist genug.

Aber seit dem Sextner Skipistenstreit ist Ihre Bürgerliste weit über Sexten hinaus bekannt. Sind diese Gemeindewahlen insofern nicht eine historische Chance für Sie?

Das mag schon sein. Im Dorf gibt es sogar einige, die meinen, dass ich jetzt Bürgermeister werden könnte. Aber das stimmt nicht. Das ist nichts als Spekulation. Wahr ist vielmehr, dass diese Arbeit in der Opposition sehr viel Kraft braucht. Gerade in der Zeit als die Wogen sehr hoch gingen, war das alles für uns mehr als anstrengend.

Tun Sie der Volkspartei mit Ihrem Rückzug nicht einen enormen Gefallen?

Ich weiß noch nicht, wie die SVP reagieren wird. Unsere Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren ist noch ganz frisch. Wir wissen aber, dass SVPler an unsere Unterstützer herangetreten sind und sie für eine Kandidatur in ihren Reihen motivieren wollten. Angeblich, weil die SVP kritische Leute auf ihrer Liste haben möchte.

Warum geben Sie dann gerade jetzt auf?

Uns ging es nie darum, einen großen Erfolg feiern zu können. Vielmehr ging es uns stets um die Sache. Dabei haben wir leider feststellen müssen, dass es in Sexten auf diesem Weg kein Weiterkommen gibt. Jetzt sind andere an der Reihe, Jüngere vielleicht. Schließlich trägt jeder einzelne Bürger Verantwortung für sein Dorf und für seine Gemeinde, dieser Verantwortung sollten sich die Menschen viel stärker bewusst werden.

Würden Sie jungen Sextnern die Mitarbeit im Gemeinderat empfehlen?

Das Problem ist: In Sexten haben viele Angst. Man hat viele Nachteile, wenn man sich politisch engagiert. Das habe ich am eigenen Leib erfahren müssen.

Sie haben sich vor allem dem Kampf gegen den Ausbau der Skipisten verschrieben…

Die Menschen müssen langsam verstehen, dass sie in Sexten fremdgeleitet werden. Das Sagen hat hier nicht der Gemeinderat, sondern die Sextner Dolomiten AG. Gegen diese Schattenpolitik hat man keine Chance. Nur ein Beispiel: In diesem schneearmen Winter sind die Loipen bei uns lange nicht eingeschneit worden. Der Grund dafür ist einfach: Drei Wochen lang haben sieben LKW den Schnee bis nach Padola gefahren, um die Skiwege zu präparieren. Die Langläufer zählen hier nichts, obwohl sie 30 Prozent der Gäste ausmachen.

Haben Sie keine Kraft oder keine Lust mehr, diesen Kampf weiterzuführen?

Ich muss sagen, es fehlt an der Motivation. Von Seiten der Bevölkerung haben wir wenig Unterstützung erfahren. Die angepeilten Ziele haben wir über die Jahre nicht erreichen können. In Sexten ist viel irreversibel zerstört worden. Ich sage nur: Wenn die Menschen hier nicht endlich aufwachen, steuert Sexten dem totalen Ausverkauf entgegen. Das hat auch damit zu tun, dass hier lange schon nicht mehr die Sextner selbst das Sagen haben. Man weiß nicht, wem unsere Berge in die Hände fallen werden.

Welche Entwicklung wird der Ausbau der Skigebiete in Sexten nehmen?

Wir stehen erst am Anfang. Heuer werden 20 Millionen Euro im Comelico investiert, dann steht die Verbindung mit Sillian auf dem Plan. Das wird eine riesige Sache. Man möchte das größte Skikarussell der Ostalpen werden und für die Osttiroler drängt die Zeit, weil die Verträge für die Grundverfügbarkeit langsam auslaufen.

Wäre es dann nicht gerade jetzt wichtig, dass es in Sexten eine oppositionelle Bürgerliste gibt?

Wie gesagt: Jetzt sind andere an der Reihe. Wenn den Sextnern ihr Tal ein echtes Anliegen ist, dann müssen sie darum kämpfen. Auch der Tourismus in Sexten verschließt noch die Augen davor, dass eine Verbindung mit Osttirol viele Nachteile mit sich bringt. Heuer werden die Seilbahnen Ende der Saison ein Plus verkünden, aber man sieht schon jetzt, dass sich alles auf Vierschach konzentriert. In Sexten ist es heuer in der Saison kein Problem, ein Zimmer zu bekommen. Das ist kein gutes Zeichen für den Tourismus.

Können Sie sich ein Leben ohne Politik überhaupt vorstellen?

Ohne Kommunalpolitik kann ich mir sehr gut ein Leben vorstellen. In meinem Herzen bleibe ich freilich ein politischer Mensch. Ich kann ja auch außerhalb des Gemeinderates alles verfolgen, was hier in  Sexten passiert. Außerdem arbeiten meine Frau und ich sehr engagiert für den Heimatpflegeverein in Sexten, und da gibt es jede Menge zu tun.

Interview: Silke Hinterwaldner, TZ 21.02.2015

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Hans Peter Stauder: „Jetzt sind andere an der Reihe“

ZITAT „Man hat viele Nachteile, wenn man sich politisch engagiert. Das habe ich am eigenen Leib erfahren müssen.“

Der Hintergrund: Die Bürgerliste Sexten gibt es seit mittlerweile 25 Jahren. Hans Peter Stauder sitzt seit 1995 für die Bürgerliste im Gemeinderat. Zwei Mal hat er dort alleine als Oppositioneller die Stellung halten müssen, zwei Mal war die Bürgerliste mit drei Mandataren vertreten. Derzeit sitzen neben Stauder seine Frau Regina Senfter und Georg Fuchs für die Bürgerliste im Gemeinderat. 2010 bekam die Bürgerliste immerhin gut 18 Prozent der Stimmen.

 

 

 

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2 Antworten auf Bürgerliste Sexten: Interview Hans Peter Stauder. „Ich mag nicht mehr“

  1. Vonwegen naendlich sagt:

    Hör mal „Endlich“………wenigstens gibt es in Südtirol noch Menschen die Charakter und Schneid besitzen und sich nicht wie Duckmäuser verkriechen. Für mich ist Herr Stauder ein glasklar denkender Mensch der vor allem auch imstande ist mit Weitblick über den Tellerrand hinauszuschauen. Die Rechnung wird immer zum Schluss gemacht und das wird Sexten in nicht allzu langer Zeit dick und fett zu spüren bekommen.

  2. Endlich sagt:

    Na endlich!!
    Und diese Skiverbindung mit Sillian ist zurzeit überhaupt kein Thema. Alles Panikmache.
    Zumindest wird in Sexten jetzt endlich Ruhe einkehren.