An der Ausfahrt Süd scheiden sich die Geister, PZ 05-2011

Zweiarmige den Einarmigen unterlegen

Der Brunecker Gemeinderat hat mehrheitlich entschieden: nur eine Abfahrt an der Südumfahrung. Die Schleife nach Reischach aus Kostengründen abgesetzt. Die Verfechter einer zweiarmigen Abfahrt sind enttäuscht. Klein beigeben wollen sie nicht. Selbst Kundgebungen und Protestaktionen ziehen sie in Betracht.

Die Reischacher Straße ist und bleibt die Zubringerstraße Nr.1 für den Kronplatz. Den vorerst letzten Strich in der Angelegenheit „Ausfahrt Süd“ setzte am letzten Februartag der Gemeinderat von Bruneck mit Unterstützung der Freiheitlichen. Die war für die Mehrheit deshalb ausschlaggebend, weil einige SVP-Räte dem Bürgermeister nicht die Stange hielten. Sie bestehen nach wie vor auf eine zweiarmige Ausfahrt, wovon einer eben nach Bruneck und die andere nach Reischach weist. Eine Lösung, die ursprünglich auch von Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler mitgetragen wurde. Allerdings unter der Voraussetzung, die Investitionskosten würden vorwiegend aus der Landeskasse bestritten.

Der diesbezüglich nötige Konsens zwischen Land und Gemeinde kam in dieser Form nicht zustande. Die Gemeinde formulierte daraufhin ihr Ziel neu und optierte am 28. Feber 2011 für die billigere Variante, sprich: für die Ausfahrt nach Bruneck. Damit ist der „Reischacher-Arm“ zwar nicht definitiv vom Tisch, doch wer mit den Mechanismen der öffentlichen Verwaltung einigermaßen vertraut ist, kann darauf wetten, dass die Verwirklichung des zweiten Arms durch den jüngsten Beschluss zeitlich weit nach hinten abrutscht. Dennoch: Eine vage Hoffnung bleibt den Betreibern des zweiten Armes erhalten. Denn wenn Südtirols Skiberg Nr.1 seine Magnetwirkung beibehält oder sogar verstärkt, und davon darf man ausgehen, wird eine Ausfahrt in Richtung Reischach in nicht allzu ferner Zeit zum Gebot, so man die Stadtbewohner, die Anrainer entlang der Reischacher Straße, jene von St. Lorenzen und Stefansdorf nicht definitiv vergraulen und zum Aufruhr animieren will. Anzeichen hierfür sind jetzt schon erkennbar. Wer sich hingegen von der geplanten Ried-Bahn durch die Zugreisenden eine einschneidende Entlastung im Straßenverkehr erwartet, träumt von Zeiten, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen.

Dass der Gemeinderat sich mehrheitlich für den „Brunecker-Arm“ ausgesprochen hat, hängt auch mit der bürgermeisterlichen Vision zusammen, den Graben irgendwann für den Verkehr zu schließen. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür wurde durch den im Osten und Westen zusammenlaufenden Umfahrungsring bereits geschaffen. Nun gilt es, in etwa das Beispiel von Bologna in Miniatur umzusetzen, will heißen: die Stichstraßen zu bauen. Die Abfahrt von der Umfahrung Süd in Richtung Stadt wäre eine davon. Günstig an der Straße gelegen das Messner-Mountain-Museum (MMM) und die ins Auge gefasste Tiefgarage im Bereich Schlossberg. Von dort aus ist es ein Katzensprung in die Altstadt. Für die Gastwirte und Kaufleute ein zweifellos attraktives Vorhaben.

Selbstverständlich bietet der Brunecker-Arm mittels eines Kreisverkehrs auch die Wahlmöglichkeit Reischach anzufahren. Genau darin liegt aber der Hund für die Anrainer entlang der Reischacher Straße begraben. Sie befürchten ein noch größeres Verkehrsaufkommen, verbunden mit mehr Lärm und Gestank, als dies bisher der Fall war. Eine keineswegs aus der Luft gegriffene Befürchtung. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint ihre Forderung nach einer eigenen Abfahrt nach Reischach als durchaus berechtigt, zumal diese um die Siedlungen herumführen würde. Und sollte zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich nur ein Arm finanzierbar sein, dann sei unbedingt der nach Reischach und nicht jener nach Bruneck zu verwirklichen.

Vollauf unterstützt werden die Reischacher in diesem Bestreben von der Gemeinde St. Lorenzen und insbesondere von den Bewohnern der Fraktion Stefansdorf. Bürgermeister Helmuth Gräber sprach diesbezüglich klare Worte: „Er akzeptiere die Nutzung der Straße von St. Lorenzen über Stefansdorf nach Reichach als allgemeine Zubringerstraße für den Skitourismus nicht.“ Gräber denkt an Einschränkungen, die zunächst Reisebusse beträfen. Den Bruneckern empfiehlt er, ihre Hausaufgaben selbst zu machen, anstatt sie auf andere abzuschieben.

Wenn auch vielleicht das ernsthafteste, ist das aber nicht das einzige Verkehrsproblem, mit dem sich „Marktgraf“ Helmuth Gräber derzeit zu beschäftigen hat. Die St. Martiner, das Nobelviertel von St. Lorenzen, fordern vom Bürgermeister die Schließung der Straße, die von der Gewerbezone „Aue“, an der Gadertaler Straße zwischen Pflaurenz und Montal gelegen, nach St. Martin führt. Dieser schmale, wenn auch asphaltierte Feldweg, sei für Busse und anderem Schwerverkehr ungeeignet und sollte für Pkws auch nicht als Verbindungsstraße zur Reischacher und Pustertaler Straße zugelassen sein. Bürgermeister Gräber erinnert an den Pendlerverkehr, den er nicht zu unterbinden beabsichtige. Einschränkungen im Übrigen werde er hingegen auf ihre Sinnhaftigkeit und Durchsetzbarkeit hin prüfen lassen.

Eine gewisse Erleichterung stellten die St. Lorenzner – und vielleicht mehr noch die Pflaurenzer – mit der Inbetriebnahme des Tunnels unter der Sonnenburg im vergangenen November fest. Die neue Brücke über die Rienz, die ausgebaute über die Gader bei Pflaurenz sowie die zusätzlichen Eingliederungsspuren an der Abzweigung ins Gadertal reduzierten den Rückstau in allen Richtungen merklich. Gelöst ist das Problem dadurch keineswegs. Endgültig Abhilfe schaffen soll die fest geplante neue Zufahrt westlich der Sonnenburg beim Waldfriedhof, die hinter Pflaurenz in die Gadertalerstraße einmünden wird. Natur- und Umweltschützer sehen dadurch das Ensemble „Sonnenburg“ verhunzt und rennen gegen das Projekt an. Laut dem Landesreferenten, Dr. Florian Mussner, sei dieser Zug definitiv abgefahren. Am Projekt werde nicht mehr gerüttelt. „Die (PPP & Co.) sollen gefälligst still sein“, sagt hingegen Dr. Franz Pircher und fährt fort: „Als wir eine mit Abstand günstigere Variante, ausgehend vom Tobl, vorgeschlagen hatten, begehrten genau jene dagegen lauthals auf, die sich nachher und heute für die „Tobl-Variante“ starkmachen. Mich haben sie damals mit Unterstützung der ‚Dolomiten’ politisch fertiggemacht!“

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4 Antworten auf An der Ausfahrt Süd scheiden sich die Geister, PZ 05-2011

  1. Robin Hood sagt:

    Ja , lieber <Fraktionsvorsteher,

    einarmig ist schon mal ein Erfolg, denn in 40 (vierzig) Jahren ist nix passiert.
    Die lange Ausfahrt hätte warscheinlich noch 40 Jahre gebraucht, um nicht gebaut zu werden.

    Frage an PPP: warum habt ihr euch die Idee der Riggertalschleife von der Svp JG stehlen lassen???

    Beste Grüsse

    Robin Hood

    • forum sagt:

      Die Südumfahrung steht seit 1989, das sind 22 (zweiundzwanzig) Jahre [auch lang genug, im übrigen] – vor der Umfahrung hätte man wohl schlecht eine Ausfahrt bauen können. Damals war’s aber genau die Gemeinde Bruneck, die (auf Befehl der Stadtgasse) darauf bestand, dass keine Ausfahrt gebaut wird.

      Und ungefähr in der gleichen Zeit hat die ARGENUP schon die Riggertalschleife verlangt. Da hat kein JGler etwas zu stehlen.

    • forumonline sagt:

      hallo robinrudy,
      die provokationsabsicht deiner zeilen ist schon klar, und doch: schade, dass nach all den infos, die auch du über den ppp-verteiler seit jahren bekommst, nicht mehr hängengeblieben ist. da könntet ihr doch mehr daraus machen, oder?
      aber letzhin entpuppen sich manche transparenz- und fairnessforderer ohnehin als klassische komplizen der macht!
      nicht nur traurig, nicht nur wählerbetrug. eigentlich schlicht zum schämen!

      mfg
      walter harpf

  2. forumonline sagt:

    An PZ Echo

    Betrifft: Zitat Franz Pircher in „Zweiarmige den Einarmigen unterlegen“ PZ 05-2011

    Dr. Franz Pirchers Aufforderung an die PPP & Co, in Sachen Einfahrt Gadertal via Tobl doch gefälligst still zu sein, erfordert eine Richtigstellung.

    Zutreffend ist, dass damals nicht nur von Franz Pircher, sondern unter anderen auch von Ing. Konrad Bergmeister und LH Durnwalder die “mit Abstand günstigere“ Tobl- Variante vorgeschlagen wurde.

    Wenn es schließlich doch zur überteuerten und die Landschaft entstellenden Klosterwaldausfahrt kommen sollte, müssen dafür BM Gräber und der Lorenzner Gemeinderat sowie LR Mussner geradestehen.

    Die PPP vertrat immer, dass die Tobl-Variante gegenüber einer Einfahrt an der Sonnenburg oder beim Klosterwald vorzuziehen ist. Was sie jedoch entschieden ablehnte, war die Fortsetzung des Tobl-Anschlusses von Runggen via Tunnel unter St. Martin Richtung Umfahrungssstraßenkreuzung in St. Lorenzens Osten, als Teil einer Unterpustertaler Schnellstraße.

    Dies hätte uns, ganz abgesehen von den immensen Kosten, auch in St. Lorenzen nach Vintler Vorbild eine zweite Umfahrungsstraße gebracht.

    Daß dieses Projekt niemand wollte war und ist auch ohne „politisches Fertigmachen“ von Seiten der „Dolomiten“ oder anderer Medien jedem klar.

    Für die PPP
    Walter Harpf

    10.03.2011