Verlassener Hof, von Regina Stockner, Milland, Dolomiten, 27.05.2011

Zusehends bröckelt der Putz von der Hausmauer.
In den fingerbreiten Klüften haben Spinnen und Eschen
ihre Behausung. Auch schimmeliges Laub lagert darin.

Der alte Sölder ist schief, sonnenverbrannt und morsch.
Keine Blume schmückt ihn mehr, wie damals die von der
Bäuerin mit viel Achtsamkeit gepflegte ,, brennende Lieb“,
die weit in das Land rot hinausleuchtete.

Das Dach ist nur mehr ein Holzgerippe,
durch das man den Himmel sieht.
Der Kamin liegt längst in der von Unkraut überwucherten
Wiese zwischen Disteln und Brenneseln.

Die nur noch an einer verrosteten Türangel hängende
Haustür quietscht gespenstisch in der Nacht.
An der vermoderten hölzernen Garteneinfassung fehlen
einige Spelten, welche zum Schutz vor Eindringlingen
dienten.

Viele Generationen gingen in diesem Hof ein und aus:
Menschen, die dort mit ihren Gebrechen ein Leben lang
hausten.

Sie alle wurden nacheinander zu Grabe getragen, und so
starb auch langsam der Hof mit ihnen.

Am Hauseck darbt eine Hollerstaude, voll von Dolden mit
schwarzleuchtenden Beeren.
Wehmütig sieht man den Verfall dieses alten Hofes entgegen.
Auf der Wiese lauert ein mageres Kätzchen auf eine
Wühlmaus. Es ist das einzige Lebewesen dort.

Wann werden wohl die gierigen, zerstörerischen Greifarme
eines Baggers diesem verlassenen Hof den Garaus machen?

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