Hotel Post Sexten: Zerstörtes Erbe, TZ, 050711

Zerstörtes Erbe
Das Hotel Post in Sexten wird gerade abgerissen. Damit verliert das Tal ein Meisterwerk: Clemens Holzmeister hat den Bau in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geplant und dann Architekturgeschichte geschrieben.
von Silke Hinterwaldner

Sexten hatte Glück. Eine stattliche Anzahl an architektonisch wertvollen Gebäuden ist in einer Talgemeinde entstanden, wo man sie nicht vermuten würde. Auch Clemens Holzmeister müsste den Sextnern ein Begriff sein. Der Architekt, geboren 1886 in Fulpmes in Nordtirol, aber weit über die Grenzen Tirols hinaus bekannt, hat in Sexten das Hotel Drei Zinnen geplant. Es steht unter Denkmalschutz. Es kommt aber nicht von ungefähr, dass Holzmeister auch das Hotel Post in Sexten geplant hat – schließlich war es damals, in den beginnenden 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Besitz seines Schwagers.
Das Hotel Post wird gerade abgerissen. An seiner Statt soll ein Appartementhotel errichtet werden. „Das ist“, sagen sowohl Waltraud Kofler Engl als auch Christoph Mayr Fingerle, „als würde man ein Bild von Albin Egger Lienz oder von Rudolf Stolz verbrennen.“ Die Denkmalpflegerin und der Architekt können es nicht fassen, dass das Holzmeister-Haus in Sexten einfach plattgemacht wird.

Clemens Holzmeister ist einer jener Architekten, die in den vergangenen Jahren immer stärker an Bedeutung gewonnen haben. Vielleicht lässt sich damit erklären, dass der Bau in Sexten nicht früher schon unter Denkmalschutz gestellt worden ist. Das Hotel Post ist in seiner Architektur nicht aufdringlich, „es ist unspektakulär“, sagt Mayr Fingerle, aber deshalb architekturhistorisch nicht weniger bedeutsam. Aus Sicht der Holzmeister-Anhänger ist es völlig unverständlich, dass es so weit kommen konnte: Das Hotel wird derzeit abgerissen. Das Gebäude hat keinerlei Schutzbindung: kein Denkmalschutz, kein Ensembleschutz. Noch 2006 hatte der damalige Landeskonservator Helmuth Stampfer eine Unterschutzstellung nicht für notwendig erachtet. Auch eine Ensembleschutzbindung besteht im Fall des Hotel Post nicht.

Das verwundert umso mehr, wenn man weiß, wie stolz die Sextner auf ihr Rathaus sind, das dem Hotel Post gegenüber liegt. Dieser historische Bau steht unter Schutz und wurde vorbildlich saniert – auch wenn der Architekt keinen ganz so schillernden Namen trägt. Mayr Fingerle hat das alte Rathaus saniert. Er hat den Sextner Architekturpreis erfunden und über die Jahre eine enge Beziehung zur Gemeinde aufgebaut. Umso unverständlicher erscheint ihm, dass Sexten mit dem Abriss des Gebäudes am Platz „die Identität des Ortes aufs Spiel setzt“. Er drängt die Entscheidungsträger, den Abriss des Hauses zu stoppen, solange die Möglichkeit dazu noch besteht.

„Bäume wachsen nach, Häuser nicht.“ Waltraud Kofler Engl kann es genauso wenig fassen, dass in Südtirol ein Werk von Clemens Holzmeister zerstört wird. Schließlich habe dieser Mann Architekturgeschichte geschrieben. Auch in Südtirol. Neben den Häusern in Sexten hat er auch die Villa Pretz in Bozen geplant – und zusammen mit Luis Trenker ein Büro geleitet. Was Holzmeister besonders auszeichnet: Er hat es geschafft, heimische Formen mit zeitgenössischer Architektur zu kombinieren – mit großem Gespür für Räume und Orte.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel, Pustertal abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.