Treue Hände (mani pulite?): Geld nach Verona, TZ, 270711

TZ, Mittwoch, 27. Juli 2011

Die Staatsanwaltschaft kann nachweisen, dass Landesrat Hans Berger der Treugeber ist, dem die „Ciamp GmbH“  gehört. Zudem haben die Ermittler auch noch eine zweite Beteiligung derselben Veroneser Treuhandgesellschaft im Visier. Dabei geht es um ein Kraftwerk in Pfitsch.
von Christoph Franceschini

Die Beamten der Bozner Finanzwache wurden in einem Bürokomplex am linken Etschufer in Verona vorstellig. Dort am  „Lungadige Bartolomeo Rubele 16“ hat die „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“ ihren Sitz. Die 1997 gegründete Treuhandgesellschaft verwaltet nach ihrer Eigendarstellung 122.779.604 Euro an Kundenbeteiligungen.

Es ist eine diskrete Branche. Jemand, der als Person nicht direkt in Erscheinung treten will, beauftragt die „AF SPA“ mit der Treuhänderschaft. Der Treugeber überweist das Geld, zahlt die jährliche Kommission und bleibt für die Öffentlichkeit anonym.

Ausgestattet mit einer Verfügung der Staatsanwaltschaft Bozen verlangten die Beamten der Finanzwache die Offenlegung eines Treuhandverhältnisses. Es geht dabei um die „Ciamp GmbH“. Dieses Unternehmen gehört auf dem Papier zu 100 Prozent der Veroneser Treuhandgesellschaft.

Die „Ciamp GmbH“ wurde im Juni 2010 vor einem Bozner Notar gegründet. Sie hat ein Gesellschaftskapital von 10.000 Euro. Der offi-

zielle Sitz des Unternehmens befindet sich in einem Kondominium in Stern im Gadertal. Alleinverwalter ist der Gaiser Hotelier Franz Mairhofer, eine alter und enger Freund von Landesrat Hans Berger.

In einer Eingabe zu den Südtiroler Treuhandgesellschaften auf den Energiesektor, die die beiden freiheitlichen Landtagsabgeordneten Thomas Egger und Roland Tinkhauser im April 2011 beim leitenden Bozner Staatsanwalt Guido Rispoli machten, ist auch davon die Rede, dass hinter der „Ciamp GmbH“ und der Beteiligung der Veroneser Treuhandgesellschaft, ein Landesrat steht: Konkret Hans Berger.

Da die Finanzwache auf Anordnung des Staatsanwalts das Recht hat, Auskünfte über den eigentlichen Treugeber zu erhalten, wurden die Beamten in  Verona schnell fündig. Der Verdacht scheint sich bestätigt zu haben. Der Treugeber und eigentliche Besitzer der „Ciamp Gmbh“ ist Hans Berger. „Er hat einige Hunderttausend Euro an die Treuhandgesellschaft überwiesen“,  bestätigte gestern Staatsanwalt Guido Rispoli.

Hans Berger wird noch diese Woche einen Ermittlungsbescheid zugestellt bekommen. In einem direkten Gespräch mit dem leitenden Staatsanwalt ersucht der Landeshauptmannstellvertreter gestern um eine Anhörung. „Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“, reagiert Hans Berger bisher.

Auch Staatsanwalt Guido Rispoli ist vorsichtig: „Wir sind dabei zu untersuchen, ob es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist.“ Ermittelt wird gegen Hans Berger und weiteren vier Personen wegen Amtsmissbrauch. Darunter der Bürgermeister von Sand in Taufers Helmut Innerbichler und dessen Bruder, dem Bauunternehmer Oswald Innerbichler. Die Staatsanwaltschaft will dabei untersuchen, ob Hans Berger seinen privilegierten Stand als Landesrat ausgenutzt hat, um als versteckter privater Unternehmer Gewinn zu machen. „Es ist keine Bagatelle, sondern eine sehr ernste Ermittlung“, bekräftigte gestern Rispoli.

Die Gemeinde Sand in Taufers hat eine eigene Gesellschaft,  die Fernwärme und Strom produziert. Die „Taufer GmbH“. Dieser Gemeindebetrieb kauft aber gleichzeitig Strom von mehreren, privaten Blockheizkraftwerken. Darunter auch vom BHKW, das die „Ciamp GmbH“ im Keller einer Innerbichler-Immobilie gebaut hat. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt alle Akten bei der „Taufer GmbH“ beschlagnahmen lassen. Man will das Geschäft und wie es dazu gekommen ist, genauer untersuchen.

Die große Frage dabei wird sein, ob das Land oder Hans Berger aktiv Akte gesetzt haben, aus denen ein Amtsmissbrauch abzuleiten ist? Rein strafrechtlich ist es kein Verstoß, wenn ein aktiver Politiker seine Beteiligungen hinter einer Treuhandgesellschaft versteckt. Ganz anders präsentiert sich die Affäre aber aus politischer Sicht.

Seit Wochen debattiert man im Landtag über eine Offenlegungspflicht bei Treuhandgesellschaften, wobei die SVP in der Öffentlichkeit mehr als bremsende Kraft in diesem Punkt wahrgenommen wurde. Und jetzt kommt heraus, dass der Landeshauptmannstellvertreter selbst über eine Treuhandgesellschaft an einem Südtiroler Kraftwerk beteiligt ist. Das ganze hat weit mehr als nur eine schiefe Optik, sondern dürfte in Sachen Glaubwürdigkeit der gesamten SVP einen nachhaltigen Schaden zufügen.

Dabei könnte es durchaus noch schlimmer kommen. Denn die Ermittlungen des Bozner Staatsanwaltes stehe erst im Anfangsstadium. Vor allem aber dürften die Ermittler längst weiter sein, als sie der Öffentlichkeit sagen. Denn bei der Offenlegung in Verona hat man auch noch eine zweite Beteiligung genauer unter die Lupe genommen.

Am 28. September 2005 wird die „Burgumer Energie GmbH“ gegründet. Es ist eine der vielen Gesellschaften aus dem Pfitscher Tal, die dort ein Kraftwerk bauen will.  Dabei geht es diesmal, wie es der Name bereits sagt, um den Burgumerbach. Die „Burgumer Energie GmbH“ hat ein Gesellschaftskapital von 20.000 Euro und ist ursprünglich ein Familienunternehmen. Benno Hofer hält 42 Prozent, Hans Heinz Hofer 15 Prozent und Greti Hofer 43 Prozent. Im Oktober 2006 erhält die „Burgumer Energie GmbH“ von der Landesregierung eine Konzession. Im Juli 2007 stellt die Gemeinde Pfitsch die Baukonzession für das Kraftwerk aus. 2009 wird der Bau fertiggestellt.

Offiziell beginnt das Unternehmen am 4. Oktober 2009 mit der Erzeugung von Energie. Mit dem Start dieser Tätigkeit beginnt auch die Kasse zu klingeln.

Der Zufall will es, dass ein halbes Jahr zuvor sich auch die Besitzverhältnisse in der Gesellschaft ändern. Während Greti und Hans Heinz Hofer ihre Anteile halten, fährt Benno Hofer seine Anteile von 42 auf 15 Prozent zurück. Die restlichen 27 Prozent übernimmt am 6. April 2009 eine Veroneser Treuhandgesellschaft. Die „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“. Alles nur Zufall, dass dieselbe Treuhandgesellschaft sich auch hier engagiert? Und sind auch hier die Treugeber, dieselben Personen?

Die Staatsanwaltschaft hat auf diese Fragen bereits eine Antwort. Hält das ganze aber noch top secret. Doch genau hier könnte der Schlüssel für die unterstellten Amtsmissbrauch liegen.

Jetzt kommt heraus, dass der Landeshauptmannstellvertreter über eine Treuhandgesellschaft an einem Südtiroler Kraftwerk beteiligt ist. Das ganze hat weit mehr als nur eine schiefe Optik, sondern dürfte in Sachen Glaubwürdigkeit der gesamten SVP einen nachhaltigen Schaden zufügen.

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Der Weltrekord

Von der Gründung der „Ciamp GmbH“ bis zur Erhaltung der Baukonzession für das BHKW vergingen genau vier Tage.

Dass es sich bei der „Ciamp GmbH“ und ihren Tätigkeiten um keine normale Gesellschaft handelt, dürfte ein bisher nicht bekanntes Detail mehr als anschaulich machen. Die „Ciamp GmbH“ wurde am 21. Juni 2010 vor dem Bozner Notar Harald Kleewein gegründet. An diesem Tag wurde auch Franz Mairhofer zum Alleinverwalter ernannt. Einen Tag später übernahm die Veroneser „AF SPA“ als einziger Gesellschafter das Unternehmen. Am 23. Juni 2010 wurde das Unternehmen wie vorgeschrieben in das Firmenregister der Bozner Handelskammer eingetragen.

In Wirklichkeit scheint die „Ciamp GmbH“ aber lange bevor sie offiziell existiert hat, schon äußerst rege gewesen zu sein. Denn genau vier Tage nach ihrer Gründung, am 25. Juni 2010 stellt die Gemeinde Sand in Taufers die Baukonzession Nummer 96 aus. Es ist die Baukonzession zum „Einbau einer Stromerzeugungsanlage“. Vergeben wird sie an die „Ciamp GmbH“.

Damit aber tauchen einige berechtigte Fragen auf. Es dürfte wohl kaum möglich sein, innerhalb von drei Tagen ein Projekt bei einer Gemeinde vorzulegen und genehmigen zu lassen? Wie kann jemand aber Pläne bei einer Gemeinde abgeben und Ansuchen stellen, wenn der Gesuchsteller noch gar nicht existiert?

In Sand in Taufers scheint die „Ciamp GmbH“ auf jeden Fall eine besondere Vorzugsspur zu genießen.

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Aktionär in Neumarkt

An der Veroneser Treuhandgesellschaft „AF SPA“ sind zwei Südtiroler Unternehmer beteiligt.

Die „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“ ist nicht als Treuhänder in Südtirol aktiv, sie hat auch Aktionäre entlang der Etsch. Die Veroneser Treuhandgesellschaft hat ein Gesellschaftskapital von 260.000 Euro, das in eben so vielen Aktien zu einem Euro unterteilt ist. Laut Gesellschaftsregister hat die Aktiengesellschaft insgesamt 27 Aktionäre. Darunter einige Privatpersonen und Unternehmen. Aber auch eine weitere Treuhandgesellschaft. Die „IFM Trust Ltd“ mit Sitz auf der Kanalinseln Jersey und Niederlassungen in der Schweiz, Südafrika, Neuseeland, Irland und England ist ein international tätiger Treuhänder. Ideal um Beteiligungen weltweit treuhänderisch zu verstecken.

Unter den „AF“-Aktionären findet sich aber auch ein Südtiroler Unternehmen. Die „IFA Consulting GmbH“  mit Sitz in Neumarkt hält 4 Prozent an dem jetzt in die Schlagzeilen geratenen Veroneser Treuhänder.  Die „IFA Consulting GmbH“  ist in der Unternehmensberatung, im Leasinggeschäft aber auch mit Tochterfirmen im Bereich der Photovoltaik tätig ist. Sie gehört zu 70 Prozent Ulrich Foppa und zu 30 Prozent Gerd Grossgasteiger. Der Unternehmensberater Ulrich Foppa ist auch Mitglied des technischen Anlagekomitees der „Pensplan Invest Srg“ und Gerd Grossgasteiger führt nicht nur ein halbes Dutzend Photovoltaikanlagen in Südtirol, sondern trat bei den vergangenen Gemeinderatswahlen auch als Kandidat auf der SVP-Liste in Neumarkt an.

 

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