Treue Hände (mani pulite?): Interview Hans Berger „Es ist kein Verbrechen“. Die Rollen von Meinhard Fuchsbrugger, Helga Thaler Ausserhofer, Michl Laimer, TZ, 280711

TZ, Donnerstag, 28. Juli 2011
„Es ist kein Verbrechen“

Landesrat Hans Berger über seine Beteiligung an der „Ciamp GmbH“, der Weg über eine Treuhandgesellschaft, die Anschuldigungen und das „niederträchtige Kesseltreiben“ gegen ihn.

Tageszeitung: Herr Landesrat Berger, gehört die „Ciamp GmbH“, die von der Veroneser Treuhandgesellschaft „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“ gehalten wird, in Wirklichkeit Ihnen?

Hans Berger: Ich glaube, es ist inzwischen hinlänglich bekannt und ich habe es auch nie verneint. Es war der Weg für eine Investition, die interessant schien und die gesetzlich in jeder Hinsicht legitim ist. Ich halte das für eine Privatangelegenheit, die daher auch unter den Schutz der Privatsphäre fällt. Mit dieser Reaktion habe ich freilich nicht gerechnet so dass ich im Nachhinein sagen muss, dass ich wohl etwas blauäugig war.

Verstehen Sie, wenn die Leute sagen: Wenn ein Politiker eine Beteiligung verstecken muss, dann hat er etwas zu verbergen?

Ich glaube, es ist genau umgekehrt. Wenn ein Politiker namentlich auftaucht, dann wird gleich vermutet, dass er sich irgendwelche Vorteile verschaffen möchte.  Wie ich jetzt schmerzlich erfahren muss, wird am Ende dem Politiker immer der Schwarze Peter zugeschoben.

Seit Monaten diskutiert man im Südtiroler Landtag über ein Gesetz zur Offenlegung der Treuhandgesellschaften. Jetzt kommt heraus, dass sich der Landeshauptmannstellvertreter eine solche Treuhandgesellschaft bedient. In der Fußballsprache würde man sagen: Die SVP hat Ihren Gegnern eine Elfmeter aufgelegt?

Natürlich versucht die Opposition und die sogenannte kritische Presse das auszuschlachten. Aber ganz klar: ich habe kein Gesetz verletzt. Für Blockheizkraftwerke unter einem Megawatt ist allein die Gemeinde zuständig, die diskutierte Offenlegung soll aber Interessenskonflikte zwischen Körperschaft und Vertragspartnern verhindern; einen solchen Konflikt gibt es hier nicht. Das Ganze wird aber beinahe als Verbrechen dargestellt. Aber nochmals: Es ist kein Verbrechen. Hier wird ein Kesseltreiben veranstaltet und das finde ich einfach niederträchtig.

Die Bozner Staatsanwaltschaft untersucht, ob Sie Ihr privilegiertes öffentliches Amt als Landesrat missbraucht haben, um als privater Unternehmer Vorteile zu erzielen?

Schauen Sie, ich weiß sehr wohl, wo die Grenzen der unternehmerischen Tätigkeit sind und wo die Grenzen meiner amtlichen Tätigkeit verlaufen. Das Problem liegt darin, dass man als Politiker anscheinend nicht Unternehmer sein kann. Denn es entstehen hier immer irgendwelche Verdachtsmomente. Die Kritiker sehen in jeder unternehmerischen Tätigkeit, die ein Politiker macht, irgendeine Spekulation oder vermuten irgendeinen unehrlichen Akt. Das ist zu bedauern.

Sie sehen keine Interessenkonflikt?

Wie ich gerade gesagt habe, kann es hier gar keinen Interessenskonflikt geben, weil die Genehmigung Gemeindesache ist.

Eine Sache ist der strafrechtliche Aspekt, das andere die politische Opportunität. Glauben Sie nicht, dass in diesem Fall zumindest die politische Optik äußerst schief ist?

Ich kann, das nicht nachvollziehen. Es gibt doch auch neben und nach der Politik noch ein Leben. Deshalb gehe ich schon davon aus, dass es mir frei steht, zu entscheiden, ob ich etwas tue, weil es mir unternehmerisch interessant scheint. Aus diesem Grunde sehe ich mein Engagement auch als völlig legitim an, solange man die Rollen als öffentliche und private Person auseinanderhalten kann.

Sie sind ein gut situierter Hotelier, ein sehr erfolgreicher Politiker und dabei das Erbe von Landeshauptmann Durnwalder anzutreten. Sie haben 2010 ein erklärtes Jahreseinkommen von 340.000 Euro. Warum engagieren Sie sich noch als privater Unternehmer und investieren in ein Blockheizkraftwerk?

Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Das Hotel führt meine Frau, weil ich ja politisch tätig bin. Meine Auffassung ist aber: Nur weil man Politiker ist, muss man nicht jede unternehmerische Tätigkeit unterlassen. Wir haben verschiedene Beschränkungen für öffentliche Ämter eingeführt und Regelungen, was Politiker nach ihrer politischen Laufbahn nicht mehr tun dürfen. Vor diesem Hintergrund denke ich, ist es das Recht jedes amtierenden Politikers auch Weichen für seine Zukunft zu stellen.

Die Veroneser Treuhandgesellschaft „AF – Societá di Amministrazione Fiducaria SPA“ hält seit April 2009 auch 27 Prozent an der  „Burgumer Energie GmbH“, die in Pfitsch ein Kraftwerk betreibt. Steht hinter dieser Beteiligung auch Hans Berger?

Ich kenne weder das Burgumer Kraftwerk, noch kenne ich die Beteiligungsverhältnisse. Mich können sie aber bei dieser Beteiligung auf jeden Fall ausschließen.

Die Anschuldigungen gegen Sie sind schwer. Denken Sie über einen Rücktritt nach?

Absolut nicht. Ich bin mir keiner Schuld bewusst: ich habe mich in keiner Weise irgendwo unrechtmäßig betätigt, Einfluss genommen oder Entscheidungen herbeigeführt. Nur weil über Zeitungsmeldungen eine Kampagne gegen mich losgetreten wird, werfe ich noch lange nicht das Handtuch. Ich habe ein reines Gewissen. Sie können mir wirklich zutrauen, dass ich in meiner Position nicht bewusst etwas Illegales tue.

Immerhin ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Sie?

Der Staatsanwalt ermittelt aufgrund einer Anzeige. Einer solchen  Anzeige muss der Staatsanwalt nachgehen. Sie wird dann klären, ob Unrecht geschehen ist oder nicht. Ich habe nichts zu befürchten.

Interview: Christoph Franceschini

Der Energieassessor

Die Treuhand-Ermittlung der Staatsanwaltschaft richtet sich auch gegen den Tauferer Referenten Meinhard Fuchsbrugger.

(tom) Meinhard Fuchsbrugger ist ein vielbeschäftigter Mann. Im Hauptberuf ist er Mit-Geschäftsführer der Liftgesellschaft Speikboden, im Nebenberuf Gemeinde-Referent in Sand in Taufers. Mit einer Flut von Zuständigkeiten, die von der Schneeräumung auf dem gesamten Gemeindegebiet bis zum gemeindeeigenen Elektrizitäts- und Wasserwerk reichen. Der SVP-Mandatar ist also auch für Energie zuständig, im speziellen für die von der Gemeinde kontrollierte „Taufer GmbH“, dessen Geschäftsführer Fuchsbrugger ist. Die „Taufer GmbH“ gehört bekanntlich zu den Abnehmern der Energie, welche die Gesellschaft „Ciamp GmbH“ im Keller des Bauunternehmers Oswald Innerbichler, Bruder von Bürgermeister Helmuth Innerbichler, in einem Blockheizkraftwerk produziert.

Fuchsbrugger ist – neben Landesrat Hans Berger – einer der fünf Personen, die im Zuge der Treuhand-Ermittlung der Staatsanwaltschaft Bozen ins Ermittlungsregister eingetragen wurden, wie Oberstaatsanwalt Guido Rispoli gestern bestätigte. Wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs bzw. der Beihilfe dazu. Derzeit wird u.a. geprüft, warum die gemeindeeigene „Taufer GmbH“ Energie ausgerechnet von der „Ciamp GmbH“ bezog und zu welchen Bedingungen bzw. aufgrund welcher Ausschreibungen. Die Rolle des gesetzlichen Vertreters Meinhard Fuchsbrugger ist hier zentral. Es gibt aber auch einen anderen für die Ermittler interessanten Zusammenhang. Eines der acht Blockheizkraftwerke im Keller soll Fuchsbrugger selbst gehören.

Frau oder Tochter

Hans Berger ist nicht der einzige SVP-Spitzenpolitiker, der indirekt im Stromgeschäft mitmischt. Auch Familienmitglieder von Landesrat Michl Laimer und SVP-Senatorin Helga Thaler-Ausserhofer sind an Kraftwerken  beteiligt.

von Christoph Franceschini

Auf die Tatsache angesprochen, antwortete Michl Laimer Anfang April 2011 sichtlich genervt mit einer Gegenfrage. „Ja, darf den meine Frau nicht das, was jeder Bürger und jede Bürgerin in diesem Land darf?“, meinte der Energielandesrat. Ähnlich reagierte auch die SVP-Senatorin Helga Thaler-Ausserhofer: „Meine Tochter ist eine junge Unternehmerin und das Ganze hat mit mir nichts zu tun.“

Landesrat Hans Berger, dem über eine Veroneser Treuhandgesellschaft die „Ciamp Gmbh“ zugeordnet wird, die in Sand in Taufers eine Blockheizkraftwerk gebaut hat und betreibt, ist nicht der einziger Südtiroler Spitzenpolitiker, der indirekt am Südtiroler Strommarkt mitmischt. Unter dem Titel „Familiäre Bande“ hat die Tageszeitung (67/11) bereits vor Monaten zwei weitere Konstellationen aufgezeigt, die ohne großem Argwohn als Interessenkonflikt gesehen werden können.

Drei Tage vor Weihnachten 2010 unterzeichnet eine junge Frau bei einem Bozner Notar einen Kaufvertrag. Bei der jungen Käuferin in Bozen handelt es sich um Esther Ausserhofer, Tochter der SVP-Senatorin Helga Thaler-Ausserhofer. Esther Ausserhofer, 25 Jahre alt, Absolventin der Mailänder Bocconi, kauft an diesem Dezembertag Anteile an der „E-Werk Graf Konsortialgesellschaft m. b. H.“ in Welsberg.

Vorausgegangen war ein dreijähriger Streit von insgesamt sechs Bewerbern um die Welsberger Konzession. Nach Verfahren vor dem Verwaltungsgericht setzten sich die Konkurrenten an einen Tisch und gründeten eine gemeinsame Gesellschaft, die das neuer Kraftwerk bauen und führen soll. Es ist die „E-Werk Graf Konsortial GmbH“.

An diesem 21. Dezember 2010 wird der letzte Akt gesetzt. Die „Elektrowerk -Genossenschaft Welsberg“ erwirbt von den privaten Partnern 30 Prozent dieser neuen Gesellschaft und wird damit auch zum stärksten Gesellschafter. Mit demselben Kaufvertrag steigt aber auch Esther Ausserhofer in die Kraftwerksgesellschaft ein. Der Brunecker Unternehmer Dietmar Niederkofler gibt die Hälfte seiner Beteiligung zum Nominalpreis an die Tochter der SVP-Senatorin ab. Ausserhofer ist damit mit 6,79 Prozent an der „E-Werk Graf Konsortial GmbH“ beteiligt. Sie hat dafür knapp 3.500 Euro eingezahlt.  Spätestens wenn das Kraftwerk ans Netz geht, dürfte sich diese Beteiligung für Ester Ausserhofer vergoldet haben.

Auch Michl Laimers Familie ist im Stromgeschäft tätig. Am 6. April 2010 wird die „BHKW K.G. der Huber Monika & Co“ gegründet. Unternehmenszweck ist die „Produktion von elektrischer Energie“. Die Kommanditgesellschaft hat ein Gesellschaftskapital von 1.000 Euro. 99 Prozent des Unternehmens gehören Monika Huber, 1 Prozent ihrem Vater Josef Huber.

Monika Huber ist die Ehefrau von Energielandesrat Michl Laimer; Josef Huber der Schwiegervater des Landesrates.  Am 21. Jänner 2011 genehmigte die Baukommission der Gemeinde Vahrn eine Variante zum ursprünglichen Projekt „zur Errichtung einer Stromerzeugungsanlage“. Der Bau des Blockheizkraftwerkes wurde vor einigen Wochen fertiggestellt. „Ich habe mit diesem Projekt meiner Frau nichts zu tun“, sagt Michl Laimer.

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