AW 15. Oktober. An Gerd Steger. Kommentar Christina Niederkofler:Demokratie in unserem Lande

Den Ausführungen von Gerd Steger am 20.08.2011 möchte ich einen weiteren gedanklichen Beitrag zu diesem aktuellen Thema hinzufügen:

Eines ist gewiss: durch Gleichgültigkeit, Mutlosigkeit, Resignation, Bequemlichkeit gewähren wir den Ungerechtigkeiten und dem politischen Machtmissbrauch freien Lauf. Es ist eine Herausforderung unserer Zeit, unsere gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. In der Vergangenheit haben Menschen sogar ihr Leben lassen müssen, um unsere demokratischen Grundrechte zu erkämpfen, an uns liegt es sie einzufordern und zu gebrauchen. Es kommt drauf an, im eigenen Umfeld etwas zu tun, sich einzusetzen für den Schutz von allem, was lebt und die sozialen Werte – eine andere bessere Welt ist möglich und es gibt dazu gute Initiativen, die jeder nach seinen Möglichkeiten und Kräften unterstützen kann!

In Südtirol scheint es mir vor allem an der Zeit für das Gesetz zur direkten Demokratie, wie es in langer Arbeit von der „Initiative für mehr Demokratie“ mit Stephan Lausch und Otto von Aufschnaiter erarbeitet worden ist. Es ist ein grundlegendes Gesetz für den sozialen Frieden der Zukunft, indem es eine notwendige demokratische Ergänzung zur Politik der gewählten Vertreter darstellt! Die Demokratie würde damit in entscheidender, zeitgemäßer Weise erweitert und vervollständigt.

Weil die Machthaber im Lande wissen, dass dieser Gesetzesentwurf eine seriöse Grundlage für mehr Demokratie ist, versuchen die SVP-Kreise alle erdenklichen Schwachstellen und sogar eine Gefährdung der Demokratie in diesen Gesetzestext  hineinzuinterpretieren. Andere versuchen dieses Gesetz mit einem selbst formulierten Gesetzesentwurf auszuschalten, der in der Realität kaum bewältigbare Hürden für die Bevölkerung vorsieht und entscheidende Kernpunkte ausgeklammert oder interpretierbar lässt.

Was kann das Gesetz zur direkten Demokratie verbessern und auslösen?

Allein das Wissen, dass es eine Einflussnahme der Bevölkerung auch nach den Wahlen noch gibt, kann die Politiker zu einer qualitativ besseren Arbeit veranlassen, durch eine ernsthaftere Auseinandersetzung mit den Sachverhalten und gewissenhafteren Entscheidungen.

Mit dem Gesetz zur direkten Demokratie wird eine gesetzliche Notbremse geschaffen gegen Machtmissbrauch und Willkür, wie sie sich immer mehr breit macht.

Die Volksbefragung, wie sie im Gesetz für direkte Demokratie geregelt wird, ist sicher kein absoluter Garant gegen Fehlentscheidungen. Aber sind dies unsere Politiker nicht mindestens genauso wenig? Ist es nicht etwa so, dass die aktuelle Politik weitgehend von lenkbaren, unzureichend informierten Politikern bestimmt wird, deren Entscheidungen sich zu einem großen Teil nach den Forderungen der Lobbisten richten, von denen sie an der Macht gehalten werden? In Anbetracht dessen ist die immer wieder angeführte Angst vor der „dummen“ Bevölkerung sehr relativ. Tatsache ist auch, dass immer mehr BürgerInnen genauere Informationen, Sach- und Ortskenntnisse haben als viele entscheidende Politiker. (Beim Projekt Ried etwa haben wir wiederholt einen erschreckenden Mangel an grundlegender Information und Wissen bei den entscheidenden Politikern feststellen müssen).

Grundrechte, die im Grundgesetz verankert sind, stehen ohnehin über dem Gesetz zur direkten Demokratie, sodass  diese von vorn herein NICHT Inhalt einer Volksabstimmung sein dürfen. Das Gesetz zur direkten Demokratie enthält auch eine Klausel zum Schutz der Minderheiten im Lande.

Eine Beteiligung der Bevölkerung an der Politik ergänzend zu den Wahlen bringt einen erzieherischen Prozess und eine Entwicklung hin zu mehr Demokratiebewusstsein in Gange – ein sehr wichtiger Aspekt, der in den Ländern auffällt, die seit Jahren die direkte Demokratie leben. Die Menschen sind damit vertrauter, sich aktiv einzubringen, sich zu äußern, mit Verantwortung zu übernehmen, den eigenen Lebensraum mitzugestalten. Sie sind es gewohnt, offener ihren Standpunkt in ihrem gesellschaftlichen Umfeld und am Arbeitsplatz einzubringen.

Das Gesetz zur direkten Demokratie schafft die Grundlagen für eine Mitbestimmung in einem realistischen Rahmen mit Hürden und Grenzen. Etwas bewirken zu können ist wohl die stärkste Motivation der BürgerInnen zur Beteiligung an gesellschaftspolitischen und sozialen Belangen. Immer mehr MitbürgerInnen fühlen sich in unserem Lande von der Machtkonzentration übergangen und ohnmächtig. Das Gesetz zur direkten Demokratie kann der Politikverdrossenheit der Menschen wirksam entgegensteuern!

Das Gesetz zur direkten Demokratie regt zur politischen Bewusstseinsbildung an – und da haben wir als Südtiroler einigen Nachholbedarf aufgrund unserer besonderen Landesgeschichte, die bisher immer mit einer absoluten Konzentrierung der Macht einherging.

Zu den von Gerd Steger angeführten Gedanken bzgl. den finanziellen Landesbeiträgen möchte ich kurz ergänzen, dass eine beschränkte und gezielte Vergabe sicherlich eine Berechtigung hat.  Eine Beitragsvergabe wie sie in unserem Lande weitgehend betrieben wird, bewirkt aber vielfach eine Verzerrung und Aufblähung der Wirtschaftsverhältnisse. Zudem schafft eine solche Politik Abhängigkeiten und die Entmündigung der BürgerInnen. Ganze Gesellschaftsschichten entwickeln sich zu  „Subventions-Bettlern“.

Es gilt daher, dass die BürgerInnen vermehrt und bewusst ihre Zuständigkeiten und Verantwortung wieder in die Hand nehmen, anstatt sich von öffentlichen finanziellen Beiträgen leiten zu lassen. Damit können sie an Würde und Freiheit ihrer Person und ihrer Arbeit gewinnen!

Christina Niederkofler
25.08.2011

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