Eisenbahnerhäuser.Versenktes Geschenk, TZ, 060911

Seit Jahren versucht eine gemeinsame Gesellschaft von sechs Südtiroler
Bauunternehmern Pusterer Eisenbahnhäuser zu Geld zu machen. Das Problem: Die Wohnungen sind für Eisenbahner gebunden. Weil man vor Gericht bisher scheiterte, hat man jetzt die Landespolitik eingespannt. Ein Gesetz sollte den großen Gewinn sichern.
von Christoph Franceschini

Die Abstimmung endete einstimmig. „Man hat diese Gesetzesänderung als nicht angebracht erachtet“, sagt Sepp Noggler. Der Vinschger SVP-Abgeordnete und sein Parteikollege Arnold Schuler haben am vergangenen Freitag in der 2. Gesetzgebungskommission ein Ansinnen, der Landesregierung zu Fall gebracht, das in aller Stille eigentlich über die Bühne gehen sollte. Eine Änderung im Raumordnungsgesetz, die für den Laien kaum verständlich ist, aber sechs Südtiroler Baufirmen Millionen-Gewinne garantiert hätte.
Die Vorgeschichte: In den Jahren 2003 bis 2005 veräußerte die italienische Eisenbahn über ihre damalige Tochter „Ferrovie Real Estate“ italienweit Zehntausende von Immobi-lien. Bahnwärterhäuser, Bahnhöfe, Eisenbahnerareale und ehemalige Eisenbahnerhäuser. Auch in Südtirol stießen die privatisierten Staatsbahnen den Großteil ihres Immobilienbesitzes ab.
Sechs große Südtiroler Baufirmen schlossen sich zu einer gemeinsamen Gesellschaft zusammen: Der „BBG Trading GmbH“. Ihr gehören die Pusterer Bauunternehmen „Hobag“ und „Oberosler“, die Sterzinger „Wipptal Bau“ und „Della Vedova“ sowie die Bozner „Costruzioni Repetto“ an. Die BBG, die unter dem Slogan „Sechs sind besser als einer“ firmiert, hat im Pustertal Dutzende von Eisenbahner-Immobilien gekauft. Wohnhäuser, Bahnwärterhäuser, ehemalige Remisen und Dienstleistungsgebäude der Eisenbahn. Der klare Plan: Man will diesen Immobilienbesitz auf dem freien Wohnungsmarkt vergolden.
Das große Geschäft hat aber einen entscheidenden Haken. Das musste die „BBG“ in Toblach erleben. Dort suchte das Unternehmen bei der Gemeinde um die Sanierung und den Umbau eines Eisenbahnerwohnhauses an. Die Gemeindebaukommission und der Bürgermeister lehnten den Bauantrag ab. Der Grund: Man ging davon aus, dass die BBG das Haus umbauen und die Wohnungen auf dem freien Markt verkaufen möchte. Laut geltendem Raumordnungsgesetz gelten die Eisenbahnerhäuser als Zubehörsfläche der Eisenbahn und sie müssen als solche gebunden bleiben. Konkret: Die Wohnungen waren Dienstwohnungen für Eisenbahner und diese urbanistische Bindung muss aufrecht bleiben.
Die Gemeinde Toblach weigerte sich deshalb, die Baukonzession auszustellen. Die BBG zog vor das Verwaltungsgericht Bozen. Anwalt der BBG war ausgerechnet der Brunecker SVP-Stadtobmann und Präsident der Südtiroler Transportstrukturen AG, Dieter Schramm. Schramm gewann das Verfahren im Juni 2008. Doch es war für die Baulöwen ein Pyrrhussieg. Denn das Verwaltungsgericht sprach sich zwar für die Ausstellung der Baukonzession aus, bestätigt aber ausdrücklich die Bindung: Die Wohnungen müssen Eisenbahnerwohnungen werden.
Die BBG rekurrierten daraufhin vor dem Staatsrat gegen das Bozner Urteil. Zudem liegt ein zweites Verfahren in derselben Sache inzwischen beim Staatsrat. Denn die Baulöwen hatten auch gegen die in der Baukonzession enthaltene Bindung nochmals geklagt. Der Hintergrund des Rechtsstreites ist klar: Mit der Bindung als Eisenbahnerwohnungen sind die Immobilien mehr oder weniger unverkäuflich. Die Bauunternehmen wollen aber auf dem freien Markt den höchstmöglichen Gewinn einfahren.
Weil man auf der Gerichtsfront kaum Aussicht auf Erfolg hat, schaltete man die Landespolitik ein. Still und leise packte man das Vorhaben in ein Omnibusgesetz zu den Sachgebieten Jagd, Fischerei, Forstwirtschaft, Umwelt, Gemeinnutzungsrechte, Landwirtschaft und Vermögen. Im allerletzten Moment brachte der zuständige Landesrat Michl Laimer über seinen Regierungskollegen Hans Berger einen kaum verständlichen Abänderungsantrag zum geltenden Raumordnungsgesetz ein.
„Die im Eisenbahnergebiet bestehenden Wohnungen, die vor Inkrafttreten des ersten Gemeindebauleitplanes errichtet und von der Eisenbahn veräußert oder aufgelassen wurden und die im Gebäudekataster als Wohnungen eingestuft sind, haben die Zweckbestimmung laut Artikel 75. Absatz 2 Buchstabe a)“, lautet der geplante Änderungsantrag. Der besagte Buchstabe a) ist dann eine Art Dreizehner im Lotto für die BBG. Denn dort heißt es „Wohnungen“. Das heißt die sanierten Wohnungen wären nicht einmal konventioniert, sondern auf dem freien Markt verkäuflich.
Sepp Noggler und Arnold Schuler haben vorab aber einen Tipp zum geplanten Geschenk bekommen. Deshalb haben die beiden SVP-Landtagsabgeordneten in der Gesetzgebungskommission genauer nachgefragt und offen gegen die Bestimmung agitiert. Während Bergers Abänderungsantrag allesamt angenommen wurde, hat das Gremium die geplante Änderung im Raumordnungsgesetz am Freitag einstimmig versenkt.
Jetzt steht die Frage im Raum, ob bei der Behandlung im Landtag das Geschenk in anderer Form wieder aufgelegt wird.
Die geplante Gesetzesänderung wäre eine Art Dreizehner im Lotto für die BBG Trading Gmbh.

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