Mehr Demokratie als Lösung für die Krise(n) Europas

Diskussionsabend zur Direkten Demokratie, 27.01.2011

Der Grüne Europaparlamentarier Gerald Häfner plädierte in Bozen dafür, die BrügerInnen stärker einzubinden und die Finanzmärkte und Lobbies zu entmachten. In der anschließenden Diskussionsrunde ging es um die Neuregelung der Direkten Demokratie in Südtirol.

Unter dem Titel: „Die BürgerInnen übernehmen Verantwortung – wenn man sie lässt“ fand am Freitag, 27.01.2012 in Bozen eine Veranstaltung der Grünen Landtagsfraktion statt. Als Referent war Gerald Häfner geladen. Häfner ist seit 2009 Europaparlamentarier von Bündnis‘90/Die Grünen, zudem Publizist, Waldorflehrer und (Mit-)Gründer zahlreicher Initiativen und Stiftungen, insbesondere im Bereich von Demokratie, Bürgerrechten und Verfassung, (u.a. Volksentscheid gegen Atomanlagen, Mehr Demokratie). Seit Juni 2011 ist Häfner Vorsitzender von Democracy International, einer europaweit tätigen Plattform für Direkte Demokratie.

In seinem Referat ging Häfner auf drei große Krisen der Welt ein. Neben der Klimakrise und der Wirtschaftskrise stecke insbesondere die Demokratie in einer Krise. Europaweit zeige sich, wie Regierungen immer mehr Macht an sich reißen und Parlamente entmachtet würden. Da sich die BürgerInnen nicht mehr so leicht wie früher in Kategorien einordnen ließen stecke auch die repräsentative Demokratie in der Krise und es stelle sich immer mehr die Frage nach ihrer Berechtigung. Die Mehrheit der BürgerInnen wünscht sich ein anderes Wirtschaftssystem, das gerechter und solidarischer ist als das heutige, für dessen Rettung Milliarden verschwendet würden. Darauf deuten, so Häfner, auch neueste Erkenntnisse der Neuroökonomie hin. „Die Menschen sind solidarischer und kooperativer, als das unser Wirtschaftssystem vorsieht“.

Direkte Demokratie als Lösung

Nur über die direkte Einbeziehung der BürgerInnen in das Gemeinwesen werde aktuellen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Aus diesem Grund, sei es, so Häfner, wichtig, mit aller Vehemenz gegen die Krise der Demokratie zu kämpfen. Er selbst tut dies unter anderem als Mitglied des Europaparlaments, wo es auch seinem Einsatz zu verdanken ist, dass die Europäische BürgerInitiative (EIB) kein zahnloser Papiertiger bleibt, sondern ein praktikables Demokratie-Instrument ist.

Diskussion zu den Gesetzentwürfen im Landtag

Nach Häfners Vortrag folgte eine Podiumsdiskussion mit Stephan Lausch (Initiative für Mehr Demokratie), Arnold Schuler (SVP-Landtagsabgeordneter), Riccardo Dello Sbarba (Grüner Landtagsabgeordneter) und Sepp Kusstatscher (Grüner Co-Vorsitzender).

Dabei stellte Stephan Lausch die wesentlichen Elemente des von den BürgerInnen eingebrachten Gesetzentwurfes zur Direkten Demokratie vor, welcher eine niedrige Unterschriftenhürde (10.000 Unterschriften) und ein 15 Prozent-Quorum vorsieht.
Der SVP Entwurf sehe hingegen laut Arnold Schuler kein Quorum und eine Unterschriftenhürde von 38 000 Unterschriften vor, mit der auch der Landtagsabgeordnete selbst nicht gänzlich zufrieden sei, weshalb er sich für die elektronische Unterschriftensammlung eingesetzt habe. Außerdem bestehe das Verfahren der SVP aus verschiedenen Instanzen, die zu durchlaufen seien, bevor es zur Volksabstimmung komme. Wichtig sei darüber hinaus die Einfachheit der Fragestellung.
Auch Riccardo Dello Sbarba teilte den Wunsch nach einer einfachen Fragestellung für die BürgerInnen, er sah aber in der hohen Unterschriftenhürde ein Element, welches den SVP-Entwurf nicht praktikabel mache.
Auch für Sepp Kusstatscher führt kein Weg an einer besseren Regelung für die Direkte Demokratie im Lande vorbei. Wichtig sei aber grundsätzlich, dass niemals Mehrheiten über soziale, religiöse oder ethnische Minderheiten abstimmen können.

Auch Gerald Häfner ging auf einige Aspekte der Landesgesetzentwürfe ein und forderte vor allem eine transparente und neutrale Information zu den Fragestellungen. Gerade die öffentliche Diskussion zu dem jeweiligen Thema der Volksabstimmung sei für Erfolg und Misserfolg einer Regelung ausschlaggebend. Das mühsame Durchlaufen mehrerer Instanzen mache eine gute und effiziente Kampagne für ein Thema fast unmöglich. Was die Unterschriftenhürde betrifft, so sprach sich Häfner dafür aus, anders als der SVP-Entwurf nicht den Durchschnitt aller deutschen Bundesländer (10% der Wahlberechtigten) als Referenz zu nehmen, sondern den Durchschnitt der Regelungen in jenen Ländern, wo das Instrument auch tatsächlich funktioniere.

Die Diskussion im Hotel Laurin wurde von Brigitte Foppa moderiert.

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