Andreas Gottlieb Hempel zur Schlossgarage, „Dolomiten“ 07.04.2011

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Einladung nach Bruneck

Vorhaben: Mit der Südeinfahrt kann die Stadt eine neue Visitenkarte erhalten

BRUNECK. Im März berichteten wir auf dieser Seite von Ortseingängen, die eher abschrecken als einladen. Auch die Westeinfahrt von Bruneck war dabei. Die vorgesehene Südanbindung könnte der schönen Altstadt nun ein würdiges Entree verschaffen – wenn sorgfältig geplant wird.

Bruneck befindet sich in der komfortablen Lage, dass die Stadt im Süden und im Norden umfahren werden kann. Dennoch ist die Altstadt immer noch nicht völlig von überflüssigem Fahrverkehr frei. Der Graben, Brunecks lebhafte und anziehende Flaniermeile, wird immer noch von allzu vielen Fahrzeugen belastet. Nicht dass der Graben unbedingt völlig autofrei sein müsste – aber derzeit beeinträchtigt nicht erforderlicher zusätzlicher Verkehr die stadträumliche Aufenthaltsqualität.

Dazu trägt auch die Einfahrt zur Tiefgarage unter dem Rathaus vom Graben aus bei, die zusätzlichen Zielverkehr anzieht. Das an sich hervorragende städtebauliche Gegenüber von neuem Rathausplatz – dem einzigen großen Stadtplatz in Bruneck – und Graben und damit der Altstadt wird dabei empfíndlich gestört. Diese schon unbefriedigende Situation könnte sich durch den geplanten Anschluss an die Südumfahrung der Stadt noch erheblich verschlechtern, wenn der geplante und nun beschlossene Bau des Südanschlusses Wirklichkeit wird.

Der Südanschluss

Die Südumfahrung von Bruneck führt durch den langen Tunnel unter dem Kühbergl und überquert nach dem östlichen Tunnelausgang das Tal mit der Straßenverbindung BruneckReischach. Hier soll diese Straße an die Südumfahrung angeschlossen werden. Ein Straßenbauwerk, das wegen des notwendigen Geländeeingriffs nicht einfach zu planen und zu verwirklichen sein wird – erste Gestaltungssimulationen erscheinen bisher unbefriedigend und sollten landschaftsplanerisch und architektonisch noch einmal sorgfältig überlegt werden, um die Zufahrt nach Reischach und Bruneck einladend auszubilden. Die eigentliche Visitenkarte der Einfahrt nach Bruneck folgt aber erst, wenn die Straße von Reischach erreicht ist.

Die neue Visitenkarte

Östlich des Kühbergl führt die Reischacher Straße an einem von schönen Baumkulissen gesäumten idyllischen Wiesental entlang direkt auf den Burgberg zu – eine wirklich anziehend schöne Ortseinfahrt, die nicht nur vom Landschaftsbild, sondern auch von der Geschichte der Stadt geprägt wird – ein schützenswertes Ensemble und eine großartige Visitenkarte für den ersten Eindruck. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese schönste und kürzeste Einfahrt nach Bruneck von der überwältigenden Mehrzahl der Stadtbesucher genutzt werden wird. Wo kann diese Autolawine abgefangen werden, bevor sie die Altstadt erreicht und unter sich begräbt?

Zwei Standorte für Tiefgaragen

Natürlich haben alle Verantwortlichen längst erkannt, dass an dieser kritischen Stelle der Ortseinfahrt ausreichend Parkplätze angeboten werden müssen. Dafür gibt es zwei Varianten. Eine unter der idyllischen Wiesenfläche südöstlich vom Schloss, von der aus der östliche, ruhigere Altstadtbereich Oberragen auf kurzem Weg erreicht werden kann, die belebtere westliche Altstadt jedoch zu weit entfernt ist. Zudem ist nicht auszuschließen, dass der Einbau an dieser Stelle die schöne landschaftliche Situation mit der bestehenden Baumkulisse an der Hangkante beeinträchtigen wird.
Die zweite Variante schlägt Parkpaletten an der Stelle eines schon bestehenden Parkplatzes in der tiefer gelegenen Schlossbergkurve vor. Von dort aus kann der westliche Altstadtteil auf kürzestem Wege durch die alte Stadtmauer erreicht werden, und der Eingriff würde weniger störend wirken als auf der Schlosswiese. Zudem könnte hier auch der Aussichtspunkt des Kühbergls mit der Hängebrücke zum Burgberg hervorragend angebunden werden. Zum etwas weitläufigeren Erreichen von Oberragen müsste etwa der alte Stollen unter dem Burgberg aktiviert werden.

Das Ei des Kolumbus

Über beide Lösungen gibt es inzwischen genügend politischen Streit. Es ist beispielhaft, wie beide Varianten von der Stadtgemeinde Bruneck durch den Kommandanten der Stadtpolizei untersucht und sachlich aufbereitet wurden, um sie den politischen Gremien zur Entscheidung vorzulegen – eine breite öffentliche Information wäre noch wichtig. Wie auch immer entschieden wird – es kann wohl kein Entweder-Oder für die neue Visitenkarte geben. Man muss nämlich kein Prophet sein, um eine enorme Frequenz auf dem neuen Südanschluss vorauszusehen. Das wird nur dann ohne Schaden für die verkehrsberuhigte Altstadt abgehen, wenn am Ende der Reischacher Straße das Rechtsabbiegen in den Graben untersagt und die Einfahrt in die direkteste Parkmöglichkeit der Rathausgarage unterbunden wird. Der Anfahrtsverkehr muss in der Schlossbergkurve abgefangen werden. Dort ist der richtige Standort einer großen Tiefgarage. Sollte sich herausstellen, dass der Altstadtteil Ragen dabei stiefmütterlich behandelt wird, dann sollte als nächster Schritt die zweite Tiefgarage unter der Schlosswiese angelegt werden – aber mit einem Zufahrtstunnel so tief unter dem Schlossberg, dass die landschaftliche Situation nicht durch Rampen zerstört wird. Das Ei des Kolumbus sozusagen.

Andreas Gottlieb Hempel

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