Referenden: „Ihr seid fantastisch“, TZ, 01.06.12

TZ, 01.06.12

Obwohl die Unterschriftensammlung gegen die Politikerkaste nochbis zum 2. Juni geht, liegen in einigen Gemeinden keine Bögen mehr auf. Ein politischesKomplott? Von wegen. Die Anfrage ist so groß, dass die Promotoren nicht mehr mit demKopieren hinterherkommen.

von Matthias Kofler

„Ich glaube, die wollen uns für blödverkaufen“, ärgert sich ein Bürger aus Auer. Als er nämlich gestern auf demGemeindeamt vorbeischauen wollte, um für die Kürzung der Politikergehälter zuunterschreiben, traute er fast seinen Augen nicht. Vor der Eingangstür stand mit großenLettern: „Referendum erfolgreich abgeschlossen – Unterschriften nicht mehr möglich.“ Voller Zorn ist er dann in die Nachbargemeinde Neumarkt gefahren, aber auch dort waren angeblich die Unterschriftenbögen ausgegangen. „Meine Frau und ich wurden schon die vergangene Woche mit demselben Argument vertröstet“, erinnert sich derBürger. „Wir wollen doch nur von unserem demokratischen Stimmrecht Gebrauchnehmen.“

Ähnliche Erfahrungsberichte aus den Gemeinden Montan und Eppan. AndereBürgerInnen wiederum erzählen, dass man in ihren Heimatgemeinden nur für eines der drei Referenden unterschreiben könne. Zur Erinnerung: Bis zum 2. Juni werden regional Unterschriften für drei mögliche Referenden gesammelt: erstens für dieAbschaffung der 3.200 – 3.500 Euro an monatlichen Tagegeldern für die Politiker, zweitens die Abschaffung des Regionalgesetzes, das die Bezüge der Abgeordneten undRegierungsmitglieder regelt, und drittens die Abschaffung des nationalen Quorums beiVolksabstimmungen.

„Gib deine Stimme ab, denn wir brauchen keine Politiker, die meinen, viel zu viel verdienen zu müssen. Politikern soll ihre Tätigkeit am Herzen liegen– und nicht ihr Lohnstreifen“, so wirbt das Trentiner Promotorenkomitee. Doch wie,wenn keine Bögen aufliegen? Steckt da etwa ein politisches Komplott dahinter? „Nein,bestimmt nicht“, beschwichtigt Gemeindenverbandspräsident Arno Kompatscher. Dass es in einigen Unterlandler und Überretscher Gemeinden keine Bögen mehr gebe, höre er zum ersten Mal. „Wenn die Zettel ausgegangen sind, dann ist es die Aufgabe der Gemeinden, um neue Unterschriftenzettel anzufragen. Sollte die Initiative in einerGemeinde nie angeboten worden sein, so sind die Promotoren dafür verantwortlich, denn eine Gemeinde hat keine Holschuld“, so Kompatscher.

Ist das TrentinerPromotorenkomittee also Schuld an den Versäumnissen? Die (überraschende) Antwort der Promotorin Giovanna Giugni: „Die Nachfrage nach den Unterschriftenbögen in denSüdtiroler Gemeinden war so außergewöhnlich groß, dass wir täglich neue Zettel drucken und verschicken mussten. Es tut uns leid, wenn sie jetzt viel schneller als erwartet aufgebraucht worden sind.“ Und weiter: „Südtiroler, ihr seid fantastisch. DieMitarbeiter eurer Gemeinden waren immer überaus freundlich und haben rund um dieUhr mitgearbeitet. Ein solcher Einsatz der Zivilgesellschaft ist einfach außergewöhnlich.“ Lobende Worte, und das, obwohl die Medienberichterstattung über das Referendum – mit Ausnahme jener der Tageszeitung – doch eher bescheiden war. Schafft es die Initiative also, die für die Volksabstimmung notwendigen 15.000Stimmen zu sammeln. „Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist“, sagt Giovanna Giugni. Nur soviel: „Wenn die Unterschriftenaktion auf Südtirol beschränkt wäre, so reichten die Unterschriften für zehn Referenden.“ Das werden dieDamen und Herren Landtagsabgeordnete aber gerne hören.

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