DAS LETZTE: Lebenszeichen, 040812

Wie lang, versuche ich mir gelegentlich vorzustellen, wie lang hätte es bei uns daheim früher gedauert, bis sich die Eltern beunruhigt hätten, wenn sie von einem der Kinder nichts gehört hätten? Monate? Oder gar ein halbes Jahr? Wann hätten sie eins von uns gesucht? Natürlich freuten sie sich, wenn jemand vom Studium, vom Militär oder aus dem Urlaub ab und zu etwas hören ließ. Aber ein Lebenszeichen eingemahnt oder sich gar beschwert, wenn ein solches ausblieb? Nie. Und wir waren uns sicher. Es war zu keinem Moment Vernachlässigung. Eher ein Grundvertrauen. Man lebte noch in dem Selbstverständnis: Es wird schon nichts fehlen, wenn man nichts hört. Es war die Übertragung des guten alten Geschäftsprinzips: No news, best news aufs Privatleben. Mir fällt das ein, wenn ich mir den Telefon-, Sms- und Skype-Terror von heute vergegenwärtige. Normal ist permanent online, Belästigung ist neuerdings Aufmerksamkeit, wer Ruh gibt, macht sich verdächtig. Bald wird er polizeilich gesucht.
flor

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