Arnold Tribus: Je klarer wir trennen…

Leitartikel von Arnold Tribus, Neue Südtiroler Tageszeitung, 23.08.20012

In den Jahren des Aufbaus der Autonomie hatte der verdienstvolle und mir sehr sympatische Kulturassessor Anton Zelger (er war mein Lehrer) den einprägsamen Satz geprägt, ,, Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns.“ Ob er den Satz so gesagt hat, weiß  man zwar nicht, der Sinn entsprach aber seinem politischen Credo und war gegen eine von der damaligen alternativen Linken postulierten Politik der Überwindung ethnischer Grenzen gerichtet. Zelger wurde in ganz Europa mit dem Satz berühmt, wenn man die Zustände im Lande anklagen wollte, nannte man diesen Satz, der an die von der SVP verfolgte Trennungspolitik in allen Bereichen gemahnte:deutsche Schulen, deutsche Sportvereine, deutsche Kirchen, deutsche Kulturhäuser, deutsches Theater, deutsche Musik, deutscher Künstlerbund, deutsche Filmsäle, deutsche Kindergärten, deutsche Gewerkschaften, deutsche … und immer gab es dazu das italienische Pendant. Die Südtiroler Gesellschaft sollte getrennt glücklich werden, jeder nach seiner Facon. In Südtirol kämpfte man für die Erhaltung der Heimat, der deutschen Sprache und der deutschen Kultur und Tradition, der deutschen Schule und der Kindergärten vor allem, ein Herzensanliegen des konservativen Landesrates, und die Italiener sollten tun, was sie wollten, man tolerierte ihre Geschmäcker, Sprache und Kultur, wollte damit aber nichts zu tun haben. Wir hatten die Autonomie zu gestalten und das Volk vor der Italianisierung zu retten. Und so kamen Journalisten und TV- Teams aus ganz Europa nach Bozen und filmten die ethnischen Käfige, die getrennten Schuleingänge, wir kämpften für eine sprachübergreifende Kultur und Politik, kamen uns furchtbar gescheit und europäisch vor. Das liegt alles Jahrzehnte zurück, die Zeiten haben sich geändert, die Grenzen wurden aufgeweicht, die Zusammenarbeit zwischen den Sprachgruppen existiert ein bisschen, von Miteinander zwischen den Sprachgruppen zu sprechen, wäre zu viel gesagt, aber von einem zivilen Nebeneinander kann man wohl sprechen. Vor allem im Kulturbereich hat sich einiges getan. Es gibt großartige Initiativen, vor allem in der sprachlosen Kultur, die beiden großen Kulturmanager und – produzenten Manfred Schweigkofler und Peter Paul Kainrath bedienen ein deutsches und italienisches Publikum gleichermaßen. Umso mehr erstaunten mich die hysterischen Reaktionen italienischer Politiker auf den Vorschlag von Manfred Schweigkofler, man möge eine Struktur errichten , die die verschiedenen Kulturanbieter zusammenschließe, damit Initiativen besser koordiniert, Synergien ausgenutzt, Einsparungen im Verwaltungsbereich gemacht werden könnten, die nun ja von allen gefordert werden. Das Dokument war noch gar nicht bekannt, da hagelte es nationalistisches Pech: Schweigkofler und die SVP wollten eine ethnische Säuberung, man wolle die Italiener mayorisieren. Hände weg von der italienischen Kultur!  Das ,, Teatro Stabile“ ist heilig. Das Haydn -Orchester ist ebenso heilig, sprich:italienisch. Wenn dann die Grüne Kulturassessorin der ethnischen Trennung das Wort redet, nachdem man auf der anderen Seite für die gemischte Schule kämpft, ein einziges Schulamt fordert, kurz, eine transethnische oder interethnische Politik postuliert, dann versteh ich die Welt der Grünen nicht mehr. Dann versteh ich auch, dass wir nie eine gemeinsame Landesbibliothek  in Bozen haben werden, weil man um den italienischen Direktor fürchtet und womöglich auch einen italienischen Eingang fordert, dann versteh ich, warum wir nie ein anständiges Stadtmuseum haben werden, weil die Italiener fürchten, die Deutschen könnten zu viele Säle besetzen. Hatte der alte Zelger doch Recht:,, Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns.“

 

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