Beppe Grillo und Europas Presse

Die italienischen Wähler haben sich eine Unregierbarkeit des Landes gewählt. Beppe Grillo lehnt bis heute eine Koalition mit dem sozialdemokratischen PD von Bersani strikt ab. Er drohte sogar alle Parlamentarier seiner Fraktion aus der Partei auszuschließen, sollten sie mit dem PD stimmen. Eine andere Koalition als zwischen Bersanis PD und Grillos Partei “Movimento 5 Stelle” ist aber nicht möglich. Dass Bersani mit Berlusconi keine Koalition eingehen will ist verständlich. Mit diesen Positionen gibt es einen Stillstand, weil es ein Patt-Situation ist. Einen Stillstand, denn sich Italien nicht leisten kann. Steuert man also auf Neuwahlen zu, die auch keine Gewähr bieten könnten, dass es dann besser wird. Es bestünde sogar die Gefahr, dass Berlusconi wieder zurück an die Macht käme. Man ist in Italien sehr anfällig für populistisches Geschrei und ist sehr leichtgläubig. Man fällt auf Märchenerzähler herein (IMU-Rückgabe… usw.). Politische Informationen holt man sich aus dem (Berlusconi)-Fernsehen (zu 80%).

Hier ein Auszug aus dem “Focus”, der einige Pressestimmen zur Wahl in Italien wiedergibt.

Europas Presse reagiert empört auf das Resultat der italienischen Parlamentswahlen. Nationale Wahlen gingen ganz Europa etwas an, warnen die einen. Die anderen bescheinigen den Italienern politische Infantilität.

Italien steht nach der Schicksalswahl vor einer wochenlangen Hängepartie bei der Regierungsbildung. Da keines der politischen Lager in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit hat und sich mehrere Bündnisse blockieren, wächst in Europa die Sorge, das Krisenland sein unregierbar und die Euro-Staatsschuldenkrise könne wieder aufflammen. Die Presse weltweit äußerte sich zu der Chaoswahl.

Seit Beginn der Eurokrise seien nationale auch europäische Wahlen, schreibt der Schweizer „Tages-Anzeiger“. „Wenn die Hälfte der Italiener einem wütenden Clown und einem milliardenschweren Verführer die Stimme gibt, geht das alle Europäer etwas an.

[…]

„Die Volksverführer haben in Italien obsiegt“

Die „Neue Züricher Zeitung“ formuliert die Situation noch drastischer: „Die Volksverführer haben in Italien obsiegt – einmal mehr. Sie stehen triumphierend auf dem Trümmerhaufen der Zweiten Republik und freuen sich über einen Sieg, der ihnen mutmaßlich nichts bringt außer der Nähe zur Macht und kurzfristigen Pfründen.“

Auch die niederländische Zeitung „De Telegraaf“ ist empört über den Wahlausgang: „Der Sieg der Populisten Berlusconi und Grillo, die massenhaften Proteste gegen Brüssel und gegen Sparmaßnahmen sowie der Untergang des Krisen-Ministerpräsidenten Monti haben das Land so gut wie unregierbar gemacht. Das ist ein Katastrophenszenario für Italien, das nach jahrelanger Misswirtschaft dringend eine tatkräftige Regierung bräuchte, die das Land wirtschaftlich wieder in Gang bringt.“

Mangelnde demokratische Kultur in Italien

„Das italienische Wahlergebnis ist nicht so sehr Ausdruck der politischen Infantilität des italienischen Wählers. Sondern es spiegelt in einer erschreckenden Klarheit die Missstände eines in sich verfaulten politischen Systems wider, das seit 1946 den Prozess in Richtung Demokratie nie richtig abgeschlossen hat“, schreibt „Die Presse“ in Wien.
Eines hätten Berlusconis und Grillos Wähler gemeinsam: „Sie glauben nicht daran, dass ihre Politiker etwas tun können, um das Land zu verändern.“

Europäische Presse entsetzt über Wahlausgang in Italien: „Die Volksverführer haben in Italien obsiegt“ – weiter lesen auf FOCUS Online:

http://www.focus.de/politik/ausland/eu/die-volksverfuehrer-haben-in-italien-obsiegt-europaeische-presse-empoert-ueber-wahlausgang-in-italien_aid_928305.html

Wie sehr man Grillo trauen kann, zeigt ein Artikel im Spiegel:

Auszug.
Rom – Beppe Grillo soll jetzt also auch noch in dunkle Machenschaften in Costa Rica verwickelt sein. Sein Chauffeur und seine Schwägerin hätten gleich 13 Gesellschaften im Steuerparadies angemeldet, das enthüllte das italienische Nachrichtenmagazin “L’Espresso” am Freitag. Begeht da ausgerechnet derjenige Steuerflucht, der auszog, um die Selbstbereicherung in der Politik zu stoppen?

Die Verwirrung um Grillo hat damit einen neuen Höhepunkt erreicht. Für ihn selbst ist das natürlich alles Teil einer Medienkampagne gegen ihn. “Die Medien sind die schlimmsten”, sagte er unter der Woche dem “Time”-Magazine, noch schlimmer als die von ihm verhöhnten Parteien. Er ließ auch die Costa-Rica-Geschichte umgehend dementieren.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/beppe-grillos-movimento-5-stelle-ringt-um-kurs-in-italien-a-887739.html

 

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2 Antworten auf Beppe Grillo und Europas Presse

  1. Chaolit sagt:

    Bersani: Nur Geisteskranker würde Italien gern regieren

    Wie man heute vernahm, möchte ja die Grillo-Partei alleine regieren. Man kann sich nur wundern mit welcher Anmaßung sie so etwas verlangen kann. Sie hat ja schließlich zum Glück nicht 51% der Stimmen erhalten. Auf die Frage wie „5 stelle“ eine Regierung bilden wolle ging Vito Crimo nicht ein. Man kann sich nur wundern über die Verantwortungslosigkeit dieser Partei. Mit ihrem strikten Nein zur Regierungsbildung mit Bersani sagt sie ja, dass sie Neuwahlen will (mit dann 100% wie Beppe Grillo ankündigte – ist so einer nicht ein Clown 😉 – oder anders gesagt: so einer hat diktatorische Gelüste. So einen Wechsel in der Politik braucht niemand.

    Hier ein Artikel von „AFP“

    Fünf Sterne erteilt Mitte-Links erneut eine Absage

    Der mit der Regierungsbildung in Italien beauftragte Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani hat mit harschen Worten die Lage seines Landes umschrieben. „Nur ein Geisteskranker hätte derzeit brennende Lust darauf, zu regieren“, sagte er bei Sondierungsgesprächen mit der Bewegung Fünf Sterne mit Blick auf die schwierige Regierungsbildung in Italien inmitten einer wirtschaftlichen und sozialen Krise. Er sei „bereit, eine enorme Verantwortung zu übernehmen“, sagte er. Dazu sei aber die Hilfe aller nötig.

    Bersanis Mitte-Links-Bündnis hatte bei der Parlamentswahl Ende Februar die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus errungen, im Senat jedoch nicht. Bersani war von Staatspräsident Giorgio Napolitano mit der Regierungsbildung beauftragt worden und buhlt unter anderem um die Unterstützung der Bewegung Fünf Sterne von Beppe Grillo, was diese aber ablehnt. Das zweitplatzierte Mitte-Rechts-Bündnis von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi ist zu einer großen Koalition bereit. Das wiederum lehnt Bersani ab, obgleich es in seiner Partei Vertreter gibt, die eine große Koalition für besser halten als mögliche sofortige Neuwahlen.

    Fünf Sterne erteilte Bersani unterdessen erneut eine Absage. Vito Crimo, Chef der Fraktion im Senat, sagte, es seien nicht die nötigen Bedingungen gegeben, um einer von Bersani geführten Regierung das Vertrauen auszusprechen. „Unsere Gruppe wird im Senat einstimmig mit Nein stimmen.“

    Crimo beanspruchte den Posten des Regierungschefs erneut für Fünf Sterne. Die Partei war stärkste Einzelkraft im Abgeordnetenhaus geworden, Bersanis Demokratische Partei (PD) war in einem Bündnis angetreten. Auf die Frage, wie Fünf Sterne eine Regierung bilden wolle, ging Crimo nicht ein.

    Bersani hatte am Montag Vertreter der Gewerkschaften getroffen und am Dienstag mit Sondierungsgesprächen mit den Parteien begonnen. Die Zeit drängt: Bis Donnerstag soll Bersani die Regierungsbildung abgeschlossen haben. Er soll Napolitano am Donnerstagabend oder am Freitag Bericht über seine Erfolge bei den Regierungsverhandlungen erstatten.

    Quelle:
    http://de.nachrichten.yahoo.com/bersani-nur-geisteskranker-w%C3%BCrde-italien-gern-regieren-135538850.html

    Gruß Hubert

  2. Trojer Karl sagt:

    Die Demokratisceh Partei PD hat mit Bersani,
    -beginnend mit den parteiinternen Vorwahlen zum Spitzenkandidaten der
    Demokratischen Partei PD, mit über 3.000.000 Wählenden, (60% für Bersani)
    – mit dem Angebot an M5S für ein 8-Punkteprogramm zur Sanierung dringender
    Bedürfnisse Italiens zu stimmen,
    – mit dem Vorschlag, als Präsidentin für die Kammer Frau Laura Boldrini (bislang
    bei der UNO für Menschenrechtsfragen tätig), von SEL (Vendola) zu wählen,
    – mit dem Vorschlag, als Präsidenten des Senats Herrn Pietro Grasso (engagierter
    Richter gegen die Mafia) zu wählen,
    Offenheit und Kompetenz für politische Erneuerung hervorragend unter Beweis gestellt
    Nun sitzen bei PD im Parlament mehr als 40% Frauen, 62% völlig neue ParlamentarierInnen, das Durchschnittsalter aller PD-Parlamentarierinnen liegt unter 49 Jahren, der Jüngste in die gesamte Kammer gewählte ist ein PD´ler….
    Ich hoffe sehr, daß Bersani den Versuch starten kann, die neue Regierung zu bilden.
    Als neue Präsidentin Iatliens könnte ich mir gut Emma Bonino vorstellen, die EU-Kommissar war und von den Radikalen (des Marco Panella) kommt.

    Karl Trojer. Terlan, trokar.ter@tin.it , http://www.trojer-karl.eu