Offener Brief: Skipistenausbau Sexten: Wer trägt die Verantwortung?

An die Presse
An den Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder
Al Commissariato del Governo per la Provincia Autonoma di Bolzano
An die Staatsanwaltschaft Bozen Dr. Rispoli Guido
An den Bürgermeister von Sexten Fritz Egarter
u.z.K.: An den Präsidenten der Sextner Dolomiten A.G., Sexten

Geplanter Bau von neuen Skianlagen im Skigebiet “Helm – Rotwand” in der Gemeinde Sexten.

Niemand, insbesondere die Verantwortlichen für den Bau des sogenannten Zusammenschlusses der Rotwandwiesen Skianlagen mit dem Helmgebiet, (dies ist in Wirklichkeit lediglich ein verschleiertes Vorhaben für den Bau einer neuen und noch größeren alpinen Skianlage!!) hat sich bisher über die schwerwiegenden ökologischen, noch viel weniger über die sehr bedenklichen forstlich- hydrogeologischen Auswirkungen der geplanten Skianlagen geäußert.

Deshalb müssen wir noch einmal und mit Nachdruck auf dieses gefährliche Problem aufmerksam machen.

Die Befürworter und Verantwortlichen für den Bau der neuen Skianlagen in Sexten sind dabei mangels brauchbarer Argumente nicht müde geworden, Bürgermeister, Politiker und auch Wirtschaftstreibende aus dem gesamten Pustertal für ihr Vorhaben zu gewinnen! Diese können aber zum Großteil weder die lokalen Verhältnisse, noch die landschaftlich-ökologischen und forstlich – hydrogeologischen Probleme und selbst die wirtschaftlich-touristischen Angelegenheiten bei Weitem nicht kennen.

Sie alle sollten lediglich Druck machen und politische Macht demonstrieren.

Inzwischen wird es wohl unserem klugen Landeshauptmann gelingen, wiederum seinen reichen Freund von Innichen mit seinem Projekt des Zusammenschlusses mit dem Comelico (siehe Artikel “Südtiroler Speckgürtel” vom 22.02.2011 in der „ Neuen Südtiroler Tageszeitung”) mit einem Patzen Geld zu unterstützen.

Zum Thema selbst:
Auf das Hauptargument der Umweltschützer gegen den sogenannten Zusammenschluss der “Rotwandwiesen Skianlagen mit dem Helm, nämlich auf die großflächige Waldbodenzerstörung durch die vorgesehenen Erdbewegungen von 150.000 Kubikmeter (hundertfünfzigtausend!!) und den Ersatz mit aufgelockertem und erosionsanfälligem Material, ist bis heute noch niemand von den Verantwortlichen eingegangen. Übrigens sind großflächige Waldbodenzerstörungen nicht nur in Italien (siehe Forstgesetz n. 3267/1923), sondern in allen Staaten Europas verboten.
Die forstlich hydrogeologische Gefährdung durch den Bau einer 6 Meter hohen Zyklopenmauer im Bereich der Talstation des Schafalmliftes, also in einem der sensibelsten Standorte des Villgraterbaches, wurde auch vom UVP – Beirat erkannt.
Der Bau der Schafalmabfahrt (vom Stiergarten aus neben dem Villgraterbach) mit der üblichen Zerstörung des sowieso labilen und vernässten Waldboden im Einzugsgebiet des gefährlichsten Wildbaches in Sexten, in welchem in Vergangenheit nicht nur technische Verbauungsmaßnahmen (Bau von Konsolidierungs- und Stausperren, Drainagearbeiten, Abflusskünetten, usw.), sondern und vor allem Hochlagenaufforstungen und Bestandsverdichtungen über 30 Jahre lang erfolgreich durchgeführt wurden, macht all diese vorbeugenden Maßnahmen zum Schutz der Unterlieger völlig zunichte.
Dasselbe gilt auch für den Bau der Skipiste und der Aufstiegsanlage von der Signaue zum Stiergarten bzw. zum Hahnspiel. Als Vorfluter der Fließgewässer dieser Anlagen dient der Sextnerbach. Es wurde bereits in mehreren Schreiben und Berichten darauf hingewiesen, dass das Bachbett des Sextnerbaches durch die Ortschaft von Moos auch noch vor dem Bau der Skipiste der “Signaue – Rotwandwiesen” außerstande wäre, ein vom Gesetz vorgesehenes hundertjähriges Hochwasser schadlos abzuleiten. Durch den Bau der Skipiste der “Signaue-Rotwandwiesen” und der projektierten Skianlage unterhalb des Stiergartens gelangen erheblich größere Wassermengen (4- bis 6-facher Oberflächenabfluss der Skipisten gegenüber einem Hochwald) in den Sextnerbach und gefährden damit ganz erheblich das Dorf von Moos.
Nun haben wir bereits als vom “Verein für ein lebenswertes Sexten” beauftragte Forsttechniker mit Spezialisierung für Wildbachverbauung und Pflanzensoziologie in Wien und Florenz in unseren Gutachten auf die besondere Gefahr in forstlich – hydrogeologischer Hinsicht (siehe Staatsgesetz n. 3267/1923), welche durch den Bau der geplanten Skianlage auf der rechten Hangseite des Sextnerbaches unterhalb des Hühnerspiel entstehen würde. Auch das entsprechende UVP – Verfahren unterstreicht in mehreren Punkten diese Gefahren durch den Bau der projektierten Anlagen. Deshalb wohl die berechtigte Frage an die Hauptverantwortlichen für dieses gefährliche Vorhaben, – in erster Linie an den Bürgermeister von Sexten, an die Skilobby und an den Landesausschuss: Was muss wohl ein durch die geplanten und verwirklichten Skianlagen geschädigter Bürger eigentlich unternehmen, um zu seinem Recht zu gelangen, wenn tatsächlich das eintrifft, was Experten befürchten? Geht es diesem Bürger auch wie jenem, der durch den Bau der Rautpiste in Vierschach stark geschädigt wurde und der einen bereits 7 Jahre langen Prozess gegen ein ganzes Heer von Rechtsanwälten und Technikern führen muss, um zu seinem Recht zu kommen.
Gilt übrigens in dieser Angelegenheit nicht auch der Artikel 427 des Strafgestzbuches der Republik Italien, wonach ein Verursacher einer Lawine oder Mure zur Verantwortung gezogen wird? Wird in der Praxis dieser wichtige Artikel auch nur für die “poveracci” angewandt und nicht für die Reichen und Mächtigen dieses Landes?

Sexten, am 24.02.2011
Dipl. Ing. Dr. Ernst Watschinger
Dipl. Ing. Dr. Karl Obwegs
Für die Gruppe „Lebenswertes Sexten“: Dr. Hans Peter Stauder

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