Wie man Korruption salonfähig macht

Feuer am Dach
Wenn die Politik ihren moralischen Anspruch an den Nagel hängt, leitet sie damit das Ende der Demokratie ein. Sie schafft sich ab. In Deutschland scheint man sich dessen bewusst zu sein, nicht zuletzt aus den historischen Erfahrungen aus der Zeit der Weimarer Republik.

http://www.die-wirtschaft.at/ireds-111844.html

Editorial vonStefan Böck, Chefredakteur

Bei unseren nördlichen Nachbarn gibt es noch eine politische No-go-Area.Und es gibt eine Sensibilität dafür, wann es angebracht ist zurückzutreten, um ein Amt nicht weiter zu beschädigen.
Ein Blick in den Süden hingegen zeigt uns, was dabei herauskommt, wenn man Transparenz, Glaubwürdigkeit, Moral und Gewissenhaftigkeit für entbehrlich hält und jahrelang systematisch beschädigt: eine korrupte Regierung, ein kaputter Staat, eine verkommene Gesellschaft. Nein, ich meine natürlich nicht Kärnten, sondern Italien. Berlusconis schauderhafter Macht-Mix aus Polit-Show und Titten-TV hat das Land in eine veritable gesellschaftliche Krise befördert.
Österreich liegt nicht nur geografisch zwischen den beiden Staaten. Offenbar können manche Politiker der Bunga-Bunga-Demokratie durchaus etwas abgewinnen. Ist ja auch nicht so fad, wie das streberhafte Verhalten à la Othmar Karas. Und unsere Strizzis lernen schnell: Bediene die Medien (noch besser: kauf sie dir, ganz oder mit Inseraten), lass sie dein supersauberes Lächeln verbreiten und schiebe alles Böse in der Welt dem Feind in die Schuhe. Den Rest der Zeit kümmerst du dich um deine Geschäfte und Freunde.
Der Schaden, den diese Leute anrichten, ist gigantisch. Korruption fließt wie Wasser durch alle undichten Stellen eines Staates bis hinein in seine gesellschaftlichen Grundmauern. Sie ruiniert das Gebäude. Zu Verdrossenheit beim Wähler gesellen sich ein Gefühl der Ohnmacht und nicht selten der Wunsch nach einem radikalen Wandel. So pflastert man Extremisten den Weg, und die treiben garantiert alles noch viel schlimmer. Für dieses Verhalten darf es keine Toleranz geben. Wenn Unbestechlichkeit und Redlichkeit für die politische Elite in einem demokratischen Rechtsstaat keine Selbstverständlichkeiten mehr sind und der lockere Umgang damit sogar noch smart weggelächelt werden kann, ist Feuer am Dach!

Dazu noch in derselben Ausgabe von „Die Wirtschaft“ Nr. 4 April 2011
Die falsche RichtungHeinz Mayerist Verfassungsexperte und Vizepräsident im Beirat vonTransparency International (Austrian Chapter)„Das Strafrecht wurde so entschärft, dass der Korruption Tür undTor geöffnet wird“.
Korruption sei ein Delikt ohne Opfer, sagen manche. Richtig ist zunächst,dass alle Täter gewinnen. Wer einem Beamten gibt, damit er bekommt, was er sonst nicht bekommen würde (einen Auftrag, ein Steuergeschenk, einen Reisepass …), ist ebenso ein Gewinner wie der Beamte, der nimmt und dafür gibt, was er nicht geben dürfte. Dennoch gibt es ein Opfer: Das ist die Allgemeinheit. Sie erhält eine schlechte und teure Leistung, verliert Steuereinnahmen etc..
Korruption gefährdet den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sowie den demokratischen Rechtsstaat insgesamt und schädigt die, die ohnehin schon wenig haben. Korruption braucht Heimlichkeit, sie kann in einer transparenten Gesellschaft nur schwer gedeihen. Die Bekämpfung von Korruption ist in erster Linie eine Aufgabe des Staates: Gesetzliche Regelungen, die der Korruption den Nährboden entziehen, kompetente Organe, die diese Gesetze effektiv durchsetzen, eine wachsame Zivilgesellschaft und Transparenz staatlicher Vorgänge sind notwendig.
Die gegenwärtige Bundesregierung scheint entschlossen in die Gegenrichtung zu marschieren. Das Korruptionsstrafrecht wurde 2009 so entschärft, dass der Korruption Tür und Tor geöffnet wird. Die Verfolgung von Korruptionsvorwürfen wird erheblich erschwert, weil den Strafvollzugsbehörden das notwendige Personal fehlt und die Verantwortlichen nicht erkennen, dass sie am falschen Platz sparen. Parteispenden gehören zu den am besten gehüteten Geheimnissen in der
Republik; auch wenn sie illegal sind, hat das keine Folgen. Offenbar damit alles so bleibt, wie es ist, verfolgt man auch noch die Hinweisgeber konsequent. Beamte, die in ihrem Umfeld Korruption wahrnehmen und dies nach außen tragen, nehmen ein hohes Risiko, selbst vor dem Strafrichter zu landen. Dass man gerade diese Personen schützen müsste, weil sie oft den einzigen Weg zur Verfolgung der Korruption öffnen, ist zwar allgemein bekannt, wird aber von unseren verantwortlichen
Politikern hartnäckig ignoriert. Damit alles so bleibt, wie es ist.

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