Grüne Landtagsfraktion
Raumordnungs-Skandal in der Gesetzgebungskommission
Zu den bereits kritisierten Bestimmungen Pro-Salewa und Pro-Habitat packt die Landesregierung neue Ausnahmen für das Thermenhotel in Meran und das Stadion in Leifers hinzu. Gemeinsames Ziel: Private werden prämiiert, die Gemeinden ausgehebelt.
Ein Änderungsantrag der Grünen begrenzt den Schaden bei der Pro-Tosolini-Bestimmung
Die Zweite Gesetzgebungskommission des Südtiroler Landtags hat gestern abends mit Gegenstimme der Grünen einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der unter dem Feigenblatt der „Lichtverschmutzung“ (die nur einen vagen Artikel umfasst!) in die Raumordnung gravierende Ausnahmen und persönliche Gefälligkeiten hinein packt:
Der Salewa-Artikel gestattet dem Unternehmen den Einzelverkauf im Gewerbegebiet, trotz eines generellen Verbots und des negativen Gutachtens des Gemeindeverbandes.
Der Habitat-Artikel ermöglicht eine Verlängerung für eine bereits verfallene Baukonzession; dies unter dem Vorwand der „Bekämpfung der Wirtschaftskrise“. Dank der neuen Bestimmung kann Bauunternehmer Tosolini die Riesen-Baustelle des Hotel Bristol in Meran noch weiter offen halten, für die 2011 die Konzession verfallen wäre. Ein Änderungsantrag der Grünen, der dank Stimmenthaltung der Mehrheitskollegen Schuler und Noggler angenommen wurde, wurde die von der Landesregierung vorgeschlagene Verlängerung um drei Jahre, auf nur ein Jahr reduziert (wie dies der Rat der Gemeinden vorgeschlagen hat).
Der Thermenhotel-Meran-Artikel gestattet eine Kubatur-Erhöhung von 8,2 m3 pro m2, entsprechend ca. 17.678 m3 (zusätzlich zu den bereits bestehenden 45.374 m3). Die Erweiterung soll mittels einer Erhöhung eines Stockwerks durchgezogen werden, wobei das Bauvolumen enorm erscheint. Womöglich noch skandalöser: Der Artikel sieht vor, dass der Durchführungsplan des Projekts von der Landesregierung verabschiedet wird. Dabei beraubt die Landesregierung die Gemeinde Meran ihrer Zuständigkeit: Das Hotel war aus den Thermen (sie gelten als „Zone von Landesinteresse) herausgelöst und mit Beschluss der Landesregierung vom 19. 7. 2010 als „Tourismuszone“ eingestuft worden. Mit dem soeben verabschiedeten Artikel entkräftet die Landesregierung den eigenen Beschluss und behauptet neuerdings ihre Zuständigkeit, indem sie das Hotel unter „Landesinteresse“ einstuft.
Der Leiferer-Stadion-Artikel ermöglicht die Verwirklichung von Handelsflächen um das Stadion im Ausmaß von 7000 m2. Auch dies ist die zigste Ausnahme: Das Raumordnungsgesetz sieht nämlich maximal 10% für Handels- und Dienstleistungsflächen bei „Einrichtungen von öffentlichem Interesse“ vor.
Diese schändlichen Artikel bestätigen in dramatischer Weise das Urteil des Südtiroler Heimatpflegeverbandes anlässlich der Vollversammlung vor knapp zwei Wochen: „Das Raumordnungsgesetz wird andauernd auf persönliche Bedürfnisse hin maßgeschneidert. Die Raumordnung ist zur Raum(un)ordnung und zur Spielwiese von Juristen geworden und hat mit Raumentwicklung vielfach nichts mehr zu tun
Wir Grüne werden im Landtagsplenum gegen dieses Raumordnungs.-Verwirrspiel ankämpfen.
Bozen, 20. April 2011
Rccardo dello Sbarba (Mitglied der 2. Gesetzgebungskommission)
Hans Heiss