Abriss Rathaus Neumarkt: PM HPV

An die Medien

Bozen, 14.09.2011

Abriss Altes Rathaus in Neumarkt – Trauriger Sieg für die Abbruchlobby

Hotel Merano, Hotel Germania, Gerichtsgebäude Welsberg, Gasthof Oberhauser, Terlan, alte Bauernhöfe in Gsies, Greifhaus in Tramin, und, und, und. Das sind nur einige schmerzvolle Verluste an historischer Bausubstanz, die wir Heimatpfleger beklagen. Und immer ist eine ziemlich präpotente Vorgangsweise der lokalen Entscheidungsträger zu beobachten. Mangelndes Geschichtsbewusstsein und der Respekt vor dem Gewachsenen sind vermutlich der Grund für solch schwerwiegende Entscheidungen. Aber auch Parteienzwang und präpotente „Jusament-Haltungen“ sind gerade bei einigen jüngeren Nachwuchspolitikern zu verzeichnen.

Warum lässt der Neumarkter Gemeinderat keine Nachdenkpause zu? Was veranlasst ihn zu einem so undemokratischen Verhalten? Auch wenn das „Alte Rathaus“ nicht unter Denkmalschutz steht, so ist es laut Landeskonservator Dr. Leo Andergassen dennoch im Sinne der Ortsbildpflege erhaltenswert. Seine Proportionen, die Fassaden, vor allem jene mit der langen Freitreppe und der wappengeschmückten Haustür und die Dachgestaltung machen dieses Haus zu etwas ganz Besonderem. Erst wenn der Bau nicht mehr vorhanden ist, wird man schlagartig erkennen, welche Bedeutung ihm im Platzbild zukommt. Der Allerwelts-Neubau, der dort entstehen soll, kann die Lücke, die ein Abbruch hinterlassen würde, niemals füllen. Es sind nämlich nicht die herausragenden Einzeldenkmäler, die den Reiz eines Ortes oder einer Straße bilden, sondern die architektonische Gesamtheit, die sich aus wichtigeren und weniger wichtigeren, geschützten und nicht geschützten Bauten zusammensetzt.

Neumarkt hat bis heute das große Privileg, dass kein gesichtsloser „Möchte-Gern-Bau“ das Ortsbild stört. Dieser beneidenswerte architektonische Zustand bildet in Südtirol heutzutage eine ganz große Ausnahme, gibt es kaum noch ein Dorf, ja nicht einmal einen Weiler, der nicht mehr oder weniger durch irgend einen „architektonischen Fremdkörper“ entstellt worden ist.

Die einzigartige Situation des Ortskerns von Neumarkt ist den privaten Eigentümern, den früheren Gemeindeverwaltern und den Planern zu verdanken, die über Jahrzehnte mit großer Umsicht und auch Opfern das Ziel der Erhaltung nicht aus den Augen verloren haben. Die neue Gemeindeverwaltung scheint –aus welchen Gründen auch immer – diese Prinzipien über Bord zu werden und reiht sich damit in den Club jener ein, die sich dem Abbrechen und Neubauen verschrieben haben. Das ist ein gefährlicher Weg, hat man ihn erst einmal beschritten, denn er ruft alle jene auf den Plan –vor allem private Bauherren– die schon morgen diese sehr bequeme Alternative anstreben könnten.

Die Vorbildwirkung der Gemeindeverwaltungen im Bausektor kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Umso bedauernswerter ist die jüngste Entscheidung des Neumarkter Gemeinderates.

Jeder Abbruch bricht unwiderruflich mit der Geschichte. Umbauen, weiterbauen, sanieren bedeuten ein Fortschreiben gebauter Tradition!

Heimatpflegeverband Südtirol

150911

Dieser Beitrag wurde unter Pressemitteilungen abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.