Arnold Tribus: Gastwirte contra Bauern

TZ, Dienstag, 4. Oktober 2011
Da hat es zünftig gekracht zwischen dem altehrwürdigen Bauernstand, der im Lande immer den höchsten politischen Schutz genießt, und dem Hotelier- und Gastwirteverband, der sich als Motor der Südtiroler Wirtschaft betrachtet, die tragende Säule.
Herr Meister, der Präsident, nahm sich, wie es seine Art ist, kein Blatt vor den Mund und beschuldigte das Land und die dort vertretene Bauerlobby, die bäuerlichen Gastbetriebe mit zusätzlichen Privilegien auszustatten, sei es was den Urlaub auf dem Bauernhof betrifft, sei es was die Buschenschänke betrifft und damit unlautere Konkurrenz zu betreiben. Er wurde von Landesrat Berger unwirsch zurückgepfiffen, nun herrscht ein Scheinfriede, Friedensvertrag ist noch keiner in Sicht.
So schön langsam werden aus den paar Zimmern oder der Kleinwohnung, die am Bauernhof angeboten wurden, ein regelrechter Beherbergungsbetrieb, das ganze Jahr offen, und aus den mythischen Buschenschänken, die man zum Törggelen aufsuchte , um dort Köstn zu essen und Nuin zu trinken regelrechte Gastwirtschaften, Restaurationen, in denen jahraus jahrein gespeist werden kann, ja sogar Hochzeiten finden in den gemütlichen Bauernstuben statt, die eigens so umgebaut wurden, dass auch große Gesellschaften dort Platz finden. Was einst als Nebenerwerb für die Bauern geplant war, ist für viele quasi zur Haupttätigkeit geworden, früher war das die Beschäftigung für die Bäuerin, nun ist die ganze Familie involviert, die Mama kocht, die Tochter serviert, der Bauer spült ab und der Bub hat im Keller eine kleine Disko wo getanzt, geschnapselt und gebusselt wird. Aus den Hofgaststuben sind regelrechte Gastbetriebe geworden, man ist immer gerne gesehen, ein Anruf genügt, und niemand wird abgewiesen, alles privat versteht sich, und Rechnung braucht es ja auch keine, da läuft alles schwarz, ist ja alles nur als Nebenerwerb des Bauern geplant, der unterstützt werden soll. Die Zeiten sind ja längst vorbei, als man auf den Höfen noch gute Produkte erhielt, die der Hof hergab. Fünfzig Prozent mussten Eigenprodukte sein, laut alter Bestimmung, nun sollen nur mehr 30 Prozent der verabreichten Produkte aus der Eigenproduktion kommen müssen. Damit wird klar, dass es nicht mehr darum geht, den Bauern eine Möglichkeit der Selbstvermarktung zu geben, sondern dass es sich um eine regelrechte Umwandlung von Bauernhöfen in Gastwirtschaften mit Sonderregelungen und eigenen Steuergesetzen geht. Es gibt einige wenige außerordentliche Buschenschänke, die wunderbare, hohe Qualität anbieten, in sehr vielen, vor allem dort, wo Massen abgefertigt werden, kommt leider die Qualität unter die Räder, denn es gibt schon heute sehr viele Buschenschänke, die mit mieser Qualität aufwarten, die alle ihre Produkte im Großmarkt kaufen, die billigen und miesen Speck anbieten, Kaugummispeck, billigsten Stangenkäse. Die Südtiroler Marmelade, hat nie einen Südtiroler Wald gesehen. Ich erinnere mich noch an die verblüffende Ehrlichkeit einer Buschenschankwirtin, die auf die naive Frage, ob sie denn die so guten Granten selbst eingekocht habe, man merke, dass die hausgemacht seien, antwortete, na, na, in der Metro kaufe sie die, seien so gut wie die hausgemachten. Und so kommt alles aus Anderswo, von wegen Bauernhof. Vom Wein schrieb ich ja, ein Kreuz, denn auch Buschenschänke, und nicht nur Hütten, bieten Wein aus dem Veneto an. Was ich mir wünschte, ist weniger eine Steuerkontrolle, sondern eine Qualitätskontrolle, da sollte der Bauernbund aktiv werden, oder das Assessorat Berger. Dass diese Betriebe den normalen Gasthäusern eine immer stärker werdende Konkurrenz werden, ist evident und der Aufschrei der Hoteliers ist verständlich. Auch der Urlaub auf dem Bauernhof, der immer vornehmer wird, wird zur Konkurrenz für bescheidene Pensionen und Zimmervermieter, die keine Steuerprivilegien genießen.
Es wird sich zeigen, ob Herr Landesrat Berger, der Hotelier und Bauer, die Streithähne beruhigt.
arnold.tribus@tageszeitung.it

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